Überfällige Nothilfe des Staates für Schloss Mainberg

27.9.2017, 19:39 Uhr
Überfällige Nothilfe des Staates für Schloss Mainberg

© Daniela Harbeck-Barthel

Die lange Mainberg-Geschichte ist bis in die jüngere Vergangenheit hinein unvergleichlich wechselvoll und schillernd. Sie reicht bis ins Mittelalter zurück. Die Grafen von Henneberg und Würzburger Fürstbischöfe hielten dort Hof. Nach einer ersten Phase des Verfalls wurde das Schloss mit Beginn des 19. Jahrhunderts dann ein Zentrum bayerischen Wirtschaftslebens mit einem hohen Promi-Faktor und High-Society-Flair.

Als rettender Prinz erschien zunächst Wilhelm Sattler, der Mainberg 1822 vom Staat kaufte. Er richtetet in den weitläufigen Räumen die erste Tapetenfabrik Bayerns ein. Sein papierenes Start-up machte die verzierende Wandverkleidung für breitere Bevölkerungsschichten erschwinglich. Nach dem Sattler-Niedergang, mitten im Ersten Weltkrieg, greift wieder ein cleverer Geschäftsmann mit einem bis heute klingenden Namen zu: Ernst Sachs.

Grandiose Karriere

Der Industrielle legte unter anderem mit der Erfindung der kugelgelagerten Nabe oder dem berühmten Sachsmotor eine grandiose Karriere hin. Mainberg wurde protziger Familiensitz, der einen Vergleich mit der legendären Villa Hügel der Krupps im ferneren Essen nicht scheuen sollte. Sachs’ Sohn Willy bekam der unermessliche Reichtum offenbar nicht besonders.

Er entwickelte sich zu einem wohl verzogenen Feierbiest, der auf ausgedehnten Jagden in Unterfranken nicht nur Elch und Hirsch nachstellte. Ihm wird eine stattliche Reihe von Liebesbeziehungen unterstellt, was seine Ehefrau Elinor — sie stammt aus dem Hause derer von Opel — aus Überdruss 1935 zur Flucht in die Schweiz bewegte. Dorthin nahm sie auch ihren damals dreijährigen Sohn Gunter Sachs mit. Dieser galt später bekanntlich als der einzige deutsche Playboy von Rang und Namen. Hätte dessen Vater etwas mehr Anstand bewahrt, wer weiß, vielleicht wäre Brigitte Bardot, eine der Frauen von Gunter Sachs, mit ihrem langen blonden Haar auf Schloss Mainberg so etwas wie eine unterfränkische Prinzessin geworden.

Überfällige Nothilfe des Staates für Schloss Mainberg

© Daniela Harbeck-Barthel

Willy Sachs vergnügte sich stattdessen lieber mit verbrecherischen NS-Größen. Nach 1945 zog er sich leicht enttäuscht vom Gang der Geschichte nach Oberbayern zurück. Danach blühte Mainberg unter dem sogenannten Glatzenkönig Wilhelm Heger noch einmal kurzfristig auf. Die Blüte war aber nicht von langer Dauer, weil sich die Haarwunder-Versprechen Hegers und seiner Substanzen als allzu haarsträubend entpuppten. Justiz und Fiskus setzten diesem Spuk auf Schloss Mainberg ein jähes Ende.

Überfällige Nothilfe des Staates für Schloss Mainberg

© Daniela Harbeck-Barthel

Seit den 1960er Jahren kam nicht nur die große Historie des Schlosses ins Rutschen, auch die Mauern gerieten in Bewegung. Manche Innen- und Außenwände drohen heute einzustürzen, überall Risse und Spalten. Jeder Regenguss beschleunigt den Verfall.

Es ist kein Geheimnis in Schweinfurt und Umgebung, dass die heutige Eigentümerin nicht ganz über die Finanzmittel eines Sattlers oder Sachs’ verfügt. Schloss Mainberg steht seit langem für etliche Millionen Euro zum Verkauf. Haben will es bisher niemand.

Überfällige Nothilfe des Staates für Schloss Mainberg

© Daniela Harbeck-Barthel

Vor gut einem Jahr — reichlich spät — hat sich der Freistaat endlich bereiterklärt, die Kosten in Höhe von rund 200 000 Euro für eine aufwendige Voruntersuchung zu übernehmen. Sie sollte ein genaueres Schadensbild ergeben.

Suche nach einer Perspektive

Die obersten Denkmalpfleger des Freistaats bezeichneten die Förderung eines solchen Gutachtens in voller Höhe für ein Objekt in Privatbesitz als absolute Ausnahme. Die Bedeutung des Gebäudes sei einfach zu herausragend.

Überfällige Nothilfe des Staates für Schloss Mainberg

© Daniela Harbeck-Barthel

Wie jetzt bekannt wurde, gibt der Staat noch einmal 700 000 Euro für Notmaßnahmen zum Erhalt von Schloss Mainberg. Es sind noch längst keine Schönheitsoperationen, es geht schlicht um lebenserhaltende Eingriffe. Risse im Mauerwerk sollen geschlossen, Stützen angebracht oder Dächer abgedichtet werden. Schweinfurts Landrat Florian Töpper (SPD) sprach hoffnungsvoll von einem "wichtigen Schritt zum Erhalt des Schlosses".

Die hohen Geldbeträge fließen aus dem sogenannten Entschädigungsfonds des Kultusministeriums (dazu Beitrag unten). Land und Kommunen zahlen da jährlich jeweils 13, 5 Millionen Euro ein. Er ist eben für Instandsetzung solcher Denkmäler oder die Entschädigung von Eigentumsbeschränkungen da, die sich aus solchen geschützten Gebäuden in Privathand ergeben.

Rosi Steinberger, Landtagsabgeordnete der Grünen und denkmalpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, mahnt nun eine "langfristige Perspektive" für das heruntergekommene Sorgenschloss, ein Wahrzeichen Unterfrankens, an. Man brauche einen runden Tisch mit allen Beteiligten. Eine Möglichkeit wäre es, so Steinberger, Schloss Mainberg in das Eigentum des Freistaats zu überführen.

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