Tatort-Kommissar Udo Wachtveitl faszinierte in Wendelstein

13.10.2014, 11:23 Uhr
Tatort-Kommissar Udo Wachtveitl faszinierte in Wendelstein

© Foto: Unterburger

Mit seiner Vorlesekunst faszinierte Udo Wachtveitl am Samstag die Zuhörerinnen und Zuhörer im Festsaal der Freien Waldorfschule. Wegen der großen Nachfrage hatte Wendelsteiner Kulturamtsleiterin Andrea Söllner die Veranstaltung von der Jegelscheune in die Schule verlegt.

Unter dem Titel „Mörderisches Bayern“ hat Wachtveitl eine Textcollage aus drei Kriminalromanen des Krimiautoren Robert Hültner zusammengestellt. Im Mittelpunkt: der bayerischen Inspektor Paul Kajetan.

Dieser Krimi-Abend mit Musik ist nicht nur unterhaltend und humorvoll, sondern zeigt auch, dass Robert Hültners Kriminalromane ein Stück bayerischer Geschichte vermitteln. Seine drei Krimis des Abends sind „Walching“, „Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski“ und „Die Godin“. Seit 1998 ist Udo Wachtveitl mit der musikalischen Inszenierung „Mörderisches Bayern“ überaus erfolgreich auf Tournee.

Der Abend beginnt mit unfreiwilliger Komik, die für gewaltiges Gelächter sorgt. Als alle fünf Akteure auf der Bühne sind, verschwindet Posaunist Sebi Tramontara gleich wieder, weil er seine Brille sucht. Es dauert eine ganze Weile, bis er das Ding gefunden hatte. Da kann sich selbst ein Udo Wachtveitl ein Grinsen nicht verkneifen.

Die Musik von Sebi Tramontara (Posaune), Erwin Rehling (Perkussion) und Andreas Koll (Akkordeon) ist nicht nur akustisches Beiwerk zwischen den Texten, sondern erweist sich als gleichberechtigter Akteur. Sie ist skurril und voller Überraschung und Witz. Andreas Koll am Akkordeon hat die eigenwillige Musik komponiert, die den Musikern viel Platz lässt für spontane Ideen und überraschende Aktionen. Am meisten zu lachen gibt es über die lachende, meckernde, schwatzende, schreiende und streitende Posaune.

Mehr oder weniger überflüssig ist dagegen der Erzähler des Abends, dessen Rolle der Schauspieler Hans Kriss übernimmt. Mit sparsamen Worten verbindet er die verschiedenen Episoden und erklärte kurz die Zusammenhänge.

Eindrucksvoll authentisch

Im ersten Teil versetzt Udo Wachtveitl die Zuhörerinnen und Zuhörer nach München um das Jahr 1919. Bayerns sozialistischer Ministerpräsident Kurt Eisner, der die November-Revolution im Bayern anführte, wird bei einem Attentat in München erschossen. Nach möglichen Hintermännern wird nur halbherzig gefahndet. War ihnen der junge Journalist Meininger, der tot aufgefunden wird, auf der Spur?

Fünf Jahre später wird Inspektor Paul Kajetan wegen mangelnden Respekts gegenüber der bayerischen Obrigkeit aus dem Polizeidienst entlassen. So ermittelt er fortan auf eigene Faust. Als eine Prostituierte namens Mia ermordet wird, lässt ihm der Fall keine Ruhe mehr – hatte er sich doch erst kurz zuvor in die junge Frau verliebt. Die Spur führt zunächst ins zwielichtige Nachtclub-Mileu. Bald aber wird Kajetan in einen gefährlichen Sumpf von Korruption und Waffenschieberei hineingezogen.

Udo Wachtveitl erweist sich als grandioser Leser. Er gibt jeder Person ihre eigene Stimme und ihren eigenen Charakter. Besonders eindrucksvoll und authentisch wird es, als Wachtveitl den Protagonisten wie beispielsweise dem autoritären Dorfpolizisten, dem zwielichtigen Baron und anderen Personen eine überzeugende Stimme verlieh. Geradezu beklemmend, wie Wachtveitl eine rechtsnationale Hassrede des Barons in Nazi-Tonart vorträgt. Auch die Szene, in der Kajetan nach einer kleinen Rauferei verhaftet und auf der Wache von zwei Polizisten genußvoll verprügelt wird, lässt den autoritären Zeitgeist schmerzhaft nachfühlen.

Gekonnt deckt Wachtveitl die Verlogenheit, die Bösartigkeit und den Muff der Münchner Kleinbürger der damaligen Zeit auf, die durch die Münchner Mundart hervorragend wiedergegeben wurden.

Humoreske Einlage

Mit viel Sinn für Humor beteiligte sich Udo Wachtveitl an der scheinbaren Jagd nach einer Fliege, die sein musikalisches Trio inszeniert. Wachtveitl schnappt die – nicht vorhandene – Fliege, verschluckt sie, um sie dann wieder mit dem Finger aus dem Mund zu holen. Am Ende steht Wachtveitl auf, schnappt sich ein paar Percussions-Instrumente und spielt gut gelaunt bei seinem schrägen Musiktrio mit. Als zwei Personen aus dem Publikum vorzeitig die Vorstellung verließen, meint Udo Wachtveitl mit trockenem Humor, das seien Notärzte gewesen, die einen wichtigen Anruf bekommen hätten.

Und was sagt der große Meister am Ende der literarisch-musikalischen Veranstaltung? „Nicht schlecht, dass wir da waren!“ Recht hat er, der große Spitzbub aus „dem anderen Teil Bayerns“. Das Publikum feiert den Tatort-Kommissar, der den Abend mit einer spannenden Lesung zu einem fesselnden Vergnügen macht.

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