"Sie sind verstorben!" Bank zieht Karte einer Rentnerin ein

21.10.2015, 19:30 Uhr

© Foto: Gisa Spandler

Genau das ist Christel R. tatsächlich passiert, und sie findet es gar nicht lustig. Der Albtraum begann am 10. September. Bis dahin hatte die Witwe Monat für Monat und ohne Probleme eine Hinterbliebenenrente von zuletzt 642 Euro bezogen, die ihr seit dem Tod ihres Mannes 1998 zusteht. Auch die erste Frau ihres Gatten erhielt eine Witwenrente, wenn auch eine wesentlich kleinere, weil sie mit dem Diakon nicht so lange verheiratet war wie Christel R.

Karte wurde am Automaten eingezogen

Wie gewohnt wollte Frau R. vor gut sechs Wochen Geld vom Bankautomaten der Evangelischen Bank in Rummelsberg ziehen, doch dann geschah, was ihr einen kleinen Schock versetzte und was sich bis heute nicht aufklären ließ: Sie büßte ihre Karte ein und erhielt kein Geld.

Der Bank, das betont die 82-Jährige, mache sie keinen Vorwurf. Die Urlaubsvertretung, die im September das Büro besetzte, war sehr bemüht, ihr zu helfen, wollte ihr am Ende sogar Geld borgen. Und trotz aller Verwirrung hat die Szene wohl nicht einer gewissen Komik entbehrt, als die Bankangestellte versicherte: „Dieses Konto ist ein Nachlass-Konto“, worauf Christel R. entgeistert fragte: „Machen Sie Witze?“

Schließlich rief die Mitarbeiterin bei der Deutschen Rentenversicherung in Gera an und bat um Auskunft. Doch zunächst kam es noch dicker. Als sie den Zuständigen dort erklärte, dass die Dame, der sie die Rente nicht auszahlen sollte, weil sie nach Informationen der Versicherung nicht mehr lebte, leibhaftig vor ihr stünde, verlangte Gera — wie könnte es in Deutschland anders sein — einen Nachweis. An Geld war zunächst also nicht zu denken, denn die Karte konnte „aus Sicherheitsgründen“ erst nach vier Tagen aus dem Automaten geholt werden.

Unabhängig von den Geschehnissen bekam R. zwischenzeitlich einen Brief von der Rentenversicherung, in dem ihr die freudige Mitteilung gemacht wurde, dass sich ihre Rente ab November erhöhen sollte, für September und Oktober werde sie eine Nachzahlung erhalten. Als sich dann auch noch herausstellte, dass die erste Frau ihres Mannes am 11. August verstorben war — und eben nicht sie selbst —, glaubte die 82-Jährige, das sei des Rätsels Lösung, mit dieser Information würde die Rentenkasse alles aufklären können. Eine Verwechslung, ganz klar, und da die erste Gattin nun den Rentenanteil nicht mehr kassieren kann, stünde ihr wohl ab November die ganze Rente zu.

Doch eine Kontrolle ihrer Kontoauszüge machte diese Hoffnungen wieder zunichte. Aus denen ging nämlich hervor, dass die Rentenversicherung sich Anfang September zwei Summen „zurückgebucht“ hat, einmal 598 Euro und dann 817 Euro. „Da wurde ich langsam nervös“, bezeichnet R. rückblickend ihre Gefühle. Nach einem langen Brief an die Versicherung mit der Aufforderung, die Summen wieder auf ihr Konto zu buchen, herrschte erst einmal Funkstille.

Dann kam — allerdings von der Auszahlungsstelle, nicht von der Sachbearbeiterin — noch einmal die Mitteilung, dass sie ab November eine größere Witwenrente erhalten würde, von den Rückbuchungen hörte sie keinen Ton. „Da weiß doch die eine Hand nicht, was die andere tut“, empört sich Christel R. und hat wohl recht.

Im Nachhinein reimt sie sich die Vorgänge so zusammen: Die beiden Abbuchungen hätten eigentlich vom Konto der verstorbenen ersten Frau ihres Mannes abgebucht werden sollen, weil die ja keine Rentenempfängerin mehr ist. Die Rentenerhöhung wiederum geht auf die Tatsache zurück, dass sie nun die gesamte Summe erhält, weil nichts mehr an die erste Frau des Gatten geht. „Aber dann müssen die doch wissen, dass ich lebe“, folgert R. leicht verzweifelt.

817 Euro zurücküberwiesen

Neueste Entwicklung Anfang Oktober: Eine der beiden obskuren Summen, die ihr Anfang Oktober abgebucht wurden, die 817 Euro, wurden zurücküberwiesen. Auf ihre reguläre Oktober-Rente aber wartet sie bis heute. Auf eine weitere Nachfrage allerdings teilte man ihr mit, dass die kleinere Summe angewiesen und bald auf dem Konto eingehen müsste. Doch auch dies ist nicht geschehen. Um die Verwirrung komplett zu machen, erhielt sie auch noch ein Schreiben, in dem ihr beschieden wurde, dass noch geprüft werde, ob ihr auch die größere Summe von 817 Euro zustünde. Die ist aber ja längst wieder auf ihrem Konto eingegangen.

Christel R. ist von Natur aus kein Nervenbündel, aber dieses Hin und Her und die Ungewissheit, verbunden mit der schockierenden Auskunft, sie sei verstorben, steckt auch sie nicht so ohne weiteres weg. „Das ist schon ein blödes Gefühl“, gesteht sie, „ich brauche jetzt immer Baldrian, sonst kann ich gar nicht mehr schlafen.“

 

6 Kommentare