Sitzplatzreservierung bei der Nürnberger S-Bahn klappt nicht

25.2.2018, 15:00 Uhr
Sitzplatzreservierung bei der Nürnberger S-Bahn klappt nicht

© Foto: Martin Busbach, Deutsche Bahn

Der Startbildschirm des Ticketautomaten grüßt freundlich: "Herzlich Willkommen. Wohin soll die Reise gehen?" Ich stehe am Nürnberger Hauptbahnhof und entscheide mich für eine Fahrt nach Erlangen. Auf der Strecke der S-Bahn-Linie 1 fahren die meisten Berufspendler im S-Bahnnetz und auch viele Studenten – gut, denke ich, wenn sich vorab ein Sitzplatz buchen lässt.

Um 7.11 Uhr soll eine S-Bahn fahren. Das Ticket kostet 4,80 Euro. So weit, so gut. Aber wo lässt sich jetzt eine Sitzplatzreservierung hinzufügen? Vielleicht unter der Option "Weitere Fahrkarten"? Fehlanzeige. Ich klicke mich noch einige Minuten vergeblich durch das Menü und suche schließlich Hilfe am Service-Punkt der Deutschen Bahn.

Unverständnis am Fahrkartenschalter

Der Herr am Schalter reagiert auf meine Frage, wie ich einen Sitzplatz für die S-Bahn buchen kann, verdutzt. "Für die S-Bahn?", erkundigt er sich ungläubig. Seine Kollegin klärt ihn auf: "Das ist neu." Sie empfiehlt, es erneut am Ticketautomaten zu versuchen – mithilfe der Suchfunktion.

Das Suchfeld ist auf dem Startbildschirm oben rechts zu finden. Nachdem ich den Begriff "Reservierung" eingegeben habe, kann ich schließlich einen Platz buchen. Einen Euro solle das kosten, erklärte die Bahn am 5. Februar – unabhängig davon wie viele Stationen der Reisende fährt. 40 Euro im Jahr zahlen Abonnenten eines Jahrestickets; dafür können sie dann täglich einen gewohnten Sitzplatz einnehmen.

Ich wähle erneut mein Ziel, den Erlanger Hauptbahnhof, und meine S-Bahn um 7.11 Uhr. "Für Verbindungen des Nahverkehrs sind momentan keine Platzreservierungen möglich", teilt mir der Bildschirm plötzlich mit. Ich stutze. Ist der Zug womöglich schon voll und alle Plätze im Reservierungsbereich vergeben?

Sitzplatzreservierung bei der Nürnberger S-Bahn klappt nicht

© Foto: Christiane Krodel

Ich steige in meine Schnellbahn und bin überrascht. Die für Reservierungen vorgesehenen Plätze sind zur Hälfte leer. Auf einem sitzt eine Studentin. Sie hat bereits von dem neuen Angebot der Deutschen Bahn gehört, würde es aber nicht nutzen. Es fehlt ihr die Notwendigkeit. "Es ist meistens ein Platz da." Selbst wenn sie einmal stehen müsste, ist dies nicht tragisch. "Ich sitze schon genügend in der Uni."

Eine junge Frau erzählt, dass sie von Hersbruck nach Bubenreuth fährt. Weil viele Reisende erst in Nürnberg zusteigen, finde sie immer einen Platz. Würde sie aber täglich pendeln und eine lange Strecke fahren, würde sie das Geld für eine Reservierung ausgeben.

Im Fürther Bahnhof steigen weitere Reisende zu – darunter auch eine Frau Mitte 40. Darauf angesprochen, dass sie in einem Reservierungsbereich Platz genommen hat, schaut sie erstaunt an der Wand hoch. Ein blaues Schild erklärt dort: "Diese Plätze bitte bei Bedarf für Reisende mit Sitzplatzreservierung freimachen."

Die Passagierin scheint das Schild vorher noch nicht wahrgenommen zu haben. Den zusätzlichen Euro würde sie nicht ausgeben, sagt sie. Für ihre Fahrt von Fürth nach Baiersdorf müsse sie schon fünf Streifen abstempeln – umgerechnet seien das sechs Euro. Außerdem müsse sie ohnehin nie stehen.

Am Erlanger Bahnhof angekommen, will ich wieder zurückfahren. Vielleicht klappt es nun mit der Reservierung. Doch unabhängig davon, welche der nächsten sechs S-Bahnen ich wähle, es lässt sich kein Platz reservieren. Immer wieder erscheint die Nachricht: "Für Verbindungen des Nahverkehrs sind momentan keine Platzreservierungen möglich." Ich bin genervt. Über die Option Fahrplanauskunft klappt es dann doch. Für die S-Bahn um 8.44 Uhr kann ich schließlich einen Sitzplatz wählen. Ich füttere den Automaten mit einem Euro und erhalte ein Ticket – für den Regionalexpress um 10.02 Uhr. Ich gebe auf.

Die Bahn will erst in Monaten Bilanz ziehen

Die Bahn spricht von einem technischen Problem an den Ticketautomaten, das es derzeit gebe. "Da sind wir dran", erklärt eine Sprecherin der Deutschen Bahn auf NZ-Nachfrage. Eine Prognose, wann es behoben sein wird, wagt sie nicht. Einzeltickets können derzeit nur im Reisezentrum gebucht werden. Die Reservierung eines Dauersitzplatzes, die über das Internet möglich ist, würde aber funktionieren, meint sie. Wie viele das Angebot bereits wahrgenommen haben, kann sie nicht sagen. Mitte des Jahres wolle man Bilanz ziehen.

Der Fahrgastverband Pro Bahn sieht die Sitzplatzreservierung bei Schnellbahnen sehr kritisch. Das Problem: In der Nürnberger S-Bahn erkennt der Reisende nicht, ob der Platz schon reserviert ist. Im Fall eines Falles muss er wieder aufstehen. Hier sieht Lukas Iffländer vom Verband mehr "Konflikt- als Gewinnpotenzial". Seine Bewertung beruht auf Erfahrungen mit Reservierungen im ICE. Leuchtet auf der digitalen Anzeige lediglich die Information "gegebenenfalls freigeben" auf, komme es unter den Reisenden schon mal zu Diskussionen. Wie in der S-Bahn ist auch hier eine Belegung des Platzes vorab nicht zu erkennen.

Negative Rückmeldungen zur Platzreservierung hat der Verband bereits erhalten – jedoch wegen eines ganz anderen Problems, erzählt Iffländer. Auf der Reservierung ist zwar der Sitzplatz angegeben, aber nicht in welchen der beiden Zugteile der Reisende einsteigen muss.

Verwandte Themen


5 Kommentare