Pfiffiger Nasen- und Ohrentrimmer aus dem Seenland

15.4.2018, 15:41 Uhr
Pfiffiger Nasen- und Ohrentrimmer aus dem Seenland

© Shaveball

Trotzdem trägt Tobias Wagner seine Nasenhaare seit ein paar Tagen unrasiert. Und das, obwohl der 40-Jährige viel Wert auf gutes Aussehen und Hygiene legt. Freiwillig lässt er es nicht sprießen, aber Arbeit geht vor: Zum Ende der Woche muss er wieder eine neue Rasierklinge testen. Denn Wagner hat einen Nasen- und Ohrhaarrasierer entwickelt, den sogenannten Ballboo, der ganz altmodisch ohne Strom funktioniert – mit einer Klinge schabt man sich die Härchen von der Schleimhaut.

Mit Haaren scheint sich Wagner auszukennen. Trägt er doch eine wilde Lockenmähne und einen Viereinhalb-Tage-Bart. Mit etwas Fantasie lässt sich eine Ähnlichkeit mit Rainer Messner erkennen, nur in weniger bullig. Wegen seiner Brille aus Holz und dem locker geknöpften Hemd könnte man ihn aber genauso irgendwo in der ­Hipster-Szene in München antreffen.

Pfiffiger Nasen- und Ohrentrimmer aus dem Seenland

© Hanna Greta Schmidt

Doch Wagner sitzt auf einer Couch im gut besuchten Café im idyllischen Muhr am See. Er versucht gerade zu erklären, warum die Welt einen Nasenhaar-Rasierer braucht. Er erzählt, dass ihm die Nagelschere zu umständlich geworden wäre, aber das Zupfen mit einer Pinzette die Schleimhäute verletze. Deshalb habe er ein Produkt entwickelt, mit dem man unästhetische Haare unfallfrei bekämpfen könne. Vor sieben Jahren ließ er sich auf diese Idee ein Patent geben, im Dezember 2017 gründete er die Firma Shaveball.

In seinem Start-up-Unternehmen ist der Absberger für alles zuständig, von Design und Entwicklung über Promotion bis hin zum Testen des Geräts. Und das gefällt ihm. „Es ist schön, wenn man etwas wachsen sieht“, sagt der Mann, der einen Rasierer erfunden hat. Er rührt ruhig in seinem großen Cappuccino. Dann zieht er eine Alu-Zigarrenhülse aus seiner Tasche. Das silberglänzende Gerät, das sich in der Dose befindet, ähnelt einem medizinischen Instrument. Langsam dreht Wagner den fingerlangen Stab in seiner Hand hin und her. Die Lampen an der Decke reflektieren in der verspiegelten Kugel am Kopf des Stabs. Vorsichtig bewegt Wagner das Teil, denn dort oben befinden sich zwei messerscharfe Klingen aus medizinischem Stahl.

Auch für Frauen

Momentan bringt Tobias Wagner pro Monat ungefähr 20 dieser kleinen Rasierer an den Mann – oder an die Frau. Denn Shaveball sei für Männer wie für Frauen. Die hätten zwar von Natur aus eher weniger solcher Haarprobleme als Männer, zeigten sich oft aber erfinderischer, was den Gebrauch des Rasierers angeht, sagt Wagner. Für Warzenhaare, aber auch für den Intimbereich wurde seine Erfindung bereits leicht zweckentfremdet.

Ballboo ist für jeden, der punktuell rasieren will. Gedacht ist der sieben­einhalb Zentimeter lange Rasierer aber nur für unästhetische Haare. Da die Rasierkugel oben auf den Stab gelötet wird, gibt es noch keine Möglichkeit, die Klingen auszutauschen und der Rasierer verliert irgendwann an Schneidekraft. Trotzdem will das filigrane Gerät umweltschonend sein. „Ich gebe ausrangierten Dingen eine zweite Chance,“ sagt Wagner. So wird das Produkt in einem Säckchen geliefert, das aus alten Hemden und Hosen genäht wird. Alle zugelieferten Teile lässt Tobias Wagner im Umkreis von maximal 90 Kilometern herstellen. Nur die Zigarrendosen als Behälter bezieht er aus Thüringen.

Der gelernte Schreinermeister ist mittlerweile in der Automobil-Indus­trie tätig. Trotzdem schlägt sein Herz für seine „Herzensangelegenheit“ Shaveball und für das damit zusammenhängende Tüfteln. In seinem roten Skizzenbuch blättert er durch Seiten mit unzähligen Visitenkarten potenzieller Zulieferer und unterschiedlichster Skizzen von Griff und Schneidekopf.

Jahrelang machte sich Wagner da­rüber Gedanken, wie die Klinge am besten schneiden würde, ob sie biegsam sein sollte oder der Schneidekopf stärker gebogen. Auch bei der Wahl des Griffs überließ Wagner nichts dem Zufall. Ihm war es wichtig, dass seine Hauptkunden (Männer) etwas Positives mit dem Gerät assoziieren, deshalb soll der geriffelte Griff an eine Handwerkerfeile erinnern.

Nach und nach tastete er sich an sein Produkt heran und steckte Geld in fünfstelliger Höhe hinein. „Aber Lehrgeld zahlen gehört dazu“, weiß Wagner heute. Mit seinem 35 Euro teuren Produkt will er jetzt in der Region noch bekannter werden. Denn sieben „Gefällt mir“ in Facebook sind ausbaufähig. Und wo könnte er das besser ändern, als auf dem Seenlandmarkt in Absberg, dem Wohnort des Start-up-Unternehmers selbst? Mit circa 500 Exemplaren will er dort im Juli die Leute von seinem Produkt überzeugen.

Überzeugungskraft ist bei manchen sicher mehr als bei anderen nötig. Besonders bei den Menschen, die sich bei der Onlinesuche nach dem Unternehmens vertippt haben und bereits auf dubiosen Seiten gelandet sind. Dass man schnell in nicht ganz jugendfreien Bereichen landen kann, war Wagner bei der Namensgebung bewusst.

Hochwertige Optik

Shaveball bedeutet schlichtweg Rasierkugel, nur eben auf englisch und dadurch in cooler. „Der Name sollte nicht doof sein, aber doch ein bisschen provozieren.“ Auch die Website wirkt durch hochwertige Schwarzweiß-Bilder und witzige Cartoons professionell und modern. Wagner möchte mit seinem Produkt schließlich hoch hinaus.
„Ich möchte gar nicht, dass mein Rasierer in den Drogerieketten zwischen all den anderen Teilen angeboten wird,“ sagt Wagner überzeugt. Anstatt sich mit großen Anbietern wie Wilkinson oder Gillette zu messen, sieht er Ballboo eher in Fachgeschäften. Ein bekannter Friseurladen in Nürnberg verkaufe seine Erfindung bereits.

Für Tobias Wagner ist Ballboo erst der Anfang. Es laufen bereits erste Tests für ein neues Produkt. Es soll sich auch diesmal wieder um Körperhygiene handeln und mit dem Kugelrasierer zusammenspielen, sagt Wagner. Mehr will er jetzt aber noch nicht preisgeben. Lassen wir seine neue Idee erst einmal wachsen, wie Wagner seine Nasenhaare.

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