Wirtschaftsschule Schwabach: Immer weniger Schüler

22.6.2018, 05:58 Uhr
Wirtschaftsschule Schwabach: Immer weniger Schüler

© Foto: Wilhelm

Am Ende fasste Peter Birle die Situation nochmal in einem so kurzen wie klaren Satz zusammen: "Es brennt wirklich", betonte der Schulleiter der städtischen Wirtschaftsschule, der Berufsoberschule (BOS) und der Berufsschule im Bildungs- und Kulturausschuss des Stadtrats.

Wie drängend das Problem aus seiner Sicht ist, zeigte zudem sein Verweis auf die Informationsabende für Eltern im Herbst. Ihnen müsse man Konkretes über die mögliche Schullaufbahn ihrer Kinder sagen können. "Bis dahin müssen wir wissen, wohin es geht. Wichtig, dass zeitnah etwas passiert."

OB Matthias Thürauf reagierte darauf allerdings sichtlich irritiert. Denn in Vorgesprächen sei die Lage noch nicht so dramatisch geschildert worden. "Wenn’s so brennt, wieso hatte es da geheißen, wir könnten erstmal abwarten? Die Situation ändert sich offenbar von Gespräch zu Gespräch. Damit komme ich ganz schwer klar."

Angestoßen hatte die Diskussion ein Antrag der Grünen über "strategische Überlegungen" für die städtischen Schulen. Auch ein weiterer Antrag lag von CSU-Stadtrat Emil Heinlein vor. Der Lehrer hatte vorgeschlagen, die Einrichtung einer FOS zu prüfen.

Die wichtigsten Zahlen

Wirtschaftsschule: Heuer hat die Schule 340 Schülerinnen und Schüler in 15 Klassen. Vor zehn Jahren waren es noch 460 Schüler in 18 Klassen. Die Schulleitung rechnet in einer Prognose für die kommenden Schuljahre nur noch mit 313 Schülern. Die Klassenzahl soll aber bei 15 bleiben.

Berufsoberschule (BOS): Wer eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, kann hier Fachabitur oder auch das allgemeine Abitur erwerben. Zunächst hatte die BOS großen Zuspruch erfahren und einen großen Sprung gemacht. Von 26 Schüler im Jahr 2010/11 auf 85 im Jahr 2013/14. Seitdem aber sinken die Zahlen auf aktuell 72. Die Prognosen sind auch hier düster. Die Schulleitung erwartet ab Herbst nur noch 52 Schüler, ab 2019 sogar nur noch 40.

Die Gründe des Rückgangs

Da ist zum einen die allgemeine demografische Entwicklung. Doch die alleine erklärt die Tendenz in speziell diesen Schulen nicht.

Wirtschaftsschule: Sie beginnt erst ab der siebten Klasse. Zuvor wechseln viele Schüler aber bereits aufs Gymnasium oder die Realschule. "Wir sind von den Schülerströmen abgeschnitten", sagte Birle.

Zudem sorge der neue Lehrplan, in dem Mathematik ein Pflichtfach ist, für Verunsicherung bei wechselwilligen Mittelschülern der sechsten und siebten Klassen.

Grundsätzlich aber gelte: In Bayerns dreigliedrigen Schulsystem aus Mittelschule, Realschule und Gymnasium sei eine Wirtschaftsschule lediglich eine "Mini-Schulart", so Birle. "Wir spielen nur eine untergeordnete Rolle. Wir sind nicht systemrelevant und haben nicht den politischen Rückhalt."

Berufsoberschule (BOS): Für sie macht sich die gute Konjunktur negativ bemerkbar. Wegen der großen Nachfrage nach Fachkräften sinke die Zahl deren, die nochmals die Schulbank drücken.

Ein zweiter Punkt: Immer mehr Schüler wechseln an die FOS, um dort Fachabitur zu machen. Sie kommen für die BOS also nicht mehr in Frage.

Das Ziel

"Wir wollen das kommunale Schulsystem in Schwabach stabilisieren. Es geht nicht um Vergrößerung", betonte Birle. Eigentlich sollte die Einführung der BOS den erwarteten Schülerrückgang in der Wirtschaftsschule auffangen. "Leider kann sie das nicht", stellte Peter Birle nüchtern fest.

Birles Vorschläge

Wirtschaftsschule: Um die Zweizügigkeit (also zwei Klassen je Jahrgangsstufe) zu erhalten, könne die Einführung eines fünfjährigen Zuges förderlich sein. Die fünfjährige Wirtschaftsschule stecke in Bayern aber erst im Modellversuch. Zudem ist Birle ohnehin skeptisch: "Die Wirkung würde nicht ausreichen."

Berufsoberschule (BOS): Reine Berufsoberschulen (wie in Schwabach) seien bayernweit mittlerweile die Ausnahme und "teilweise existenzbedroht". Mittlerweile sei in der Regel die BOS mit der FOS zur "Beruflichen Oberschule" (FOSBOS) zusammengeführt. Dies biete die Chance, Klassen beider Schularten "nebeneinander bedarfsgerecht, budgetgerecht und im Rahmen der Nachfrage" zu betreiben, erklärte Peter Birle.

Für Schwabach schlägt er deshalb die Ergänzung der BOS um eine FOS zur FOSBOS der Fachrichtung Wirtschaft vor. "Wenn eine FOS mit im Haus wäre, würde das wie ein Magnet auch für die Wirtschaftsschule wirken", ist Birle überzeugt.

Die Diskussion im Stadtrat

"Die Wirtschaftsschule genießt einen hervorragenden Ruf und muss unbedingt erhalten bleiben", betonte Christa Dressel (CSU). Auch ihr Fraktionskollege Heiner Hack sorgt sich, ob es "eines Tages keine Wirtschaftsschule mehr gibt".

"So weit sind wir noch lange nicht", beruhigte OB Thürauf. "Aber die zentrale Frage ist: Wie gehen wir mit sinkenden Schülerzahlen um?"

Bereits seit langen Jahren fordert der Stadtrat, der Freistaat Bayern solle die Schule übernehmen, schließlich sei er eigentlich für die Bildung zuständig. "Aber der Freistaat weiß schon, warum er die Schule nicht verstaatlicht", warnte Bruno Humpenöder, der Fraktionschef der Freien Wähler, vor möglichen weiteren Kosten durch eine FOSBOS.

Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. "Das geht nicht auf die Schnelle", betonte Thürauf.

Völlig neue Wege schlagen die Grünen vor: Fraktionschef Klaus Neunhoeffer regte eine "interkommunale Wirtschaftsschule" zusammen mit der Stadt Nürnberg an. "Verschiedene Standort könnten verschiedene Schwerpunkte bilden. So funktionieren ja auch die Verbünde für die Mittelschulen."

OB Thürauf zeigte sich dafür grundsätzlich offen. Darüber lohne sich, zumindest genauer nachzudenken.

Keine Kommentare