Tabak: Ein Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten

15.2.2014, 09:15 Uhr
Tabak: Ein Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten

© Museum Schwanstetten/Alfred Köhl

Die Europäer übernahmen nach der Entdeckung Amerikas 1492 von den Indianern die (Un-)Sitte des „Tabak-Trinkens“ und brachten dies letztlich mit zurück in die „alte Welt“.

Anfangs stand jedoch gar nicht die berauschende Wirkung im Vordergrund. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts war Samen der Tabakpflanze auf verschiedenen Wegen nach Spanien, Portugal und Frankreich gelangt. Vor allem wegen ihren zartrosa, glockigen Blüten hielt die Pflanze schnell Einzug in Parkanlagen und Ziergärten. Doch zu Beginn des 16. Jahrhunderts schienen Ärzte und Botaniker an den Höfen Spaniens den wahren Zweck der Tabakpflanze entdeckt zu haben: Ein Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten.

200 Jahre Heilpflanze

Rund 200 Jahre lang galt Tabak hauptsächlich als Heilpflanze. Man glaubte, endlich die langgesuchte allheilende Wunderpflanze gefunden zu haben, deren Besitz und Genuss Krankheiten beseitigt und vor Krankheiten schützt. Folglich konnte man den Tabak in Apotheken kaufen. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Tabakblätter gekocht, um den daraus gewonnenen Saft zu trinken. Dieser soll Linderung und Heilung bei Magenbeschwerden und Darmkrankheiten verschafft haben.

Pulverisierte Tabakblätter wurden gegen Kopfschmerzen geschnupft. Tabak fand Verwendung als Um-schlag auf dem schmerzenden Bauch, als Sirup oder gar Salbe. Wassersucht, Würmer, Abzehrung, Ge-schwülste, Krebs und Räude, alles sollte der Tabak heilen. Der Genuss von Tabak in allen nur möglichen Formen wurde sogar als wirksamstes Mittel gegen die Pest gepriesen.

„Tabak-Trinken“

Das Rauchen oder, wie man damals allgemein sagte, das „Tabak-Trinken“, wurde zuerst in England, etwa seit 1586, zur großen Mode. Man rauchte ausschließlich Pfeifen. Während in England, Holland und in der Türkei zunächst vorwiegend das Pfeifenrauchen gepflegt wurde, entwickelte sich in Spanien, Italien und Frankreich auch eine andere Art des Tabak-Genusses, das Schnupfen. Von Holland und Frankreich aus wanderte die Rauchsitte bald auch über den Rhein.

Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) trug sehr zur Verbreitung des Rauchens bei. Viele Soldaten waren an das Rauchen gewöhnt, die Einheimischen ahmten schon bald das „Tabak-Trinken“ nach. Begünstigt wurde die rasche Verbreitung des Tabakgenusses durch die Meinung, der Rauch sei ein Desinfektions- und Vorbeugungsmittel gegen Seuchen.

Der Tabak-Genuss hatte allerdings auch Feinde: Der Schah von Persien, Abbas der Große (1586 bis 1628), berief sich auf den Koran und befahl, dass jedem Raucher die Lippen abzuschneiden seien. Der türkische Sultan Murad IV. (1609 bis 1640) verbot den Tabak-Konsum und verhängte gegen Raucher die Todesstrafe. Der russische Zar Michail Fjodorowitsch Romanow (1596 bis 1645) bestrafte die Raucher, indem er sie entweder auspeitschen oder gleich hinrichten ließ. Ebenso verbot Papst Urban VIII. (1568 bis 1644) das Rauchen in den Kirchen und in deren Umkreis – wer das Verbot innerhalb der Kirchen übertrat, wurde exkommuniziert. Auch sonst stieß das Rauchen nicht auf ungeteilte Zustimmung.

Von der Zigarre zur Zigarette

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begann das Zigarrenrauchen Mode zu werden. Während die Zigarre mengenmäßig das 19. Jahrhundert beherrschte, wandte sich die Gunst der Raucher schließlich etwa seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts immer mehr der Zigarette zu. Die Zigarette trat ihren richtigen Siegeszug im Ersten Weltkrieg, 1914 bis 1918, an. Der Konsum stieg auch während des Zweiten Weltkrieges rapide.

Trotz aller Verbote griff das Rauchen immer weiter um sich, und zwar sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Die Nationalsozialisten führten hingegen in den 30er und 40er Jahren die stärkste Anti-Raucher-Bewegung der Welt an. Sie verbaten jungen Frauen das Rauchen, weil sie darin eine Gefährdung ihrer „Rasse“ sahen.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden zudem immer häufiger medizinische Beweise für die Schädlichkeit des Rauchens veröffentlicht.

Ein Schwerpunkt-Gebiet des Tabak-Anbaus war Mittelfranken. Um Nürnberg entwickelte sich das erste Tabakbau-Gebiet in Bayern, hier wurde möglicherweise bereits 1601 Tabak gepflanzt, als wahrscheinlich gilt das Jahr 1630, als sicher 1650. Während die Regierungen anderer, auch benachbarter Länder zunächst Tabak-Verbote erließen, die sich natürlich auch gegen den Anbau richteten, erkannte der Rat der freien Reichsstadt Nürnberg sehr früh im Tabak eine willkommene Einnahmequelle. Nürnberg war dazumal einer der wenigen Orte ohne Tabak-Verbot.

Am 17. Januar 1658 erließ der Rat eine Tabak-Ordnung, und führte ein Tabak-Schauamt ein, und brachte so die neue Pflanze und ihre Verarbeitungsprodukte weiter unter seine Kontrolle. Ohne vorherige Schau durfte nichts verkauft werden. Am Wiegen verdiente die Stadt gleichfalls. Mit dem Tabak-Bau nahmen auch die Tabak-Fabrikationen und der Tabak-Handel immer größeren Umfang an.

Ab 1651 auch in Schwabach

Doch nicht nur Nürnberg war Tabak-Anbau-Zentrum, auch das Markgrafentum Ansbach. In Schwabach wurde bereits 1651 ein Tabak-Verkäufer namentlich erwähnt. In Kornburg nahm der Tabak-Anbau zwischen 1665 und 1680 sogar derart überhand, dass er den Getreide- und den Futter-Anbau verdrängte. In den Schwander Kirchenbüchern kommt 1687 zum ersten Male ein „Dobakpresser“ vor. 1696 ist die Rede von einem Dobakspinner Georg Kühnlein in Schwand. Nach dem Taufregister für Rednitzhembach gab es dort 1746 gleichfalls mehrere Tabakspinner, während 1759 ein Tabak-Fabrikant Johann Michael Hausner erscheint, 1768 ein Tabak-Fabrikant namens Sebastian Mizam. Für die Katzwang-Reichelsdorfer Gegend spricht ein Pfarrbericht von 1721 vom Tabak-Bau.

Wichtiger Wirtschaftszweig

Schwabach war neben Nürnberg das Zentrum der Entwicklung. 1787 wird im Oberamt Schwabach der Tabak als Hauptnahrungszweig der ländlichen Bevölkerung bezeichnet. 1805 machte die Schwabacher Tabak-Fabrikation 43 Prozent, die Schwabacher Ausfuhr 45,2 Prozent des gesamten Fürstentums aus. 1810 waren in 13 Tabak-Fabriken in Schwabach 101 Arbeiter beschäftigt. Doch diese Blüte währte nur kurz, denn 1825 zogen die letzten Tabak-Fabrikanten, David und Georg Bestelmeyer, nach Nürnberg. Die Tabak-Industrie in Schwabach kam damit zum Erliegen.

Vor dem ersten Weltkrieg wurde in unserer Gegend Virginier-Tabak angebaut. Zunächst wurde der Tabak an der Luft getrocknet, der Tabak wurde zum Trocknen aufgehängt, die Blätter durften und sollten an den Wänden von Häusern, Scheunen oder an Gartenzäunen trocknen und gelb werden. Die Blätter lagen dabei dicht aufeinander und mussten, um ein Faulen zu verhindern, immer wieder aufgelockert werden, Nach der Blatt-Trocknung wurde der Tabak unter Dach gebracht und dort bis zur völligen „Dachreife“ aufgehängt.

Vereine gegründet

Bis nach dem Ersten Weltkrieg kauften Einkäufer der Firmen die Tabake direkt auf den Höfen, oder sie luden die Tabak-Bauern in ein Wirtshaus ein, und tätigten dort die Kaufabschlüsse. Auf Betreiben der Landwirtschaftsstelle in Roth schlossen sich dann ab 1922 die Tabak-Bauern in Vereinen zusammen. Ende der 1930er Jahre kam in unserer Gegend die künstliche Trocknung von Tabak auf. 1938 wurde in Walpersdorf vom Landesverband Fränkischer Tabakpflanzer die erste Röhrentrocknungsanlage gebaut. Ebenfalls 1938 begann in Leerstetten der Bau von zwei Doppelkammern, die 1940 in Betrieb gingen.

Trotz des Kriegs wurden 1941 in unserer Gegend weitere Trockenkammern gebaut. Einschließlich der Anlagen in Walpersdorf und Leerstetten standen dann 49 Kammern zur Verfügung. Mit der künstlichen Trocknung begann auch der Anbau der Sorte „Virgin Gold A“ in der Gegend. Seit 1958 wurde im Schwabacher Gebiet für die Lufttrocknung auch noch die Sorte „Burley“ angebaut.

Der Vertragsanbau (eine Firma garantiert vorab für Qualitätsware die Abnahme zu einem bestimmten Preis) kam 1949 auf. Erstmals 1950 gab es in einer Gaststätte am Bahnhof Schwabach eine Tabak-Versteigerung nach amerikanischem Muster – mit großem Erfolg. Die erste eigene Versteigerungshalle baute der Verband 1951 in der Waikersreuther Straße, schon 1952 musste eine zweite Halle angebaut werden. Sie wurde abgerissen im Jahr 2000.

Die ausgesprochen umfangreiche Veröffentlichung über den Tabak-Anbau auf den Internet-Seiten des Museumsvereins Schwanstetten ist noch nicht abgeschlossen. Bilder, weitere Hinweise und Berichte sind willkommen. Auch sind noch längst nicht alle Fachbegriffe geklärt.

www.museum-schwanstetten.de

1 Kommentar