Seehofer: Lage in Asylunterkünften hat sich entspannt

18.10.2014, 16:15 Uhr
Seehofer: Lage in Asylunterkünften hat sich entspannt

© Tobias Hase/dpa

Nach den teilweise verheerenden Bildern aus bayerischen Flüchtlingsunterkünften vom vergangenen Wochenende sieht Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Anzeichen einer Besserung. Es seien Fehler passiert, die nicht hätten passieren dürfen, doch diese seien sehr schnell abgestellt worden, sagte Seehofer am Samstag auf einer CSU-Veranstaltung in Nürnberg. "Die Lage hat sich jetzt im Laufe der Woche entspannt."

Seehofer verwies auf den vom Kabinett eingerichteten Krisenstab - und übte dabei öffentlich Kritik am Krisenmanagement von Sozialministerin Emilia Müller (CSU). "Das hätte auch schon früher im Ministerium erfolgen können", sagte er.

Am vergangenen Wochenende hatten einige Flüchtlinge in der Münchner Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayernkaserne im Freien geschlafen. Inzwischen wurden noch einmal zusätzliche Notunterkünfte geschaffen.

Vorbereitungen für den Winter

Seehofer bekräftige die Notwendigkeit eines Notfallplans für den Winter und seinen Willen, dafür sämtliche fast 100 Landkreise und kreisfreien Städte in die Pflicht zu nehmen. Überall sollten schon jetzt rund 200 feste Unterkünfte mit Sanitäreinrichtungen bereitgehalten und für den Ernstfall eine Verpflegung sichergestellt werden. Dann gäbe es im Winter genügend Reservemöglichkeiten.

Bei seiner Forderung nach einer Beteiligung des Bundes an den Kosten lässt der Ministerpräsident nicht locker. Falls der Bund beim ersten Asylgipfel in der kommenden Woche kein zufriedenstellendes Angebot für die Länder vorlegt, will er die Kanzlerin einschalten.

Sozialministerin Müller erklärte am Samstag, die Lage in der Münchner Bayernkaserne habe sich verbessert. Die von Bund und Ländern jetzt beschlossene vereinfachte Registrierung der Asylbewerber ermögliche es, die Ankommenden schneller auf die Bundesländer zu verteilen. Das werde Bayern entlasten.

Viel aufzuarbeiten

Doch auch die Landes- und Bundespolizei im Freistaat ist wegen der vielen Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern weiterhin gefordert. Wegen der Vorwürfe gegen Wachleute in der Münchner Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayernkaserne wird nun in vier Fällen von der Polizei ermittelt. In einem Fall soll ein 17 Jahre altes Mädchen mit einem Schlagstock verletzt worden sein, in einem weiteren sollen Sicherheitsleute Gewalt gegen ein Ehepaar und sein Baby angewandt haben. Bei den übrigen Fällen geht es um zwei Männer, die nach Streitereien geschlagen und getreten worden sein sollen.

Die Regierung von Oberbayern, die für die Verwaltung der überfüllten Unterkunft zuständig ist, hat eine eigene Untersuchung eingeleitet. Die Behörde geht aber nicht davon aus, dass es in der Bayernkaserne ähnlich gravierende Vorfälle wie in Nordrhein-Westfalen gab.

Asylbewerber im VIP-Bereich

Auch das Problem der Schleuserei bleibt dramatisch. Beim oberbayerischen Mühldorf am Inn wurde auf einem Rasthof eine Gruppe von 21 Syrern entdeckt, die ein Menschenschlepper fast 2000 Kilometer weit unter unmenschlichen Bedingen im Laderaum seines Lastwagens transportiert hatte. Eine im siebten Monat schwangere Frau musste im Krankenhaus behandelt werden. Die Syrer mussten sich auf der Fahrt von Istanbul bis nach Oberbayern zwischen die Fracht pferchen und durften wohl die ganze Zeit den Laderaum nicht verlassen. Der Lasterfahrer setzte die Flüchtlinge aus und suchte das Weite. Zwei weitere Schlepper, die in ihren Autos zehn Syrer transportiert hatten, wurden hingegen auf der Autobahn 8 bei Piding im Berchtesgadener Land gefasst.

Unterdessen wurde damit begonnen, Flüchtlinge auch im Münchner Olympiastadion unterzubringen. Die Asylbewerber sollen vorläufig im VIP-Bereich unter den Tribünen leben. Insgesamt sollen rund 180 Betten dort aufgestellt werden. Die überfüllte Bayernkaserne bleibt geschlossen, obwohl laut Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eine Verbesserung der Lage erkennbar ist. "Es sind heute mehrere Hundert Flüchtlinge weniger in der Bayernkaserne als vor einer Woche", sagte er am Freitag. "Aktuell sind noch knapp 2000 Menschen dort untergebracht."

Mindestens 900 Millionen Euro für Flüchtlinge

CSU-Chef Seehofer machte angesichts der Lage weiter Druck in Berlin: "Die Ministerpräsidenten sind sich einig, dass der Bund sich generell an den Kosten beteiligen und das zu einer Gemeinschaftsaufgabe mit Ländern und Kommunen machen soll", sagte Seehofer am Freitag nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Potsdam. Dabei geht es nicht nur um die Kosten der Unterbringung, wie Seehofer aufzählte - sondern auch "um die medizinische Versorgung, die Vorbeugung und den Schutz vor Seuchen bis hin zum Wachdienst".

Allein im bayerischen Staatshaushalt sind in den nächsten beiden Jahren 900 Millionen Euro für Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge eingeplant. Diese Summe wird jedoch wegen des Anstiegs der Flüchtlingszahlen mutmaßlich nicht ausreichen. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) hat unterdessen eine neue Stabsstelle eingerichtet, die die Schulen unterstützen soll, die besonders viele Flüchtlingskinder unterrichten.

Der Artikel wurde am 18. Oktober um 16.15 Uhr aktualisiert.

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