Berufsparcours bringt Mittelschüler zur Arbeitswelt

19.10.2017, 06:05 Uhr
Berufsparcours bringt Mittelschüler zur Arbeitswelt

© Viola Bernlocher

Rund 800 Mittelschüler der siebten und achten Jahrgangsstufen aus dem gesamten Landkreis sind an den beiden Parcours-Tagen in der Treuchtlinger Senefelder-Schule unterwegs. Mit einem Laufzettel in der Hand gehen sie von Station zu Station – wohin genau, das dürfen sie selbst entscheiden.

In Kooperation mit der Hermann-Gutmann-Stiftung und dem staatlichen Schulamt hat die Arbeitsagentur auch dieses Jahr wieder den Berufsparcours organisiert. Seit neun Jahren findet er im Rahmen des Projekts Mittelschule-Arbeitswelt-Partnerschaft (MAP) statt. Die Idee hatte Karin Ressel vom Technikzentrum Minden-Lübbecke – und sie ist auch vor Ort, um zu schauen, dass alles glatt läuft.

An den Stationen bieten lokale Firmen kleine Aufgaben an, die typisch für den Ausbildungsberuf sind, den sie vorstellen. Bei Gutmann Aluminium Draht etwa sollen die Schüler nach einer Vorlage aus einem dicken Draht ein Herz biegen, dessen Enden sich an der Spitze kreuzen. Wer unten anfängt, hat eigentlich schon verloren, erklärt Karl Scheuer, der Gutmann-Mitarbeiter und Projektkoordinator ist.

Gesucht werden Azubis, die mitdenken. Richtig wäre, den Eisendraht erst einmal in der Mitte zu biegen, und dann wieder nach unten in Richtung der Spitze zu formen. Übungen wie diese geben den Schülern die Möglichkeit, zu sehen, ob der Beruf etwas für sie ist, aber auch den Firmen, ob der Schüler für ein Praktikum und später für eine Ausbildung in Frage käme.

„Innerhalb von zehn Minuten kann man erkennen, ob ein Schüler für einen bestimmten Beruf eine Begabung hat, oder nicht“, erklärt Ressel, und auch, ob er dem potenziellen Arbeitgeber sympathisch sei. „20 bis 50 Jugendliche, die begabt und sympathisch wären, kann eine Firma da pro Tag etwa entdecken“, glaubt sie.

Wenn das Eis durch die Übungen am Stand erst einmal gebrochen ist und die Schüler einen der Ausbilder aus der Firma kennengelernt haben, ist die Scheu geringer, sich für ein Praktikum zu bewerben. „Man hat einen Namen, wo man anrufen kann, und kennt sich schon“, erklärt Matthias Seeger, Lehrer an der Mittelschule in Markt Berolzheim, der mit seiner Klasse da ist. Im vergangenen Jahr sind aus dem Berufsparcours an seiner Schule drei Praktika entstanden.

Denn darum geht es für die Schüler in erster Linie: Ein Praktikum zu finden, das ihren Interessen entspricht, sodass die Zeit dort nicht vergeudet ist und sie wertvolle Einblicke erhalten. „Das Praktikum muss sitzen, denn so kommen die Schüler an ihre Ausbildungsplätze“, erklärt Wilhelmine Meyer, Teamleiterin Berufsberatung bei der Weißenburger Arbeitsagentur.

Weniger Abbrecher erhofft

Dadurch, dass die Jugendlichen im Parcours die Berufe besser kennenlernen, können sie auch falsche Vorstellungen abbauen, die sie von den Berufen vielleicht hatten. Die Arbeitsagentur erhofft sich, so die Zahl der Ausbildungsabbrecher zu minimieren. Letztlich bekämen die Schüler durch das praktische Ausprobieren eine bessere Vorstellung davon, was sie wollen und was nicht und so die Möglichkeit, ihr schulisches Profil weiter an ihren Berufswunsch anzupassen, sagt Eduard Gradl vom Schulamt.

Im Parcours können die Schüler aber auch neue Berufe entdecken. Karin Ressel: „Viele Firmen kommen gar nicht erst an die Kinder ran, weil diese den Beruf nicht kennen.“ Das Projekt ist also nicht nur für die Jugendlichen eine Chance, sondern auch für die Unternehmen, ihren Nachwuchs zu sichern.

Karl Scheuer findet es deshalb schade, dass gerade bei den Handwerksberufen nur sehr wenige Betriebe vertreten sind. Die Gastronomie fehlt fast vollständig, immerhin ein Bäcker-Azubi zeigt den Schülern, wie man Gebäck einpackt. Dass es schwierig ist, Handwerker für den Parcours zu gewinnen, bestätigt auch Wilhelmine Meyer. Sie weiß aber auch: „Die Handwerker stehen unter Strom und haben volle Terminbücher.“ Schade, denn „die Elektriker und Maler berichten uns, dass sie durch den Berufsparcours deutlich mehr Bewerbungen auf ihre Ausbildungsplätze hatten.“

Besonders die Azubis stehen an den Ständen. Sie sind näher an den Schülern dran, können vermitteln und zeigen, dass man es auch mit einer Ausbildung zu etwas bringen kann und nicht immer studieren muss. Denn im Handwerk kann man ebenfalls gutes Geld verdienen, oder später den Meister- oder Techniker-Abschluss machen.

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