Zwingenbergers Zauber der Züge

30.1.2013, 08:17 Uhr
Zwingenbergers Zauber der Züge

© Schmitt

Knapp 200 Zuhörer im Schwabacher Stadtmuseum wissen nicht, was sie mehr rühmen sollen: Zwingenbergers überragende Fähigkeiten als Boogie- und Blues-Pianist oder seine beeindruckenden Bilder.

Eine wahre Größe

Axel Zwingenberger ist einer der international renommiertesten deutschen Musiker. Er ist ein auf allen Kontinenten gefragter Interpret und spielt mit den Größen des Musik-Business. Einer seiner bevorzugten Partner ist Charlie Watts, der Schlagzeuger der Rolling Stones.

Zwingenbergers Zauber der Züge

© Robert Schmitt

Der Abstecher in die Provinz aber war ihm wichtig. Schließlich fotografiert er seit seinem elften Lebensjahr leidenschaftlich Dampfloks. Sein erstes Bild stammt aus dem Jahr 1966 und entstand mit einer Agfa-Kleinbildkamera in seiner Heimatstadt Hamburg. Die Sonderschau zur Fleischmann-Modellbahn im Schwabacher Stadtmuseum hat Zwingenberger angelockt.

Ferien für die Gelben

Der 57-Jährige ist eine außergewöhnliche Erscheinung. Lange Haare, dunkler Anzug, rote Schuhe. Was es mit denen auf sich habe, will eine Frau aus dem Publikum wissen. „Die Gelben haben Ferien“, sagt er.

„Vom Zauber der Züge“ heißt nicht nur der erste Teil seines spektakulären Auftritts in Schwabach. Boogie-Woogie, wie man ihn gewiss noch nie gehört hat in Schwabach, zu phantastischen Fotos.

Den selben Titel trägt sein Aufsehen erregender Bildband mit 207 Farbfotos von Dampfzügen aus ganz Deutschland. Entstanden sind die Bilder vorwiegend in den 90er Jahren. Ausschließlich mit der Kleinbildkamera war Zwingenberger dabei nicht mehr unterwegs. „Oft habe ich 50 Blitze rumgeschleppt“, erzählt er. Sieben Jahre lang hat er Züge in Ost und West Deutschlands abgelichtet. Ein Bild entstand in Reichelsdorf.

Viele Blitze und ein einziger Schuss

Zwingenberger fotografierte dazu ausschließlich nachts. „Dann bestimme ich das Licht.“ In der Nähe von Rosenheim hat er auf 200 Metern alle zehn Meter einen Blitz aufgestellt. Anders käme der gigantische Dampfschweif nicht zur Geltung. Einen einzigen Schuss hat Zwingenberger mit seiner Großbild-Kamera, um das vorbeifahrende Maschinenmonster optimal einzufangen. „Dampfloks sind wie ein lebendiger Organismus“, schildert er eine innige Verbindung zu den Loks. Zwingenberger ist ein Multi-Künstler. Er malt mit dem Licht und spielt wie der Teufel.

Denn er verlässt Schwabach nicht, ohne eine zusätzliche Kostprobe seines phänomenalen Könnens am Piano gegeben zu haben. Dem „Zauber der Züge“ folgt ein über einstündiges Boogie- und Blues-Konzert, das keiner mehr vergessen wird, der dabei war.

Nur eine Frage bleibt offen. Schließlich muss ein Pianist seiner Klasse sehr viel üben. Woher nimmt er bloß die Zeit, auch noch Züge zu fotografieren? Ach, richtig: Er arbeitet ja ausschließlich nachts am Gleis.

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