Todkranker Mops "Paulchen" rührt Netzgemeinde

19.7.2018, 06:00 Uhr
Sabine Kunz aus Schwabach macht beim Kajakfahren in Schweden ein Selfie von sich und ihrem Mops "Paulchen" – 224 Menschen geben dem Foto auf Instagram ein Herzchen.

© sabineundpaulchen / instagram.com Sabine Kunz aus Schwabach macht beim Kajakfahren in Schweden ein Selfie von sich und ihrem Mops "Paulchen" – 224 Menschen geben dem Foto auf Instagram ein Herzchen.

Am 10. Juli 2018 erhält Sabine Kunz so viele Nachrichten, dass sie sie nicht mehr persönlich beantworten kann. Hunderte drücken in den sozialen Netzwerken Instagram und Facebook ihr Mitgefühl aus, nachdem die 28-jährige Schwabacherin dort mitgeteilt hat, was alle haben kommen sehen, ohne es ganz wahrhaben zu wollen: Mops "Paulchen" ist tot.

Ein Kommentar zu Kunz' Post: "Es macht mich traurig, ich hab' Dich so lieb gewonnen, obwohl ich Dich nur von Bildern und Geschichten kenne." Ein anderer lautet: "Paulchen habe ich Pommes essen sehen und er war an Orten, an denen vielleicht sonst kein kranker Mops gewesen wäre. Als ihm seine Beine nicht mehr getragen haben, hast Du ihm deine geliehen. Da war immer so viel Liebe und sie verbindet euch für immer!"

Diese Zuneigung zwischen Frauchen und Hund war in den Jahren zuvor tatsächlich immer weiter gewachsen. 2011 hatte Sabine Kunz Paulchen als Welpen aufgenommen, seitdem waren sie fast jede Stunde an fast jeden Tag zusammen. Sie habe ihn sogar mit zur Arbeit genommen, erzählt die junge Schwabacherin am Telefon. Einige Male kommen ihr dabei die Tränen.

Schock nach Diagnose

Sechs Jahre ist der Mops schon Teil ihres Lebens, als Sabine Kunz Ende 2017 erfährt: Paulchen ist schwer krank. Er leidet, wie viele Möpse, an der erblichen Pug Dog Enzephalitis (PDE, Pug Dog ist Englisch für Mops). "Die PDE ist nicht heilbar und verläuft immer tödlich", schreibt eine Tierärztin auf einer Internetseite für Hundeliebhaber. Die Expertin fordert von Züchtern, Hunde von der Zucht auszuschließen, wenn diese das PDE-Gen tragen.

So könnte Menschen wie Kunz die Trauer um den treuen Begleitern erspart bleiben. Die Schwabacherin selbst empfiehlt Interessenten, vor dem Mops-Kauf nachzuhaken, ob die Tiere auf PDE-Veranlagung getestet sind. Als sie Paulchen abholte, habe es diese technische Möglichkeit leider noch nicht gegeben, so Kunz. Die Nachricht, dass ihr Hund nur noch Monate zu leben habe, war deshalb ein Schock. Wochenlang habe sie kaum an etwas anderes denken können, erinnert sie sich.

Schließlich nimmt sie sich zusammen: "Ich habe gedacht, ich kann jetzt einfach so weitermachen oder ich kann sagen: 'Nein! Das ist mein bester Freund!'" Eine gemeinsame Reise nach Schweden und Norwegen hatte sie schon länger vor. Nun ist ihr klar: Jetzt oder nie.

"Ich wollte mir nicht später Vorwürfe machen"

"Ich wollte mir nicht später Vorwürfe machen müssen, dass ich es nicht gemacht habe", so Kunz. Um ihr Versprechen sich selbst und Paulchen gegenüber einzulösen, nimmt Sabine Kunz einiges in Kauf. Weil die Hörgeräteakustikerin bei ihrer damaligen Arbeitgeberin in Zirndorf nicht so spontan einen längeren Urlaub einlegen kann, kündigt sie kurzerhand ihre Stelle. Nicht alle in ihrem Umfeld können das nachvollziehen, sie erntet viel Kopfschütteln. Doch Kunz' Entschluss steht fest.

In einen kleinen Transporter baut sie ein Bett ein, ihr Vater hilft ihr dabei. Im Mai bricht sie mit Paulchen und ihrem Freund Flo auf: Drei Wochen lang geht es über Tschechien und Polen nach Norden. Ab Norwegen reisen Sabine und Paulchen zu zweit weiter. Mit dabei: Eine wachsende Schar von Paulchen-Fans, die dem Mops zwar noch nie begegnet sind, jedoch im Internet jede Etappe des Abenteuers verfolgen.

Kunz führt eine Art digitales Reisetagebuch, das gegen Ende über 800 Instagram- und Facebook-Follower mitlesen. Fast täglich postet sie dort kurze Texte und Fotos von sich und Paulchen: Auf einer Bank am Meer, beim Bootfahren, beim Bergsteigen. Weil Paulchen wegen der Krankheit nur schwer laufen kann – und zeitweise nichts sieht – trägt Kunz ihn oft, auf dem Arm oder im Rucksack.

Zur Krankheit kommt ein tragischer Unfall hinzu

Dabei entstehen Bilder, die Hunderte berühren. Sie senden Likes, Herzchen und viele persönliche Nachrichten. Manche der Leser haben selbst einen Mops an PDE verloren. Sie versuchen, Sabine Kunz aufzubauen – besonders nachdem sie am 10. Juli eine Art Nachruf ins Netz gestellt hat, mit einem Foto von Paulchen und einigen Abschiedszeilen in Versform.

Zum Schluss hatte Paulchen nicht nur mit der Krankheit, sondern auch mit den Folgen eines Unfalls zu kämpfen: In Schweden wollten sie an einem heißen Tag fischen gehen, auf einem Parkplatz ruht sich Paulchen im Schatten des Autos aus – der Fahrer, ein Bekannter, weiß das nicht und fährt trotz offener Hintertür los. Paulchen wird überrollt, in einer Tierklinik wird Blut in der Lunge festgestellt. Nach einem Tag darf Kunz den verletzten Mops wieder mitnehmen, zunächst geht es ihm etwas besser. Doch Krankheit und Unfall sind für den kleinen Hund dann doch zu viel. Auf der Rückreise, in Lübeck, lässt Sabine ihr Paulchen einschläfern.

Sabine hat schon eine neue Arbeit gefunden

Die Entscheidung für die Reise bereut sie nicht. Sie konnte viel Zeit mit ihrem Mops verbringen – und sie habe gemerkt: "Es gibt sau viele nette Menschen da draußen." Eine hatte ihr vorab sogar eine Decke und ein Kissen mit der Aufschrift "Paulchen on tour" geschenkt. Die vielen Kommentare seien zwar kein direkter Trost für den Verlust, aber dennoch schön. Und ihr Job? Auch das hat sich dank guter Kontakte gefügt: Den Vertrag für eine neue Stelle in Nürnberg hat Sabine Kunz schon unterschrieben.

Verwandte Themen


3 Kommentare