Wendelstein: 99 Häuser, 198 Stellplätze, 300 Neubürger

10.3.2017, 11:45 Uhr
Wendelstein: 99 Häuser, 198 Stellplätze, 300 Neubürger

© Foto: Gerner

In der Bevölkerung sind die Pläne nicht unumstritten: zu groß für den Wendelsteiner Ortsteil, zu groß auch für die derzeitige Infrastruktur (Kinderbetreuungseichrichtungen, Schule), so heißt es. Doch die knapp 16 000 Einwohner zählende Gemeinde steckt in einem Dilemma: Der Siedlungsdruck ist enorm. Wenn es nicht gelingt, möglichst zeitnah vergleichsweise günstigen Wohnraum für junge Familien zur Verfügung zu stellen, dann droht Wendelstein, um es ein wenig überspitzt zu formulieren, zu vergreisen.

Vor diesem Hintergrund kam die in Köln beheimatete Deutsche Reihenhaus AG, die auch in Nürnberg eine Zweigstelle unterhält, wie gerufen. Sie kaufte das knapp 29 000 Quadratmeter umfassende und völlig zubetonierte Hörnlein-Areal auf und hat beantragt, aus dem jetzigen eingeschränkten Gewerbegebiet ein reines Wohnbaugebiet zu machen.

Zwei Stellplätze pro Haus

Platz ist darauf, so sieht es jetzt aus, für 99 Reihenhäuser, die entweder 85, 120 oder 145 Quadratmeter Wohnfläche haben. Jedem Reihenhaus werden zwei Stellplätze für Pkw zugeordnet. Wendelstein will im Bebauungsplan festlegen, dass etwa die Hälfte dieser Stellplätze mittels Carpots überdacht wird.

Vom Tisch ist die Überlegung, einen Teil der Reihenhäuser durch Geschosswohnungsbau zu ersetzen, wie das Gemeinderäte ursprünglich angeregt hatten. Die Vorschläge, die Projektentwickler Florian Reichel und seine Kollegen dem Bau- und Umweltausschuss vorlegten, fielen bei allen Fraktionen durch. "Vier Vollgeschosse am Ortseingang von Großschwarzenlohe, das geht gar nicht", sagte stellvertretend Cornelia Griesbeck (CSU).

Innovative Ideen

Wer sich die Details ansieht, der findet durchaus innovative Ideen, obwohl sich die Reihenhäuser im, wie es so schön heißt, "kostengünstigen Preissegment" bewegen sollen. Ein Glasfaserkabel für das superschnelle Internet führt in jedes Haus. Ihre Energie beziehen die Häuser per Nahwärme aus einem Blockheizkraftwerk. Gärten und Vorgärten sind zwar klein, dafür gibt es im Zentrum des Wohngebietes Grünzonen zur Begegnung und zum Spielen. Denkbar ist es, dass das neue Baugebiet eine eigene Stromtankstelle für E-Autos erhält, möglicherweise wird auch ein Car-Sharing-Modell umgesetzt. Das heißt: Zwei oder mehr Familien teilen sich ein Auto. Das hätte den Vorteil, dass auf den einen oder anderen Stellplatz verzichtet werden könnte.

Problematisch ist, dass das künftige Wohngebiet von vier "potenziellen Störern", wie es Unternehmer Harald Abraham ausdrückt, umzingelt ist: von seinem eigenen Gewerbebetrieb für Landmaschinen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, von zwei Landwirten und von der vielbefahrenen Rother Straße. Mit geeigneten Schutzmaßnahmen muss die Deutsche Reihenhaus AG dafür sorgen, dass die Bewohner weitgehend ihre Ruhe haben und die Landwirte und der Gewerbebetrieb ohne Einschränkungen weitermachen können wie bisher.

Baubeginn wohl erst 2018

Wann wirklich die Bauarbeiten beginnen, steht noch nicht fest. Realistisch betrachtet, kann es frühestens 2018 losgehen. Denn die Gemeinde muss einen "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" aufstellen, in dem Elemente eines normalen Bebauungsplans mit einem Erschließungsvertrag und einer vertraglichen Baupflicht gekoppelt werden. Wendelstein muss darüber hinaus den Flächen- und den Landschaftsplan ändern. Da gehen schnell einige Monate ins Land. Und dann muss ja auch noch der riesige frühere Hörnlein-Komplex abgerissen werden. Projektentwickler Florian Reichel will aber auch nichts überstürzen. Zum ersten Mal hatte er im Juni 2016  Vorplanungen im Gemeinderat vorgestellt. Neun Monate sind seither ins Land gegangen. Zeit, die für viele Gespräche und für Besichtigungen von ähnlichen Bauvorhaben genutzt wurde. "Wir wollen keine Hau-Ruck-Aktion."

Im Gemeinderat scheint inzwischen eine Mehrheit für das Multi-Millionen-Projekt sicher. Der Bau- und Umweltausschuss setzte eine leichte Reduzierung der Häuserzahl (von 101 auf 99), eine damit einhergehende Verringerung der Stellplatzzahl (von 202 auf 198) und eine dadurch mögliche Vergrößerung der Gemeinschafts- und Spielflächen durch. Bei den Einfriedungen sollen nur sockellose Zäune erlaubt werden, um Kleintieren Wandermöglichkeiten zu gewährleisten.

Grüne bleiben bei "Nein"

Wenn all das im Plan aufgenommen ist, dann wollen CSU, SPD und Freie Wähler die Ampel von Rot auf Grün stellen, deuteten sie in der Sitzung des Ausschusses an. Lediglich die Grünen werden mit Nein stimmen. Sie sind zwar auch nicht so richtig dagegen, weil aus einer völlig versiegelten Gewerbebrache ein durchaus durchgrüntes Wohngebiet wird. Aber grundsätzlich hätten sie lieber ein städtebauliches Konzept diskutiert als den Ideen eines Bau- und Erschließungsträgers wie der Deutschen Reihenhaus AG hinterherzulaufen. Aber: Die Grünen haben im Marktgemeinderat keine Mehrheit.

 

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