Verurteilte Richterin verließ wutentbrannt den Gerichtssaal

28.11.2014, 15:45 Uhr
Wütende Richterin: "Können sie langsam zum Schluss kommen - ich habe heute noch etwas anderes zu tun."

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa Wütende Richterin: "Können sie langsam zum Schluss kommen - ich habe heute noch etwas anderes zu tun."

 

Wutentbrannt steht die Richterin noch während der Urteilsverkündung auf und verlässt den Gerichtssaal. Sie selbst hatte den Urteilsspruch nicht vorgetragen. Die Juristin saß diesmal auf der Anklagebank - ohne Robe. "Können sie langsam zum Schluss kommen - ich habe heute noch etwas anderes zu tun", fuhr sie am Freitag sichtlich aufgebracht den Richter am Amtsgericht Augsburg an.

Der hatte seine Kollegin zuvor wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe in Höhe von 19.500 Euro verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts hat die 57-Jährige als Vorsitzende eines Sportvereins unrechtmäßig Spendenquittungen für sich selbst und ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder ausgestellt und so den Staat belastet. "Sie haben ohne gesetzliche Grundlage bestimmt, dass der Staat Geld gibt", sagte Richter Michael Nißl. "So eine gesetzliche Regelung gibt es nicht - und das wussten sie." Die Grenzen des Rechts kennen und sich bewusst darüber hinwegsetzen - dieses Verhalten sei "gerade für einen Juristen unwürdig", kritisierte der Amtsrichter seine Kollegin.

Nißl warf ihr zudem vor, dass sie auch während des Prozesses keine Einsicht zeigte und beharrlich blieb. Als er sagte, "da schwingt ein Stück Selbstherrlichkeit mit", hatte die Angeklagte genug. Nach Angaben des Gerichts können Spendenbescheinigungen nur ausgestellt werden, wenn zwischen dem Verein und dem Spender ein Vertrag geschlossen wurde. Wenn aber von vorneherein klar ist, dass der Verein eine Aufwandsentschädigung nicht auszahlen wird, sei dies unzulässig.

Dies sei in diesem Fall so gewesen, warf der Richter der Angeklagten vor. "Von Anfang an war klar, dass vom Verein kein Geld fließen wird." Stattdessen habe man in die Kasse der Allgemeinheit gegriffen, um die Ehrenamtlichen zu entschädigen. Nach Angaben des Gerichts hat die Spendenpraxis in ihrem Verein die Angeklagte inzwischen rund 20.000 Euro gekostet.

150 Tagessätze à 130 Euro

Am Freitag wurde die 57-Jährige auch im Zusammenhang mit einer Umsatzsteuererklärung für ein privates Wohn- und Geschäftshaus wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Die Geldstrafe beträgt insgesamt 150 Tagessätze à 130 Euro. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Wer zu mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wird, gilt als vorbestraft.

Ob das Urteil weitere Konsequenzen für die Juristin haben kann, blieb in dem Prozess offen. Das Justizministerium in München äußerte sich zunächst nicht dazu, ob die Entscheidung zu einem dienstrechtlichen Verfahren führen kann. Die Angeklagte, die bei dem Urteil ohne Verteidiger auftrat, hatte in ihrem Schlussvortrag alle Vorwürfe zurückgewiesen. "Meines Erachtens liegt in keinem Fall Steuerhinterziehung vor", sagte sie. Und: "Ich halte mich von Berufs wegen an Gesetze."

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