Volle Blüte: Warum in Franken so wenig Bienen zu sehen sind

25.4.2018, 05:58 Uhr
Volle Blüte: Warum in Franken so wenig Bienen zu sehen sind

© Foto: Carmen Jaspersen

Wer es sich dieser Tage auf der Liege unter blühenden Bäumen im Garten bequem gemacht hat, hörte über sich kaum Summen von Bienen und anderen Insekten, dafür aber das Brummen von Heerscharen von Rasenmähern in den Nachbargärten. Denn während die Bienen noch nicht massenhaft ausgeschwärmt sind, sieht das bei den Rasenmähern ganz anders aus.

"Ab dem ersten warmen Tag waren die Leute mit dem Rasenmäher unterwegs. Den Sinn muss mir mal einer erklären. Als ob die Leute den ganzen Winter darauf gewartet hätten, das Ding endlich anzuwerfen", meint Stefan Berg, Leiter des Instituts für Bienenkunde und Imkerei an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim.

Berg hat einen besonders eifrigen Hobby-Gärtner beobachtet, der sogar die Gänseblümchen einzeln mit der Schaufel aus seinem Rasen entfernt hat. "Warum wollen eigentlich so viele dieses kurz geschorene Einheitsgrün? Es fehlt der Mut zur Vielfalt", sagt Bienenexperte Berg.

Rasen seltener mähen

Er empfiehlt, den Rasen seltener zu mähen, den Pflanzen eine Chance zum Blühen zu geben und Flächen im Garten zu lassen, an denen überhaupt nicht gemäht wird. So bekommen Bienen und andere Insekten reichlich und vor allem vielfältige Nahrung.

Dass gerade jetzt so wenige Bienen zu sehen sind, liegt allerdings nicht an den Rasenmähern, auch wenn diese den Nektar- und Pollensammlern das Leben zusätzlich schwermachen. "In der warmen Phase haben sich die Bienen noch in einem für diese Zeit typischen Massenwechsel von den Winter- zu den Sommerbienen befunden. Es gibt erst wenige der Flug- oder Trachtbienen genannten Sammlerinnen", erklärt Berg.

Die massenhafte Blüte ist in diesem Jahr also zu einem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die Bienenvölker in ihrer Entwicklung noch nicht so weit waren. Und die wenigen Bestäuber, die derzeit unterwegs sind, verteilen sich in diesem Jahr auch noch auf besonders viele Blüten.

Dass es jetzt noch so wenige Bienen gibt, heißt aber noch lange nicht, dass Millionen von Blüten unbestäubt bleiben. "Zum einen ist die Frage, ob diejenigen Bestäuber, die jetzt schon da sind, das Geschäft nicht trotzdem schaffen können. Außerdem werden sich die Bienenvölker schon in zwei bis drei Wochen enorm weiterentwickelt haben", betont Berg.

Während sich in den Bienenstöcken momentan durchschnittlich um die 15.000 Individuen tummeln, sind es im Sommer 40.000 bis 50.000. Zwar gibt es auch heuer wieder erhebliche Verluste, vor allem durch die Varroamilbe, dramatisch sind diese aber nicht. Ohnehin beobachtet man in den vergangenen Jahren ein etwas verwirrendes Schauspiel. Während man allerorten vom Bienensterben hört, wächst die Zahl der Bienenvölker seit etlichen Jahren stetig und erheblich an. Im vergangenen Jahr etwa gab es deshalb die größte Honigernte seit 1995.

"Honigbienen haben eben eine Lobby. Es gibt immer mehr Imker - und die wissen, wie man Verluste ausgleichen kann", erklärt Jürgen Tautz, renommierter Bienenforscher und Professor an der Universität Würzburg.

So kann die Honigbiene trotz aller Probleme überleben. Anders sieht das bei den mehr als 500 Wildbienenarten in Deutschland aus. "Die haben keine Lobby, denen geht es wirklich dreckig", meint Tautz. Eigentlich sei eine neue Art von Landwirtschaft nötig, mit kleineren Feldern und mehr Vielfalt. "Die Bereitschaft, auch einmal Wildkräuter auf den Feldern zu dulden, ist nicht vorhanden", sagt Tautz. "Durch die zunehmende Versiegelung haben bodenbrütende Arten zudem immer weniger Möglichkeiten, Nester zu bauen", ergänzt Stefan Berg.

Bienenvolk bildet einen Schlafsack

Wildbienen werden aber dringend benötigt, da sie auf andere Pflanzen spezialisiert sind als Honigbienen. Da sie häufig kleiner sind, gelangen sie in Blüten, die Honigbienen verschlossen bleiben. Obwohl auch Schmetterlinge, Käfer, Schwebfliegen oder Wanzen einen Teil der Bestäubung übernehmen, sind Bienen immer noch mit Abstand am wichtigsten dafür.

Deshalb versuchen die Forscher, mehr über die Tiere herauszufinden. In Ingolstadt etwa führen Würzburger Wissenschaftler seit dem Jahr 2016 ein von der Audi Umweltstiftung finanziertes Projekt durch, das einen einzigartigen Einblick in das Leben von Bienenvölkern ermöglichen soll. Nicht nur Temperatur- und Feuchtigkeitsfühler helfen dabei, sondern auch ein Roboter, der alle 15 Minuten um das Nest herumfährt und in der Dunkelheit Aufnahmen mit Wärmebild- und Infrarotkameras macht.

Eine erste wichtige Erkenntnis: In der Nacht bildet eine Schicht von Bienen einen regelrechten Schlafsack um den Kern der Kolonie. Die Tiere verhaken sich mit den Beinen ineinander und senken ihre Körpertemperatur auf die Umgebungstemperatur ab. "Bienen sind unglaublich effizient. Ein Volk kann am Tag bis zu sechs Millionen Blüten bestäuben - dazu bräuchte man 500 Kolonien Hummeln", verdeutlicht Jürgen Tautz die überragende Bedeutung der Bienen.

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