"Boat-People" in Weißenburg

24.11.2017, 06:40 Uhr

© Robert Renner

„Warum habe ich mir die Mühe gemacht, habe Geld und viele Arbeitsstunden eingesetzt, um das hier anzufertigen und aufzubauen?“ Diese Fra­ge stellt Sturm auf einem Begleitblatt, das an der Installation ausliegt. Einige würden wohl antworten: „Na ja, der will sich halt künstlerisch profilieren“, mutmaßt der Weißenburger und antwortet: „Mag sein, dass diejenigen zum Teil recht haben.“ Um gleich die nächste Frage anzuschließen: „Aber gibt das Thema dieser Installation das her?“

Sie zeigt die Darstellung eines Bombenangriffs auf eine syrische Millionenstadt, ein versinkendes Schiff und hilflos aus schwarzem tiefen Meerwasser ragende weiße Hände. Das Ganze ist aufgebaut in der altehrwürdigen Andreaskirche, in der feierliche Gottesdienste mit Orgelmusik, Gesang, Gebeten und Predigten nach ei­nem geordneten Ritus gefeiert werden. Sturm: „Da ist doch diese Installation nur ein Störfaktor!“

Und genau das habe er beabsichtigt. „Jeden Einzelnen aus dem bequemen Wegschauen aufzurütteln!“

Unter der Überschrift „Vom Welt­gericht“ stehe im 25. Kapitel des Matthäus-Evangeliums die bekannte Geschichte, die in dem Satz des Weltenrichters gipfelt: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Sturm: „Und im Umkehrschluss: Was ihr ihnen nicht getan habt, das habt ihr mir auch nicht getan.“

Seiner Meinung nach findet „der wahre Gottesdienst nicht in diesem Raum“, also nicht in einer Kirche statt, „möge er noch so feierlich von vielen Bischöfen zelebriert werden, sondern im Alltag, im Umgang mit den sogenannten Nächsten, zu denen auch die zu uns geflohenen Menschen aus Syrien, Afrika oder sonst woher zählen“.

Der Künstler äußert „die größte Hochachtung vor den vielen Menschen, gleich welcher Konfession oder Weltanschauung, die sich aufopfernd für diese Menschen einsetzen und gegen die populistischen Ansprüche mancher Politiker und Parteien pro­testieren“.

Gemeinden und ihre Mitglieder könnten stärker in diakonische Tätigkeiten eingebunden werden. Dazu zähle heutzutage auch, „sich um Flüchtlinge zu kümmern und ihre Ängste durch Liebe in Vertrauen umzuwandeln“.
Hermann Sturm wünscht allen Betrachtern der Installation „Nachdenklichkeit und Betroffenheit. Betroffenheit über den Tode von mehr als 3 000 Menschen, allein in diesem Jahr, die elendig in den Fluten des Mittelmeeres ertrunken sind“. Und er wünscht „den Mut, Menschen mit anderer Hautfarbe und anderer Religion offen zu begegnen, ihnen hilfreich zur Seite zu stehen und sie in unsere Gemeinschaft aufzunehmen“.

Ganz in der Folge des Zitats aus Psalm 69, den Sturm zu seiner Installation gestellt hat: „Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis zur Kehle. Ich bin in tiefe Wasser geraten und die Flut will mich ersäufen. Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser. Die mich ohne Grund hassen, sind mehr, als ich Haare auf dem Haupte habe.“

 

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