Zwei Paukenschläge im Schwabacher Stadtmuseum

18.6.2016, 07:09 Uhr
Zwei Paukenschläge im Schwabacher Stadtmuseum

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Paukenschlag Nummer eins: Das Museum bekommt nach jahrelangen Diskussionen endlich ein zentrales und ausreichend großes Depot.

Paukenschlag Nummer zwei: Tobias Schmid präsentierte ein neues Leitbild sowie ein Sammlungskonzept, das auch den inhaltlichen Schwerpunkt neu setzt. Der liegt künftig eindeutig auf der Stadtgeschichte.

Dies wird auch im neuen „Leitbild“ betont. Die weltweit größte Eiersammlung und die Fleischmann-Sammlung, die beide keinen wirklichen Bezug zu Schwabach haben, nehmen dagegen nur noch „eine untergeordnete Rolle“ ein.

Neues Depot: „Nach Jahrzehnten werden wir nun über annehmbare Depoträume verfügen“, erklärte Kulturamtsleiterin Sandra Hoffmann-Rivero. Bisher war das Depot auf rund 30 Stellen in der Stadt verteilt. „Endlich können wir unsere Stücke so lagern, wie sie gelagert werden sollen.“ Das neue Depot befinde sich in der Nähe des Stadtmuseums. „Damit ist ein Problem gelöst, das uns über Jahre gedrückt hat“, zeigte sich „Kultur-Bürgermeister“ Roland Oeser (Grüne) erleichtert. Der Umzug soll bald beginnen.

Neues Sammlungskonzept: „Die Sammlung ist das Herzstück eines Museums“, betonte Tobias Schmid. In der Sammlung des Stadtmuseums sei aber „kein klares Profil erkennbar“. Zudem gebe es eine „ungünstige Eigentumsstruktur“ durch eine „Vielzahl privater Leihgaben, die häufig auch schlecht bis gar nicht dokumentiert sind“. Dauerleihgaben seien ein hohes Risiko für ein Museum. Eventuelle Rückforderungen könnten Löcher in die Ausstellung reißen. Zudem leide das Stadtmuseum schlicht unter Platzmangel. Kulturamtsleiterin Sandra Hoffmann-Rivero betonte gegenüber dem Tagblatt, dass dies nicht als Kritik an Schmids Vorgänger Jürgen Söllner zu verstehen sei. Viele der problematischen Stücke stammten teils aus den 1920er Jahren. „Das war einfach nicht mehr rekonstruierbar.“

Zwei Paukenschläge im Schwabacher Stadtmuseum

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„Entsammeln“: Tobias Schmid will aber nun einen Neustart. Zum einen durch „Entsammeln“: Objekte ohne Schwabach-Bezug sollen abgegeben oder an die Eigentümer zurückgegeben werden.

„Lückenlose Dokumentation“: Zum anderen durch detaillierte Regeln für die Annahme. Auch hier steht der Bezug zu Schwabach im Mittelpunkt. Schmid strebt eine „möglichst lückenlose Dokumentation der Geschichte Schwabachs“ an. Und das möglichst durch Stücke, die das Museum entweder durch Kauf oder Schenkung erwirbt oder auf Zeit leiht. Dauerleihgaben aber soll es allenfalls noch als Ausnahme geben. Wichtig sei ihm dabei ein effizienter Einsatz der ja beschränkten finanziellen Mittel.

Schwerpunkt Stadtgeschichte: Den Schwerpunkt des Stadtmuseums bilde „die Bewahrung, Erforschung und Vermittlung der Geschichte Schwabachs und seiner Bedeutung als Goldschlägerstadt im Besonderen“, heißt es im neuen Leitbild, das Tobias Schmid und das gesamte Museumsteam erarbeitet haben. Die Bereiche wie die Gold- und Metallverarbeitung, die Seifenmanufaktur Ribot und die Wenglein-Sammlung will er deshalb ebenso intensiv pflegen wie die Henselt-Abteilung. Für andere Abteilungen gilt das so nicht mehr.

Zwei Paukenschläge im Schwabacher Stadtmuseum

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„Sammlungsstopp“ für Eier- und Fleischmann-Sammlung: Sowohl für die Sammlung Heer-Maynollo, also die „bunten Eier“, wie Schmid veranschaulichte, als auch für die Fleischmann-Sammlung mit den Modelleisenbahnen herrscht ein „Sammlungsstopp“. Beide Sammlungen galten bisher als besondere Attraktion — auch ohne Bezug zu Schwabach. Beide hätten ja auch zum überregionalen Bekanntheitsgrad des Stadtmuseums entscheidend beigetragen, gab Hartwig Reimann zu Bedenken. „Wir werden die Eier ja nicht rausschmeißen, wie wollen nur nicht noch weitere sammeln“, präzisierte Schmid.

Was passiert mit der Fleischmann-Sammlung? Hier geht es nicht nur um die Frage des künftigen Museumskonzepts, sondern auch darum, welche Folgen die Insolvenz der Firma für das Museum hat. Rund 80 Prozent der Exponate gehören noch Fleischmann, darunter die meisten „Highlights“. Der Leihvertrag endet 2020. Ob er verlängert wird, ist unklar. Durch die Insolvenz droht sogar die Sonderkündigung durch den Insolvenzverwalter und der Verkauf. An einen weiteren Ausbau, wie er ursprünglich ja geplant war, denkt ohnehin niemand mehr. In Panik versetzt Tobias Schmid diese Entwicklung aber nicht. Denn: „Es ist sehr unklar, was die Fleischmann-Ausstellung bringt.“

Besucherbefragung: Schmid will deshalb mit Fragebögen klären, wie viele Besucher wegen der Fleischmann-Sammlung kommen. „Wenn das nur 2000 oder 3000 pro Jahr sind, dann bin ich sicher, dass wir diese Zahl auch anders erreichen.“

Schwabacher Zielgruppe: Die durchschnittlich 16 000 bis 18 000 Gäste seien in einer Stadt mit 40 000 Einwohnern eine „gute Basis“. Derzeit kämen aber 80 Prozent von außerhalb, nur 20 Prozent aus Schwabach. „Das will ich umkehren“, kündigte Schmid an. „Das Stadtmuseum soll ein Ort vor allem für die Schwabacher sein. Deshalb die neue Schwerpunktsetzung.“

Auch bei Sonderausstellungen werde er auf den lokalen Bezug achten. „Ein sehr gutes Beispiel war die Kohler-Ausstellung, die noch mein Vorgänger organisiert hatte“, erinnerte Schmid an die Werkschau des fast vergessenen Künstlers. „Da kamen 5000 Leute.“ Das „große Ziel“ sei, das Stadtmuseum zu einem Ort des Lernens und der Begegnung zu machen. Der Besuch solle informativ und unterhaltsam zugleich sein. Deshalb will Tobias Schmid auch verstärkt auf Schulen zugehen.

Reaktionen der Stadträte: Sprecher aller Parteien lobten im Bildungs- und Kulturausschuss die Klarheit dieses Konzepts.

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