Bachelorarbeit in Diensten des "Club"

27.2.2017, 08:48 Uhr
Bachelorarbeit in Diensten des

© Bastian Mühling

Verantwortlich dafür ist der Markt Berolzheimer Ersfeld. Seine Bachelorarbeit hat der 23-Jährige über Jugendarbeit im Leis­tungssport geschrieben. Dafür hat er bei den U8- und U9-Junioren des 1. FC Nürnberg Athletiktraining ausprobiert und die Ergebnisse mit denen der kleinen TSV-Sechziger verglichen. Wie es dazu kam und was dabei herausgekommen ist.

Beginnen muss man diese Geschichte im Jahr 2014, als der 1. FC Berolzheim-Meinheim einen U15-Trainer suchte. Als sich Ersfeld, damals wie heute Spieler bei den Herren, bereit erklärte, war klar: „Wenn, dann mache ich es gescheit und hole mir die B-Lizenz.“ Zwei Jahre später, im März 2016, fragte er beim 1. FC Nürnberg nach einem Praktikum. Gleich an seinem ersten Tag begegnete Ersfeld der Club-Legende Marek Mintál. Dieser ging sofort auf ihn zu und fragte, wer er ist und was er hier macht. Als ihm Ersfeld erzählte, dass er die U13 betreut, scherzte Mintál: „Komm zu mir, ich mach die U19.“

Nach dem Abitur 2013 am Gymnasium in Weißenburg studierte Philipp Ersfeld Wirtschaftswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Bachelorarbeit wollte er über den FCN schreiben, im Sommer 2016 fragte er offiziell bei Michael Köllner an. Der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) war begeistert, betreute Ersfeld bei dem Projekt und schlug ihm ein Thema vor, das schließlich der Titel der Arbeit werden sollte: „Der wirtschaftliche Nutzen von Jugendarbeit im Leistungssport“.

Zwei Wahlfächer

In seinem Studium hat Ersfeld zwei Wahlfächer – Gesundheits- und Sportmanagement. In seiner Arbeit geht es aber keineswegs nur um den Club: Er schreibt über Leistungssport, die Jugendarbeit in der Leichtathletik sowie bei den Fußball-Profivereinen FC Schalke 04 und TSG 1899 Hoffenheim. Im letzten Teil kommt er zum 1. FC Nürnberg. „Hier geht es um die Frage: Was macht der Club in der Jugendarbeit? Seit dieser Saison gibt es beispielsweise wieder eine U8 und eine U9“, sagt Ersfeld und stellt fest, dass der Club von der Jugendarbeit lebt. Einerseits sei es wichtig, dass viele Jugendspieler in die „Erste“ kommen, andererseits sei der Verein auch davon abhängig, Fußballer teuer zu verkaufen.

Für seine Arbeit führte der junge Mann einmal pro Woche eine Athle­tikeinheit mit den U8- und U9-Junioren des 1. FC Nürnberg durch. Zu Beginn gab es einen Eingangstest mit sechs Übungen: 20-Meter-Sprint, Gewandtheit, Seilspringen, Hoch- und Weitsprung (jeweils aus dem Stand) und Tapping. Letzteres stellt die Schrittfrequenz der Spieler fest. 13 Wochen später wurde der gleiche Test noch einmal gemacht.

Zum Vergleich zog Philipp Ersfeld die gleichaltrigen Teams des TSV 1860 Weißenburg heran. Den TSV wählte er als langjährigen Partnerverein des FCN und wegen der guten Jugendarbeit aus. Während die Club-Junioren einmal pro Woche Athletiktraining hatten, fehlte dies den Sechzigern. Das wirkte sich auf die Ergebnisse aus: Die Club-Spieler hatten sich alle – zum Teil deutlich – verbessert. Bei den TSV-60-Junioren ging es meist nur
minimal nach oben, beim Weitsprung verzeichnete Ersfeld eine Verschlechterung. Bei der Auswertung verglich er jeweils die Durchschnittswerte der Teams.

Spaß im Sport

„Oft sind die Werte der Kids von der Tagesform abhängig. Normal müsste man den Test noch länger machen und zwei Mannschaften auf gleichem Niveau nehmen“, sagt der Student. Dies sei nicht möglich gewesen, da keine Mannschaft aus dem Leistungsbereich bereit war teilzunehmen. Das wöchentliche Athletiktraining bestand nicht aus den gleichen Übungen wie bei den Tests. Zum Beispiel bereitete Ersfeld Koordinationsübungen, Hindernis- oder Biathlon-Parcours vor. Bei Tauziehen, Schubkarrenrennen und Entenlauf kam aber auch der Spaß nie zu kurz. Die Eltern der Kinder zeigten sich begeistert: In eineranonymen Online-Umfrage erhielt der 23-Jährige von jedem Elternteil die Note eins.

Auch der Student hatte Spaß. Selbst beim Schreiben: „Manchmal habe ich mich einfach am Sonntag hingehockt und acht Seiten am Stück geschrieben, weil es einfach so geil war“, sagt er.

Inzwischen hat er die 78 Seiten starke Arbeit abgegeben, nach der Korrektur wird sie eingesperrt. Warum? „Weil da Zahlen drin sind, die nicht öffentlich sind“, so Ersfeld.

Der 23-Jährige spielt selbst leidenschaftlich gern Fußball. Es dürfte kaum A-Klassen-Spieler geben, die taktisch so viel auf dem Kasten haben wie er. Beim Lehrgang zur B-Lizenz sagte ihm ein Betreuer: „Fußballerisch gibt es natürlich bessere, aber taktisch bist du wirklich sehr gut.“ Nicht umsonst schloss Ersfeld als Zweitbester ab. Um sich weiterzuentwickeln, will er sich im September für die Ausbildung zur „DFB-Elite-Jugend-Lizenz“ bewerben. Einen Monat zuvor steht aber erst einmal das Fußballcamp in B’heim an: Vom 14. bis 16. August können sechs- bis 14-Jährige mit Club-Trainern üben.

Vom 1. FC Nürnberg hat Philipp Ersfeld insgesamt einen „überragenden Eindruck“. Jeder habe ihm ge­holfen, und der Verein habe alle Geräte zur Verfügung gestellt. „Es war eine tolle Erfahrung, bei der ich mich selbst weiterentwickelt habe“, sagt er. Außerdem bekam er interessante Einblicke in die Planung des Club: Bis 2020 sollen 50 Prozent der Profis aus dem NLZ kommen.

Sein eigener Vertrag beim FCN läuft bis 31. März 2017. Danach möchte er in die Wirtschaft, nebenbei weiter als Trainer arbeiten und hofft, dass irgendwann sein großer Traum in Erfüllung geht: „Einmal ein Club-Spiel in Markt Berolzheim.“ Ob Jugendteam, U23 oder die Profis. Am besten 2021, dann feiert sein Heimatverein 100-jähriges Bestehen.

Keine Kommentare