Google lässt Inder an der Altmühl stricken

20.2.2017, 12:00 Uhr
Google lässt Inder an der Altmühl stricken

© Hinz

Während in Indien die Straßen rappelvoll sind, kann man in Altmühlfranken Stunden durch Dörfer und Städte fahren und trifft keine Menschenseele. Vielleicht hat ein indischer Unternehmer genau das als Vorteil erkannt und sein Unternehmen deshalb mitten in ein Naturschutzgebiet bei Trommetsheim verlegt. In den Auen der Altmühl, umgeben von braunen Feldern und gelblichen Wiesen, hat das indische Unternehmen Lucky Handicraft seinen Firmensitz. Zumindest wenn es nach Google und seinem Kartendienst Google Maps geht. „190, Govind Nagar East Amer Road Jaipur (Rajasthan), Hauptstraße, 302002 Markt Berolzheim“, lautet der eigenwillige Eintrag des Unternehmens auf der Google-Karte.

Ein Ortsbesuch zeigt, dass die Realität dem Internet-Riesen nicht folgen will. Die Gegend zwischen Trommetsheim und Markt Berolzheim ist idyllisch. Sie mag perfekt für Mitarbeiter sein, die ihre Mittagspause im Freien verbringen wollen. Aber: Hier hat nun wirklich gar nichts seinen Sitz, außer vielleicht Fuchs und Hase, die sich hier ganz gerne gute Nacht sagen.

Tatsächlich ist Lucky Handicraft in Jaipur zu Hause, was kein neuer Ortsteil Markt Berolzheims ist, sondern eine Provinzhauptstadt in Indien. Die Altstadt Jaipurs ist verziert mit märchenhaften Luxuspalästen, die ei­nen Kontrast zu den schroffen Fes­tungen auf den Felsen außerhalb der Stadt bilden und dem tristen, grauen Industriegebiet. Die Altstadt wird auch Pink City genannt.

Auch Google liegt mal falsch

Mitten im Naturschutzgebiet ein Start-up-Unternehmen – das geht auch nur bei Google. Darauf aufmerksam geworden ist aber nicht die Naturschutzbehörde, sondern unsere Zeitung, die das Unternehmen zufällig bei Recherchen entdeckte. Und sich jetzt verwundert fragt, was eine indische Kunsthandwerks-Firma mitten in der Pampa zu suchen hat.
Wer genau den Eintrag auf Google Maps veröffentlicht hat, ist unklar, da es weder Google noch Lucky Handicraft für wichtig halten, das Kuriosum aufzuklären. Fest steht, dass auch die scheinbar allwissende Suchmaschine manchmal ratlos ist: Wo keine Einwohner sind, erfindet sie schon mal neue Siedlungen.

Das passierte bei Argleton in Nordengland. Dort wurde ein Flurname zum Dorf. Heute ist Argleton zwar von der Karte verschwunden, hat dafür aber mehrere Hunderttausend Google-Treffer und einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Aber das ist noch lange nicht alles. Denn der Kartendienst beraubte auch schon der Rheinmetropole Köln eines seiner Wahrzeichen. Plötzlich floss nicht mehr der Rhein durch Köln, sondern die Ruhr.

Und auch in der Region verstecken sich noch weitere „Google-Maps-Fehler“. So sollte die Firma Faust Technologies aus Nürnberg bei ihrer PC-Fertigung in Ehlheim darauf achten, für ihre Mitarbeiter eine gute Unfallversicherung zu haben. Denn die Produktion steht mit einem Fuß im Wasser, und das verträgt sich mit Strom bekanntlich nicht gut. Und mitten an einer Weggabelung Richtung Störzelbach, im Zentrum des Nirgendwo, liegt das Geschäft „Baba Sitz“.

Die Einträge, die in Google Maps angezeigt werden, können unterschiedlichen Ursprungs sein – genauso wie die Standorte der Unternehmen. Es muss nicht unbedingt der Unternehmer den Eintrag schreiben, das macht Google mit Unterstützung seiner Datenbank Google My Business auch selbst. Aber Abschreiben kann eben auch in die Hose gehen, wie die Tatsache zeigt, dass nun angeblich an der Altmühl Inder stricken.

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