"Wir können uns nicht erpressen lassen"

19.10.2016, 11:10 Uhr

© Foto: Gerner

Michael Reichel zieht Bilanz „mit gemischten Gefühlen“, wie er schreibt. Soweit er eigenverantwortlich tätig werden konnte, seien die meisten Ziele erreicht worden. Wo er jedoch auf die Mitwirkung der Vertreter der Kirchengemeinde als Eigentümer der Bibliothek angewiesen gewesen sei, da seien viele seiner Anregungen „unverwirklicht oder im Ansatz stecken geblieben“.

Als Beispiele zählt Reichel auf: „Das gilt für einen Bücherrestaurierungsplan mit dem Angebot von Buchpatenschaften, für die fehlende Einbeziehung der Bibliotheken in die Gemeindepartnerschaft mit Teschen, für den Ausschluss der Bibliothek aus der Spendenaktion ,Dir werd ich helfen‘, für das Fehlen einer Informationstafel zur Bibliothek im Südschiff der Stadtkirche, für die verweigerte Einbeziehung und Würdigung der Bibliothek in die Wiederöffnungsfeier der Stadtkirche und vieles mehr.“

Den Ausschlag schließlich hat offenbar eine weitere Meinungsverschiedenheit gegeben: „Letzter Anlass zur Resignation“ sei die Weigerung des Kirchenvorstands gewesen, die Stadtkirche im Reformationsgedächtnis-Herbst 2017 für eine von ihm bereits im Frühjahr 2015 angemeldete Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Darin sollte es um den Schwabacher Reformator „Andreas Obermair und die Reformation im Spiegel der Schwabacher Kirchenbibliothek“ gehen.

„Man gab vielmehr einer Ausstellung von in München ausgeliehenen Bildern den Vorzug und wollte die Reformations-Ausstellung der Kirchenbibliothek in den Hochsommer und ins Evangelische Haus auslagern“, klagt Reichel. „Historisch-theologisch, pädagogisch, klimatisch, in jeder Hinsicht wäre das deplatziert, das geht nicht mit mir!“

Pfarrer Zellfelder hält diese Kritik für „nicht nachvollziehbar“. Denn: „Die Idee dieser Ausstellung fanden wir gut“, beschreibt er die Stimmung im Kirchenvorstand. „Aber es geht ja nicht nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Man muss abwägen.“ Mit dem Künstlerbund als Mitveranstalter der Ausstellung „Hocuspocus Fidibus: Das Abendmahl nach Luther“ sei man bereits im Gespräch gewesen. „Wir wollten etwas Aktuelles, etwas nach vorne Gerichtetes.“

Der Termin für die Buchausstellung im Sommer hielt Zellfelder für attraktiv, weil zeitgleich die Kunstaktion „Ortung“ stattfindet. „Wir haben darüber unzählige Gespräche geführt, aber Herr Reichel hat gesagt, dass er dann zurücktritt. Wir haben ihn nicht gedrängt, aber wir können uns nicht erpressen lassen.“

Auch die anderen Punkte sieht Zellfelder anders. Die Informationstafel habe man abgelehnt, „weil wir ein anderes Informationssystem mit Touchscreen aufbauen“. Bei „Dir werd ich helfen“ sei die Bücherei keineswegs ausgeschlossen worden. Vielmehr sei von Beginn an klar gewesen, dass die Gelder nur für die Sanierung der Kirche selbst gedacht waren. Bei der Wiedereröffnung sei die Kirche im Mittelpunkt gestanden, nicht die Bücherei. Und die Restaurierung der Bücher gehe eben „nur schrittweise“.

Reichels Arbeit würdigt Zellfelder ausdrücklich: „Er hat sich mit enormem Fleiß und Kompetenz für den Erhalt der Bücherei eingesetzt.“ Ob er versucht habe, Reichel umzustimmen? „Nein. Wir akzeptieren seinen Rücktritt.“ Einen formellen Abschied wird es nicht geben. Dazu ist die Stimmung offenkundig zu angespannt. „Wir schicken ihm ein Dankschreiben.“

Und Reichels Nachfolge? „Ich bin sicher, dass wir einen kompetenten Nachfolger finden“, sagt Zellfelder. Einen Namen will er noch nicht nennen. Aber: „Es gibt bereits Gespräche.“

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