Der Bund soll Geld von den Pappenheimer Grafen zurückfordern

10.8.2018, 08:54 Uhr
Der Bund soll Geld von den Pappenheimer Grafen zurückfordern

© Jan Stephan (Archivfoto)

Mangelnde Ausdauer kann man der Schwabacher Abgeordneten Helga Schmitt-Bussinger kaum vorwerfen. Sie hat sich in die Frage der Recht­mäßigkeit der Pappenheimer Schlosssanierung regelrecht verbissen. Das Thema kam im Landesdenkmalrat auf den Tisch, es war Gegenstand von Anfragen und Plenarsitzungen im Landtag und sorgte für eine Diskussion im Bayerischen Rechnungshof. Jetzt springt die SPD-Abgeordnete, die mit Ablauf der Legislaturperiode im Oktober ihre politische Karriere beendet und sich ein wenig Altersmilde leisten könnte, eine Ebene höher.

In einem Brief bittet sie Kay Scheller, den Vorsitzenden des Bundesrechnungshofs, sich die Mittelverwendung in Pappenheim anzusehen. Die Gelder  aus dem Topf der Städtebauförderung seien schließlich Bundesmittel. Die bisherigen Bemühungen Schmitt-Bussingers, Unstimmigkeiten bei der Fördermittelverwendung aufzudecken, hatten überschaubaren Erfolg. Die Prüfung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) hatte am Ende zur Folge, dass Schlossherr Dr. Albrecht Graf von und zu Egloffstein eine „geringe Summe“ zurückzahlen musste. Wie hoch diese war, ließen die Behörden offen. Keine große Sache jedenfalls angesichts ei­nes Bauvolumens von 1,8 Millionen, das mit 1,3 Millionen Euro an öffentlichen Fördergeldern finanziert wurde.

Die Prüfung durch das Landesamt allerdings war nicht geeignet, das Misstrauen zu zerstreuen. Nicht nur, dass die Behörde fast ein Jahr brauch­te, um zu einem Ergebnis zu kommen. Die Offenlegung des Berichts wurde auch mehrfach verschoben. Und am Ende gab es nur eine dürre Stellungnahme. Außerdem prüfte sich die Behörde im Grunde selbst. War doch eine der Kernpunkte der Kritik, dass das BLfD die Sanierungsmaßnahme nicht ausreichend kontrolliert hatte. Details der Prüfung wolle man erst bekannt geben, wenn der Bescheid rechtskräftig ist, hieß es im Februar. Details der Prüfung hat man seitdem nicht gehört.

Schmitt-Bussingers Ansatzpunkt ist nun, dass sich die Prüfung durch das BLfD nicht auf die Gelder bezieht, die über die Städtebauförderung ausbezahlt wurden. Für die gibt es eine schriftliche Sanierungsvereinbarung, zwischen der Stadt und dem gräflichen Haus. Und gegen die hat die Grafenfamilie mehrfach nachweislich verstoßen. Am augenscheinlichsten ist, dass die heutige Frontseite des Schlosses zum Marktplatz der Stadt unsaniert ist. Saniert hat die Familie da­gegen die Fassadenseite, die in ihre private Parkanlage schaut. Die Vereinbarung sieht allerdings vor, dass die Fassadensanierung nach Gebäudetrakten vonstattengehen sollte, also Westflügel, Ostflügel, Mittelteil, einer nach dem anderen „vorne und hinten“ saniert werden sollten.

Zumindest mit der Stadt wurde die Sanierungsreihenfolge nicht besprochen und schon gar nicht wurde der Vertrag geändert. Nun ist das Geld verbaut und die Fassade, die das Pappenheimer Stadtbild prägt, ist un­saniert geblieben. Unvorhersehbare Kostenmehrungen habe es gegeben, deswegen sei das Geld früher weg gewesen als geplant, heißt es. Die Grafenfamilie hat bereits Anträge auf neue Fördergelder gestellt.
Die Stadt Pappenheim hat inzwischen Fördermittel in Höhe von 42000 Euro zurückgefordert. Die Grafschaft allerdings zahlt nicht. Die Sa­che ist inzwischen vor Gericht. Eine Entscheidung dürfte in den nächsten Monaten fallen.

Schmitt-Bussinger geht mit ihrer Forderung nun noch weiter. Sie fordert, dass alle bislang ausgezahlten Fördergelder der Städtebauförderung in Höhe von 197650 Euro zurückgezahlt werden. „Wenn Graf Egloffstein mit Steuergeldern nicht das saniert, was vereinbart war, dann muss er sie zurückzahlen“, stellte sie fest. „Und wenn er sich weigert, muss es von höherer Stelle beschieden werden.“ Die Pappenheimer Grafenfamilie selbst schweigt in der Sache weiter beharrlich. Eine Bitte unserer Zeitung um Stellungnahme blieb unbeantwortet.

Der Kommentar

Das große Schweigen im Schloss

Im Zuge der Schlosssanierung gibt es allerlei Fragwürdigkeiten. Nicht nur was die Sanierung anbetrifft, sondern auch was das Verhalten der Behörden angeht. Transparenz sieht jedenfalls anders aus. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass einem Menschen, der nicht zu einer der ältesten deutschen Adelsfamilien Deutschlands gehört, nicht ganz so zuvorkommend begegnet werden würde, wenn er mit öffentlichem Geld Dinge macht, die man anders vereinbart hatte.

Nun hat all das vermutlich Gründe. Womöglich sogar gute. Nur erfährt kein Mensch, warum die Grafenfamilie dann doch lieber die „private“ Fassadenseite saniert hat und die „öffentliche“ weiter abgerissen daherkommt. Es erfährt keiner, warum das Geld so erheblich früher ausging, als geplant, und es erfährt auch keiner, ob man zumindest darauf hoffen kann, dass die Frontseite eines Tages noch fertig saniert wird. Die Grafenfamilie hält – nicht nur in dieser Sache – an ihrer PR-Idee fest, die Sache einfach auszusitzen.

Es gibt Fälle, in denen das funktioniert. Dieser gehört aber offensichtlich nicht dazu. Weil es mit Helga Schmitt-Bussinger eine Politikerin gibt, die sich in das Thema verbissen hat und den Job macht, für den sie bezahlt wird. Sie weist auf Dinge hin, die nicht so laufen, wie sie laufen sollten. Das Totschweigen funktioniert auch deshalb nicht, weil es Medien gibt, die ihren Job machen und über Dinge berichten, die nicht so laufen, wie sie laufen sollten.

Das Schweigen im Schloss ist davon unbeeindruckt allerdings weiter groß. Und das ist ärgerlich. Die Familie hat mit der Pflege ihres baulichen Erbes eine große Aufgabe, die sie über Jahrzehnte hinweg mit großem Engagement durchaus bewundernswert erfüllt hat, und es ist richtig und gut, dass die öffentliche Hand beim Denkmalschutz großzügig hilft. Aber: Wenn man sich von der Allgemeinheit helfen lässt – mit 1,3 Millionen Euro – dann hat man auch die Verpflichtung, Fragen zu beantworten, wenn sich welche stellen. Und das tun sie.

Wer das nicht verstehen mag, lebt in einer anderen Zeit. In einer, in der sich Schlossbesitzer nicht erklären mussten, sondern tun durften. Fehleinschätzungen, Fehler oder Pannen können passieren und sie können irgendwann auch ad acta gelegt werden. Aber nur, wenn man sie sich auch einmal eingesteht und sie einräumt. Das wäre der erste Schritt, um die leidige Debatte um die Schloss­sanierung zu einem guten Ende zu bringen.

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