Treuchtlinger Parkexpress sucht neue Lokführer
14.8.2018, 06:05 UhrSonntagnachmittag, 13.30 Uhr. Der Parkexpress steht pünktlich zur Abfahrt am Bahnsteig in der Altmühlstraße bereit. Schon warten die ersten Eltern mit ihren Kindern oder die Großeltern mit ihren Enkeln darauf, ein paar Runden durch das schattige Gelände mit dem Tunnel zu drehen. Oswin Möller sitzt hinter der Lok und setzt das Gefährt in Bewegung – für ihn kein großes Problem, ist er doch im Hauptberuf Eisenbahner. Der Parkexpress ist ihm und seinen Mitstreitern eine Herzensangelegenheit, die er auch weiterhin pflegen möchte.
Nach dem Weggang des Bahnbetriebswerks in den 1970er-Jahren wollte Treuchtlingen seinen Fokus auf die Naherholung setzen. Im Heumöderntal entstand ein Waldlehrpfad – der heute mehr Wald als Pfad ist. Auf dem Verkehrsübungsplatz konnten die Kinder mit Elektrorollern herumsausen – heute üben sie vielleicht mit E-Bikes. Und im Keller des Freizeitheims am Brühl stand eine Carrera-Bahn – die auch schon Geschichte ist. Nur eine Institution hat sich seit 1971 erhalten: der Parkexpress.
An acht Sonntagen im Jahr, von Ostern bis Oktober, geht der Parkexpress mit maximal zehn Kilometer in der Stunde auf seine 250 Meter lange Runde neben den Denkmalslok. 50.000 D-Mark ließ sich die Stadt damals die Miniaturbahn kosten, sie ist auch immer noch Eigentümerin der Anlage. Der Betreiber hat in der Vergangenheit schon öfter gewechselt. In den 70er-Jahren verlangte zunächst der damalige Pächter des Kiosks 30 Pfennig für eine Fahrt. Nach seinem Tod ist die Bahn zunächst ein wenig verkommen, bis sich ein Modellbahnclub der Anlage annahm – seit 1985 ist Guido Schischka mit dabei, Oswin Möller seit 1986.
Privat die Initiative ergriffen
Der Modelleisenbahnclub hat sich dann 20 Jahre um den Betrieb gekümmert, schon damals standen die Besucher Schlange, um ihre Kinder ein paar Runden durch die Landschaft zu schicken. „Als wir mehr Helfer hatten, konnten wir auch Nachtfahrten anbieten oder sind sogar zum Weihnachtsmarkt gefahren“, erinnert sich Schischka. Das geht nur, wenn kein Schnee liegt, doch nicht viele Besucher fanden den Weg vom Schloss zum Parkexpress.
2006 kam es dann zu Unstimmigkeiten zwischen einigen Mitstreitern und dem Modellbahnclub. Die Spenden aus dem Sparschwein sind nämlich in eine Modellbahnanlage nach Solnhofen gewandert, manche hätten das Geld lieber in Treuchtlingen belassen. Vor zwölf Jahren haben also Möller, Schischka und Pierre Naupold den Betrieb als Interessengemeinschaft von Privatpersonen übernommen.
Seither dreht die Miniatureisenbahn einmal im Monat gegenüber der Denkmalslok für vier Stunden ihre Runden. Recht viel mehr Arbeitsaufwand gibt es auch nicht, außer es geht mal etwas kaputt, dann müssen kleine Reparaturen unternommen werden. Mindestens zwei Personen müssen es pro Tag sein – einer der die Lok steuert und einer, der einen Blick auf die Strecke wirft und die Bahnsteigtür kontrolliert. „Drei pro Tag ist optimal, dann kann jemand auch mal auf die Toilette gehen“, so Schischka.
Der Gärtner wird nach 35 Jahren ehrenamtlichen Engagements heuer jedoch aufhören – deshalb sucht die Interessengemeinschaft Nachfolger. Zwei haben sich bereits angekündigt, einer davon ist Martin Kufeld aus Markt Berolzheim, der schon öfter mit seinen Kindern beim Parkexpress war – und mittlerweile auch die Lok steuert. „Meine Kinder freuen sich jedes Mal riesig, wenn sie mit der Bahn fahren können. Das möchte ich auch anderen Kindern weiter ermöglichen“, sagt der gelernte Kfz-Mechaniker, der mit seinen technischen Kenntnissen auch gut zu den Eisenbahnern passt.
Technische Kenntnisse sind aber keine zwingende Voraussetzung, um die Bahn zu bedienen. Mit einem kleinen Hebel setzt sich der elektrische Zug in Bewegung, wird das „Gas“ weggenommen, kommt er zum Stehen. Ab und zu müssen die Ehrenamtlichen ältere Kinder im Blick haben und darauf achten, dass diese keinen Unsinn machen – denn sie könnten die Kleinen sonst dazu verleiten. Doch auch die Eltern oder Großeltern dürfen mitfahren, eine Altersbeschränkung gibt es nicht.
Viele Besucher sind an diesem Sonntag anscheinend zum ersten Mal vor Ort und möchten wissen, wie viel eine Fahrt für ihre Kinder kostet. „Werfen Sie einfach eine Spende ins Sparschwein“, sagt Guido Schischka. Denn Geld wollen die vier für ihren Dienst nicht. Um den Unterhalt der Strecke und die Wartung des Wagen kümmert sich der Stadtbauhof. Das gesammelte Geld geht wieder an die Kinder zurück – damit wurde schon der Förderverein der Grundschule unterstützt, die Senefelder-Schule hat einen Billardtisch bekommen und der Spielplatz an der Lok ein Spielgerät.
Seltenes Vergnügen
Seit 47 Jahren dreht der Parkexpress nun also schon seine Runden – und das unfallfrei, worauf Möller stolz ist. Es kommen auch immer wieder Eltern oder sogar Großeltern vorbei, die in ihrer Kinderzeit schon mit den Wagen gefahren sind. Auch ein paar Stammgäste gibt es, die sich jeden Sonntag in die Altmühlstraße aufmachen. Nicht zuletzt schauen Touristen vorbei und sind ganz überrascht, dass es so eine Bahn überhaupt noch gibt. „Das ist in Deutschland heutzutage ganz selten“, berichtet Schischka. Nur in Freizeitparks oder etwa im Nürnberger Tiergarten gibt es einen ähnlichen Zug – aber nicht mitten in der Stadt und auch noch kostenlos.
Für das nächste Jahr ist der Betrieb also gesichert, doch neue Mitstreiter sind jederzeit willkommen. Anfang 2019 erhalten Möller und Naupold ihre Jahresdienstpläne und können sich dann acht Sonntage freihalten, die sie nicht den großen Loks sondern dem Parkexpress widmen. 2019 wird aus bahntechnischer Sicht sowieso ein besonderes Jahr für Treuchtlingen: Dann jährt sich der Anschluss ans Eisenbahnnetz zum 150. Mal, was die Stadt mit einem großen Fest feiern möchte. Auch der Parkexpress will dabei sein.
Vor der Winterpause dreht der Parkexpress heuer noch an den Sonntagen 9. September und 7. Oktober seine Runden, jeweils von 13.30 bis 17.30 Uhr. Die Mitfahrt ist dann wieder kostenlos – aber sicher nicht umsonst.
Wer ehrenamtlich beim Parkexpress mithelfen möchte, kann Oswin Möller anrufen (Telefon 09142/8122) oder an den nächsten beiden Terminen einfach vorbeischauen.
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