Deutsch-italienische Sommernacht

27.7.2015, 08:30 Uhr
Deutsch-italienische Sommernacht

© Robert Renner

Der sizilianische Cantautore begeisterte beim Doppelkonzert mit Konstantin Wecker das Publikum, um nicht zu sagen: er stahl der Münchner Liedermacher-Legende vor knapp 1750 zahlenden Zuschauern sogar ein Stück weit die Schau. Das Interesse an dem Konzert war enorm, was sich auch daran zeigte, dass die Stadt 16 Presseanmeldungen registriert hatte.

Der sprichwörtliche Funke zum Publikum sprang von dem 52-jährigen Italiener schon nach ein paar Minuten über, was sicherlich auch daran lag, dass Pollina mit seiner leicht rauchigen Stimme nicht nur richtig gut singt, sondern es auch versteht, sympathisch zu erzählen.

Er spricht bestens deutsch, erfreut sich an der „wunderbaren Bühne“ und mokierte sich gegenüber dem Publikum mit Blick auf den Orchestergraben über „das Loch zwischen uns“. Sein Lösungsvorschlag: „Mit Wasser auffüllen, damit ein wenig das Gefühl eines Schwimmbades aufkommt“. Und wenn er gerade schon beim Thema Wasser ist, stimmt er auch gleich „Mare mare mare“ aus seinem aktuellen Album an.

Er erzählt dazu, dass ihm in Zürich, wo er bereits seit 25 Jahren lebt, immer noch das Mittelmeer fehlt, und dass es für ihn weder mit dem Pazifik, noch dem Atlantik vergleichbar ist. Ja, und dass er sich einmal ungemein auf ein Konzert in dem ihm bis dato unbekannten Wilhelmshaven freute, weil die Stadt am Meer liegt. Er und seine Musiker kamen an einem Januartag als es schon dunkel war an, spielten ihre Konzert und fragten dann, wo sie am nächsten Morgen ein schönes Strandfrühstück machen könnten. Zur Antwort bekamen sie, dass daraus nichts werde, weil um 9.00 Uhr, das Meer noch nicht da sei.

Solche Art Plaudereien, vor allem aber natürlich seine Lieder und die hervorragenden Musiker des schweizerisch-italienischen „Palermo Acoustic Quartetts“ mit Roberto Petroli (Saxofon), Max Kämmerling (Gitarre), Filippo Pedol (Bass) und Fabrizio Giambanco (Schlagzeug) machten den Abend rund. Pollina sprühte vor italienischem Charme und seine lyrischen Balladen begeisterten ebenso, wie seine poetischen Protestlieder.

Seit vielen Jahren steht der Wahlschweizer immer wieder auch mit Konstantin Wecker auf der Bühne. Als Protestsänger, Pazifist, Moralist, Mahner und Lyriker ist der bekannt. Früher aber war er unbequemer, heute ist er zwar wortreich, neigt aber zum vereinfachen. Dennoch: Gegen dummen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit muss er ansingen, da kann Wecker nicht anders. Und so eröffnet er seinen Konzertpart mit dem Lied „Sage nein“, weil er es nicht erträgt, dass es tags zuvor Ausschreitungen bei einer NPD-Demonstration vor einem Zeltlager für Flüchtlinge in Dresden gab.

Wecker ist allerdings deutlich ruhiger geworden. Früher arbeitete er sich energiegeladen auf der Bühne ab, das tut er heute nicht mehr. Nach wie vor ist er ein exzellenter Pianist, übertroffen aber wird er von seinem – wie er ihn selber nennt – „musikalischen Lebenspartner“ Jo Barnikel. Außerdem mit dabei: Fanny Kammerlander am Cello und Wolfgang Gleixner am Schlagzeug, beide ebenfalls überaus versierte Instrumentalisten, die die Musik und das Programm
Weckers bereichern.

Schade nur, dass Wecker nur wenige seiner alten Lieder anstimmte, und schade nur, dass er und Pippo Pollina nicht größere Teile des Konzerts miteinander bestritten. Der Applaus für Wecker war zwar groß und verdient, die stehenden Ovationen aber gab es  erst, als er seinen italienischen Freund sowie auch Saxofonist Roberto Petroli mit auf die Bühne holte – und als zum Schluss die wahre Musizierfreude durchbrach und richtig Leben auf die Bühne brachte.  

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