Zehn Jahre Bürgerstiftung „Unser Schwabach“

6.10.2015, 08:33 Uhr
Zehn Jahre Bürgerstiftung „Unser Schwabach“

© Foto: Wilhelm

Die Alte Linde aus dem Jahr 1768 ist Schwabach berühmtester und beliebtester Baum. Seit vergangenem Donnerstag hat Schwabach aber auch eine neue Linde. Sie steht im Stadtpark im Bereich Bahnhofstraße in der Nähe des Denkmals für die Schwabacher Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Gepflanzt hat sie die „Bürgerstiftung Unser Schwabach“ anlässlich ihres zehnjähriges Bestehens. An dieses Jubiläum erinnert auch ein Stein mit einer kleinen Tafel vor der Linde am Wegrand.

Diese Baumpflanzung ist ein passendes Symbol. Statt eines großen Festakts eine kleine Aktion. Tun, was sonst nicht getan würde. Etwas von Dauer schaffen, so wie die Bürgerstiftung selbst. Etwas, das wächst. Wie der Bürgersinn, wenn man ihn so pflegt wie die Bürgerstiftung.

Die Entstehung: Angela Novotny, die Vorsitzende des Stiftungsrats, nennt vor allem drei „Motoren“, die die Bürgerstiftung angeschoben haben. Den früheren OB Hartwig Reimann, den damaligen Stadtkämmerer Richard Schwager und Ralf Gabriel, der als Grünen-Stadtrat den Antrag auf Gründung der Bürgerstiftung eingebracht hatte. Ein eindeutiger Stadtratsbeschluss ebnete den Weg.

Die Verantwortlichen: „Die Hauptlast trägt Dr. Martin Böhmer. Wir alle wissen, was wir an ihm haben“, betont Angela Novotny. Seit der Gründung ist der Notar Vorstandsvorsitzender. Seine beiden Vorstandskollegen sind Ralf Gabriel und Sven Heublein. Gewählt wird der Vorstand vom Stiftungsrat. „Und im Stiftungsrat sitzen Persönlichkeiten, die alle die Stadt sehr gut kennen“, sagt Martin Böhmer. „Das ist wichtig für gezielte Förderung.“

Das Ziel: Die Satzung formuliert die „Förderung bürgerschaftlichen Zusammenwirkens“ über die Generationen hinweg. Konkret unterstützt werden Initiativen in unterschiedlichsten Bereichen: von sozialen Projekten über die Kultur bis hin zum Sport.

Die Rolle der Stadt: „Wir sind keine Bürgermeisterstiftung“, betont Ralf Gabriel im Gespräch mit dem Tagblatt. Es geht also nicht darum, Löcher im städtischen Haushalt zu stopfen oder für die Stadt in die Bresche zu springen. „Die Bürgerstiftung leistet einen Mehrwert für die Bürger, den es ohne sie nicht gäbe“, ergänzt Martin Böhmer.

Die Stadt hatte 2005 500.000 Euro aus dem Teilverkauf der Stadtwerke zur Verfügung gestellt und damit den Grundstock gelegt. In die Mittelvergabe aber mischt sie sich nicht ein. „Es hat nie den Versuch der Einflussnahme gegeben“, versichert Böhmer.

„Die Stadt hat sich zurückgenommen“, betont auch der jetzige OB Matthias Thürauf. „Die Bürgerstiftung ist kein bloßes Institut der Geldverteilung, sondern fördert den selbständigen Bürgersinn. Dafür mein ganz großes Kompliment.“

Das Stiftungsvermögen: Gestartet ist die Bürgerstiftung 2005 mit 780.000 Euro. Seitdem ist das Stiftungsvermögen auf über 2,6 Millionen Euro angewachsen. „Das hat alle Erwartungen übertroffen“, sagt Martin Böhmer. Entscheidend für diese deutliche Steigerung sind sehr viele Zustifter. „Eine Bürgerstiftung kann nur funktionieren, wenn sie eine Bürgerbewegung ist“, sagt Böhmer. Die Bürgerstiftung ist zudem das Dach für zwei eigene Stiftungen mit großen Beträgen sowie für einen Stiftungsfonds.

Die „Gerhard-Mazurzak-Stiftung“: Sie verfügt über ein Stiftungsvermögen von 300 000 Euro und fördert Schüler und Studenten im Bereich der Naturwissenschaft.

Die „Integrations-Stiftung Schwabach“: Bernd-Dieter Jesinghausen hat diese Stiftung mit einem Grundstock von einer Millionen Euro gegründet. Erstes konkretes Projekt sind die „Integrationspaten“ im Stadtteilzentrum „MatZe“.

Der „Stiftungsfonds Dreieinigkeitskirche“: Mit einem Vermögen von 45.000 Euro dient der Fonds der Erhaltung der historischen Kirche.

Die Fördergelder: Gefördert wird mit den Erträgen des gestifteten Vermögens. „Wir legen das Geld langfristig und stark gesplittet an. Das hat uns trotz niedrigster Zinsen vernünftige Erträge gebracht“, erklärt Böhmer. In den zehn Jahren hat die Bürgerstiftung rund 260.000 Euro erwirtschaftet. Davon flossen 125.000 Euro direkt in 66 Projekte. Für das Forum und die Preisgelder für den Stiftungspreis wurden rund 60.000 Euro aufgewendet. Der Rest von über 70.000 Euro steht aktuell zur Verfügung.

Die Ausgaben: Eine Stiftung muss sich nach gesetzlichen Vorgaben richten. Ausgaben für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind deshalb unerlässlich. Die reinen Verwaltungskosten aber gehen gegen null. Acht bis zehn Stunden seiner Freizeit widmet Böhmer selbst der Bürgerstiftung im Durchschnitt pro Woche. Vom Wirtschaftsplan bis zu den Förderverträgen reicht die wichtige Arbeit im Hintergrund.

Ehrenamtliches Engagement ohne Aufwandsentschädigung gehört zum Selbstverständnis der Bürgerstiftung. Martin Böhmer hebt dabei insbesondere das Ehepaar Zachraj hervor, auf das bei vielen organisatorischen Aufgaben „immer hundertprozentig Verlass ist“.

Die geförderten Projekte: Unterstützt wurden 66 Schwabacher Vereine, Verbände, Einrichtungen und Initiativen. Die größte Einzelsumme waren 20.000 Euro für die Goldbox im Stadtmuseum. Weitere Beispiele sind die Fortbildung von Familienpaten im Känguruh, die Schwebeliege für Demenzkranke oder auch ein Marimbaphon für die Musikschule.

„Man kann auch mit wenig Geld viel bewegen“, findet Böhmer. Eines seiner Lieblingsprojekte ist der Unterstand für den Skater-Park am BayWa-Parkplatz. „Den haben wir mit 1000 Euro unterstützt. Den Unterstand haben die Jugendlichen selbst gebaut. Das war richtig toll.“ Für Böhmer ist das ein beispielhaftes Projekt, denn: „Man gibt nur Geld und bekommt jede Menge Einsatz.“

Das Forum Bürgerstiftung: Zweimal im Jahr organisiert Ralf Gabriel diese Vorträge im Adam-Kraft-Gymnasium. Ihr Markenzeichen: Die Referenten sind Experten mit Bezug zu Schwabach. Überraschung inklusive. „Manche staunen, wie aus Kindern plötzlich Professoren geworden sind. Das ist der Reiz“, schmunzelt Gabriel.

Das nächste Forum Bürgerstiftung findet am Donnerstag, 8. Oktober, um 19.30 Uhr statt. Professor Dr. Jörg Sauer, ein gebürtiger Schwabacher, fragt: „Bleibt Rohöl alternativlos?“

Der Stiftungspreis: Mit ihm zeichnet die Bürgerstiftung jährlich drei besonders engagierte Bürger oder Gruppen aus. Preisgeld: je 1000 Euro. „Das ist eine Anerkennung von Bürgern für Bürger“, hebt Martin Böhmer hervor und ist zuversichtlich: „Die Preisträger gehen uns nicht aus.“

Der LesArt-Nachwuchspreis: Er wird von der Bürgerstiftung verliehen. Um die Förderung junger Schwabacher Schreibtalente kümmert sich insbesondere Vorstandsmitglied Sven Heublein.

Die Pläne für die Zukunft: Grund für große Änderung sieht der Vorstand nicht. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Martin Böhmer. „Deshalb gilt: Weiter so.“ Das sagt er gerade mit Blick auf das Stadtjubiläum 2017. Konkret will er noch nicht werden, weil die Entscheidungen noch ausstehen. Aber klar ist: „Auch die Bürgerstiftung wird ihren Beitrag leisten“, betont Böhmer. „Das wird ein sichtbares Zeichen sein.“

Weitere Informationen unter buergerstiftung-schwabach.de

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