Die Schweine-Krise in Altmühlfranken

2.12.2015, 15:39 Uhr
Die Schweine-Krise in Altmühlfranken

© sipemannH/pixelio.de

Die Situation zu verbessern, werde nicht einfach, stellte Isabella Timm-Guri, die Direktorin des Fachbereichs Erzeugung und Vermarktung beim Bayerischen Bauernverband (BBV), gleich zu Beginn fest. Eine Ehrlichkeit, die bei  den Besuchern der Hauptvortragsveranstaltung des VlF ankam. Es war zugleich das erste Mal, dass Vorsitzender Erwin Börlein eine Dame für das Referat gewinnen konnte. Eine Premiere, die es in sich hatte, da das Thema kein einfaches war: die Positionierung bayerischer Lebensmittel auf dem globalen und dem heimischen Markt.

Die Schweine-Krise in Altmühlfranken

© Leykamm

Der hat seine strukturellen Herausforderungen. Denn: Vier große Einzelhandelskonzerne teilen sich zwei Drittel des deutschen Lebensmittelmarkts auf. „Das ist schon eine brutale Marktmacht, die uns da gegenübersteht“, so Timm-Guri. Dass Edeka nun auch noch Tengelmann schlucken will, verschärft die Lage. Eine Chance eröffne der Trend zur Regionalität, der auch im Einkaufsverhalten der Kunden ablesbar sei. Das weckt zwar bereits die Nachfrage der Händler an entsprechenden Produkten, allerdings gebe es Nachholbedarf, wenn es da­rum gehe, aufwendig hergestellte regionale Spezialitäten auch entsprechend teuer einzukaufen. Da werde oft „um jeden Cent gekämpft“.

Schelte für Verbraucher

Das gleiche Spiel gibt es dann beim Verkauf an den Endkunden. Der habe oft hohe Erwartungen, „die aber beim Bezahlen aufhören“. Vielleicht läge das auch am Unterschied zwischen „dem Bürger und dem Verbraucher“, wie die Referentin süffisant anmerkte. Der Bürger plädiere etwa genau für das Tierwohl, für das er als Verbraucher nicht die Geldbörse öffnen wolle.

Ungeachtet dessen stiegen die Anforderungen an die Bauern immer weiter. Zudem würden EU-Vorgaben in Deutschland auch noch besonders streng ausgelegt. Solch nationalen Alleingänge könnten auch gefährlich werden, so Timm-Guri. Als man sich hierzulande entschloss, die klassische Käfighaltung von Legehennen zwei Jahre vor dem Verbot in der Europäischen Union national zu untersagen, hatte das eine Abwanderung der Produktion ins Ausland zur Folge. Hohe Standards machten letztlich keinen Sinn, wenn es keinen mehr gäbe, der nach ihnen produziere, merkte die BBV-Direktorin an.

Freiwillige Initiativen würden da weiterführen. Im Schweine- und Geflügelbereich gäbe es eine, bei der Handel und Schlachter eine entsprechende Vorgabenerfüllung der Bauern honorierten. Beim Rindfleisch prescht derzeit McDonald’s in diesem Sinne nach vorne, dies freilich auch mit einer gehörigen Portion Eigeninteresse. Dem Fast-Food-Riesen gehe es in erster Linie um Rohstoffsicherung, machte Timm-Guri deutlich. Und genau dahin müsse man auch kommen: Der eigene Rohstoff solle vom Abnehmer so sehr wertgeschätzt werden, dass der sich um die Bezugsquelle sorgt.

Lokale Schweine nach Afrika?

Generell gelte: Es reiche nicht, ein gutes Produkt herzustellen, man müs­se es auch teuer verkaufen können. Im Marketing des Agrarwesens auf Bauernseite gäbe es hier ein Manko, so die Referentin. Eine Möglichkeit zur Heilung sei der verstärkte Export – etwa in Wachstumsmärkte wie Ostasien und Nordafrika. Hier regte sich allerdings auch Widerspruch. Die Auslandsmärkte seien schon gesättigt, den Export noch mehr zu forcieren, „kann nicht funktionieren“, so Börlein. Die Wertschöpfung sei auf internationalem Parkett aber teils besser als hierzulande, konterte der Gast.

Landratstellvertreter Robert Westphal hieb im Bezug auf die Schweinehalter in eine andere Kerbe. Er attes­tierte der Branche fehlende Vermarktungsstrategien über die vergangenen zwei Jahrzehnte hinweg. Als Nebenerwerbslandwirt habe er selbst in den 1980er-Jahren beim Aufbau einer Erzeugergemeinschaft mitgewirkt, die auf das Schwäbisch-Hällische Landschwein als Marke setzt. Fast 1 500 Mitgliedsbetriebe könnten nun von zumindest relativ guten Marktkonditionen profitieren. Das war so ganz nach dem Geschmack von Timm-Guri, die dafür plädierte, die Nichtaustauschbarkeit der eigenen Produkte voranzutreiben, um den Marktwert zu stärken. Gerade weil dies im Schweinebereich zu selten passiere, würde er seitens des Handels gern für Lockangebote genutzt. Zudem sitze der am längeren Hebel, weil die Tiere nun mal da seien. „Ich kann die Schweine nicht alle selber essen“, kommentierte ein Landwirt, „die Händler wissen, dass sie sie bekommen.“ Zu welchem Preis, das bestimmen deshalb vor allem sie.

Dagegen helfe nur eine bessere Bündelung der Einzelinteressen, so die Referentin. Das aber bedeute auch, sich an Erzeugerorganisationen zu binden, gab BBV-Kreisobmann Fritz Rottenberger zu bedenken. Doch auch von diesen würden Landwirte gerne mit verführerischen Preisangeboten weggelockt: „Da lassen wir uns zu leicht aufs Eis führen.“ Hier heiße es, das Ruder herumzureißen und „enger zusammenzurücken,“ empfahl er.
 

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