Spektakuläre Übung: ICE geht auf Brücke in Flammen auf

21.10.2017, 15:19 Uhr
Was tun, wenn ein ICE mit einem Baufahrzeug kollidiert? Diese Situation probten die Einsatzkräfte in Oberfranken.

© Arno Stoffels Was tun, wenn ein ICE mit einem Baufahrzeug kollidiert? Diese Situation probten die Einsatzkräfte in Oberfranken.

Wenige Wochen vor der Eröffnung der neuen ICE-Strecke von Nürnberg nach Berlin trainierten Feuerwehren, Technisches Hilfswerk, Wasserwacht und Bundespolizei auf dem Abschnitt Ebensfeld - Erfurt erstmals die Rettung von Verletzten aus einem brennenden Zug auf einer Brücke.

Notfälle in Tunneln wurden bereits mehrfach simuliert. Das Szenario auf der 798 Meter langen und 65 Meter hohen Talbrücke über den Froschgrundsee an der Grenze zu Thüringen sah nun vor, dass ein ICE aus Richtung Nürnberg auf der Talbrücke mit einem Baufahrzeug kollidiert. Dabei werden durch die Notbremsung des ICE zehn Fahrgäste zum Teil schwer verletzt. Ebenso drei der Bauarbeiter, die sich versehentlich auf dem falschen Gleis aufgehalten hatten. Auch sie werden schwer beziehungsweise tödlich verletzt. Ein weiterer Mitarbeiter der Baufirma wird nach dem Unfall vermisst und muss zu Lande und im Wasser gesucht werden. Der ICE fängt zudem an der Spitze zu brennen an.

"Ich wünsche mir wirklich nicht, dass einmal das Eintritt, was wir hier trainieren", so der Coburger Landrat Michael Busch. Auch der Kreisbrandinspektor Stefan Zapf erklärte im Vorfeld, dass Rettungsarbeiten auf einer Brücke deutlich anspruchsvoller sind als in einem Tunnel. "Für diesen Fall ist eigentlich alles in trockenen Tüchern", so Zapf. Über 5000 Feuerwehrler wurden in den letzten Jahren entsprechend geschult, spezielles Material angeschafft.

Tatsächlich zeigte sich bei der bayernweit einzigartigen Katastrophenübung auf der Talbrücke schnell, vor welchen Herausforderungen Rettungskräfte in einem solchen Fall stehen würden. Im Unterschied zum Tunnel ist es eng auf dem Bauwerk, es gibt keine extra für die Rettungskräfte angelegten breiten und befahrbaren Wege.

Eine Elektroversorgung fehlt ebenso wie Beleuchtung oder fest installierte Löschwasserleitungen. Das liegt laut Zapf und Mike Fügel von der Bahn-Infrastrukturtochter DB Netz daran, dass Brücken gemäß der Vorschriften grundsätzlich behandelt werden wie ein gewöhnlicher Abschnitt auf einer offenen Strecke und entsprechend deutlich weniger Vorgaben für den Notfall gemacht werden. So sind die ersten Helfer der Feuerwehr bei der Übung zwar wenige Minuten, nachdem um 9.49 Uhr Alarm ausgelöst wurde, vor Ort. Schnell werden von ihnen andere Feuerwehren und das Technische Hilfswerk verständigt.

Bereits zehn Minuten nachdem die Sirenen geheult haben, fahren auf den Straßen Dutzende Einsatzfahrzeuge Richtung Unglücksort. Auch die Bergung der Verletzten beginnt zügig, auch wenn der Abtransport über 500 Meter hinweg für die Helfer schwierig und körperlich fordernd ist. Der erste trifft so 40 Minuten nach Beginn der Übung auf dem improvisierten Rettungsplatz am nördlichen Brückenende ein. Aber bis die Löschwasser-Zufuhr steht, vergehen fast eineinhalb Stunden: Eine rund einen Kilometer lange Schlauchleitung musste dafür vom Froschgrundsee seitlich bis nach oben zu den Gleisen verlegt werden.

"Darüber werden wir mit der Bahn sprechen"

"Einfach senkrecht nach oben geht nicht", sagt Zapf. Der Wasserdruck würde dann so groß, dass die Kupplungen der Schläuche bersten. Das so lange nicht am Zug gelöscht werden kann ist auch für Zapf ein unbefriedigender Zustand. Ebenso wie die Tatsache, dass auf der Brücke zwischen den Gleisen zusätzlich eine niedrige Lärmschutzwand installiert wurde, die aber keinerlei Durchlässe für Rettungskräfte bietet, so dass die Helfer nur von einer Seite an den Zug kommen.

Außerdem wünschen sich die Experten die Einrichtung von Rettungsplätzen am Süd- und Nordende der Brücke mit entsprechenden Zufahrtswegen und dort deponierten Rollwägen, um schnell Material zu einem verunglückten Zug bringen und die Verletzten abtransportieren zu können. So muss erst alles mühsam herbeigeschafft werden. Vor allem im Winter hätten die Rettungskräfte dabei eventuell mit meterhohen Schneebergen zu kämpfen, um überhaupt an die Gleise zu kommen. "Darüber werden wir mit der Bahn sprechen", so Zapf am Ende der Großübung.

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