Annemarie Endner lief ans Meer

5.7.2015, 07:00 Uhr
Annemarie Endner lief ans Meer

© Privat

„Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, denke ich, dass meine Beine und vor allem Knie und Füße nicht zu mir gehören. Während mein Kopf ganz klar weiß, wohin die ganze Annemarie soll, so scheinen meine Füße das nicht registrieren zu wollen. Steif und wie auf Eiern laufe ich auch fast eine Woche nach meiner Ankunft bei meiner Schwester durch die Gegend“, schreibt Annemarie Endner in ihrem Blog „bisgenfunddannlinks“ im Internet. Deshalb gilt ihr Dank vor allem ihren Schuhen, die bis zum Ende der Wanderung gehalten haben und deshalb auch mit einem Foto verewigt wurden – versehen mit einem dicken „Merci“.

Trotz der Strapazen, der Blasen an den Füßen und der Fersensporne: Die junge Frau würde die Weitwanderung jederzeit wiederholen – vor allem wegen der vielen Erfahrungen und inte­ressanten Begegnungen, die sie in knapp acht Wochen mit ihrem elf Kilo schweren Rucksack in Deutschland, der Schweiz und Frankreich gemacht hat.

„Ich bin eine Heulsuse“

„Ich weiß jetzt, dass ich wirklich eine Heulsuse bin und unglaublich viel fluchen kann, wenn es mal sein muss“, lautet die Selbsterkenntnis nach acht anstrengenden, aber auch schönen Wochen, die sich sogar im Hinblick auf die eigene Bildung gelohnt haben: „Ich habe mein Französisch verbessert und kann endlich ungehemmt dahinplappern.“ Annemarie Endner hat auf ihrer Reise Gegenden entdeckt, die bis dato nicht auf ihrer „Da-muss-ich-
unbedingt-mal-hin-Liste“ standen, darunter Orte, die auch kulinarisch eine Bereicherung waren.

Annemarie Endner lief ans Meer

© Privat

Außerdem gab es nette Wanderbegleitungen in Deutschland, tolle Begegnungen in der Schweiz und eine unendliche Herzlichkeit in Frankreich, gemischt mit schlaflosen Nächten in Zimmern, die zwischen zehn und 150 Euro kosteten.

Während der Reise hat die junge Frau auch die Vorteile des Wanderns schätzen gelernt: „Wandern ist für mich sehr pur. Pure Emotionen, pure und sehr entschleunigte Erfahrungen, manchmal auch pure Schmerzen oder pure Verzweiflung.“ Während man sich mit dem Fahrrad auch einmal treiben lassen kann, ist man als Wanderer zu Fuß fast immer gleich schnell unterwegs. Mit einem Unterschied: „Aufwärts schwitzt man noch stärker.“ Für Annemarie Endner gibt es nach dieser Erfahrung nichts Inten­siveres als diese Form des Reisens. Die acht Wochen kamen ihr eher wie ein halbes Jahr vor: „Eine wesentliche Lebensverlängerung.“

Als die Hörlbacherin, die am 1. Mai in Weißenburg loslief, die Kleinstadt im Plaine des Maures erreicht, ist es dort bereits Abend und unglaublich ruhig. Im Restaurant und in der frisch renovierten Bar tummeln sich noch ein paar Gäste. Sonst ist kein Mensch zu sehen, als sie ihr Schwager mit dem Auto abholt, der sie zu ihrer Schwes­ter fährt. Nach einer Stunde Fahrt endet das Abenteuer vor dem Haus mit dem Granatapfelbäumchen. Sonja freut sich, Annemarie endlich mal wieder zu sehen und hat für sie ein Festmahl gekocht: Hähnchenschenkel mit Gemüse vom Blech nach provenzalischer Art.

Der Weg war das Ziel

Auch wenn Annemarie Endner die letzten Kilometer nicht zu Fuß zu­rückgelegt und ein paar Tage früher als geplant ihre Weitwanderung beendet hat, ist sie glücklich, ihr Ziel erreicht zu haben: „Ich bin nie gelaufen, um mir und der Welt etwas zu beweisen. Ich wollte drei Monate Auszeit sinnvoll für mich nutzen. Und das ist mir bisher hervorragend gelungen.“ Die letzten Wochen will sie bei ihrer Schwester verbringen und dann noch ans Meer fahren. Für alle, die noch Interesse an ihrer Reise haben, will sie auch davon in ihrem Blog berichten.

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