Vor 200 Jahren in Fürth geboren: Jacob Henle

10.7.2009, 00:00 Uhr
Vor 200 Jahren in Fürth geboren: Jacob Henle

Jacob Friedrich Gustav Henle wurde am 19. Juli 1809 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Fürth geboren. Seine Mutter war die Tochter eines jüdischen Gelehrten aus Baiersdorf. Die Henles blieben nur bis zum Jahr 1815 in Fürth, dann zogen sie weiter nach Mainz, später nach Koblenz, wo Jakob das Gymnasium beendete. Seit November 1827 studierte er an der Universität Bonn Medizin, später in Heidelberg und in Bonn. Im April 1832 erwarb er den Doktor der Medizin, im Jahr darauf legte er in Berlin das Staatsexamen ab.

Damals begannen schwere Jahre, die «Demagogenverfolgungen» des Vormärz, die so viele ehrliche Demokraten ins Gefängnis brachten. Auch Henle geriet in ihr Visier. Er wurde seiner Anstellung an der Universität enthoben und sogar ins Gefängnis geworfen. Der große Naturforscher Alexander von Humboldt setzte sich für ihn ein und so kam Henle frei und konnte sich in Bonn habilitieren. 1840 wich er in die Schweiz aus. In Zürich traf er mit zwei bedeutenden fränkischen Medizinern zusammen: mit Johann Lukas Schönlein und Karl Pfeufer, zwei Klinikern aus Bamberg. Mit Pfeufer blieb er viele Jahre verbunden, beide gaben die «Zeitschrift für rationelle Medizin» heraus.

Henle beschäftigte sich als Anatom namentlich mit mikroskopischen Details. In seiner wissenschaftlichen Arbeit behandelte er die Epithelien, so nannte Henle die Zellverbände, die alle äußeren wie auch die inneren Oberflächen des Körpers bekleiden, selbst die Blutgefäße. Er untersuchte die Niere mikroskopisch und fand in der Säugetierniere eine wichtige Struktur, die seither nach ihm benannt ist: die Henle’sche Schleife (engl. Henle’s loop), eine u-förmige Krümmung in den winzigen Nierenkanälchen.

Weniger bekannt, doch nicht weniger bedeutsam, war seine Beschäftigung mit den Infektionskrankheiten, die noch im 19. Jahrhundert so viele ins Grab rissen. Henle – und später seinem Schüler Robert Koch – gelangen bahnbrechende Einsichten. Henle war überzeugt, dass eine Vielzahl von Krankheiten von Erregern verursacht wurde. Er bezeichnet sie als «Contagium animatum», als belebten Ansteckungsstoff. «Das Contagium ist die Krankheitsursache», schrieb er in seinem Buch «Von den Miasmen und Contagien» (1840). Auf diesen Erkenntnissen baute Robert Koch auf. Nach Henle und Koch sind Postulate benannt, dank derer Bakteriologen die Bedeutung von krankmachenden Mikroorganismen bestimmen können.

Es begann das Zeitalter der Bakteriologie, später auch der Virologie – neue Fachgebiete, welche der Medizin große Fortschritte brachten. Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts betrug die Lebenserwartung nicht einmal 30 Jahre. Gestützt auf die Einsichten gelang es, die Sterblichkeit zurückzudrängen.

Henles wissenschaftliche Tätigkeit behinderte seine Bekanntschaft mit dem anderen Geschlecht. Erst im Jahr 1846 ging er die Ehe ein. Seine junge Frau war krank, sie litt an Tuberkulose, und starb zwei Jahre später, im Februar 1848. Im folgenden Jahr verlobte der 40-jährige Gelehrte sich mit Marie Richter, der Tochter eines preußischen Offiziers. Henle setzte zwei Kinder in die Welt, einen Sohn und eine Tochter.

Seit 1852 unterrichtete Jacob Henle an der Universität Göttingen, sie wurde zu seiner letzten und ruhmreichsten Arbeitsstätte. Er verfasste bedeutende Lehrwerke. Seine «Allgemeine Anatomie» (1841) war die erste systematische Abhandlung der Gewebelehre (Histologie), sein zweibändiges «Handbuch der rationellen Pathologie», das zwischen 1846 und 1853 erschien, begründete dieses Fachgebiet in seiner modernen Form. Zwischen 1855 und 1871 erschien sein dreibändiges «Handbuch der systematischen Anatomie des Menschen». Henles Bibliografie umfasst 84 Titel; er gehörte rund fünfzig gelehrten Gesellschaften als Mitglied an.

Jacob Henle starb, hochgeehrt, am 13. Mai 1885 in Göttingen, der Stadt, die ihm zur zweiten Heimat geworden war.

Zum 200. Geburtstag von Jakob Henle ist von heute (10. Juli) bis 10. September im Foyer des Klinikums Fürth eine Ausstellung zu sehen. Titel: Bürgerliches Leben und «rationelle Medicin».

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