Die SPD soll die SABS beenden

17.11.2017, 06:00 Uhr
Die SPD soll die SABS beenden

© Robert Renner

Der Unmut ist groß. Bürger fühlen sich ungerecht behandelt und befürchten, Zigtausende von Euros bezahlen zu müssen, was manchen in Existenznöte treiben würde. Am Mittwochabend machten viele der rund 50 Zuhörer im Nebenzimmer des Brandenburger Hofs aber auch deutlich, dass sie gerade die SPD, „die immer von sozialer Gerechtigkeit spricht“, in der Pflicht sehen, für eine Gesetzes­änderung zu sorgen.

Die Sozialdemokraten sollten auch, forderte einer, die Bürgerinitiative unterstützen, die sich gegen die SABS in Weißenburg formiert. Willy Bergdolt, selbst SPD-Mitglied, hat sich mit weiteren Mitstreitern der Sache angenommen. Am heutigen Freitag wollen sie sich treffen, um die Organisationsstruktur festzulegen, berichtete er.

Am Donnerstag, 30. November, soll dann um 19.30 Uhr am Naturfreundehaus die öffentliche Auftaktveranstaltung sein, für die sich die Initiatoren einen regen Zulauf erhoffen. Sie wollen unter dem Titel „Rote Karte für die SABS“ ein bayernweites Volksbegehren initiieren, kündigte Bergdolt an und kritisierte die Weißenburger SPD, die seiner Meinung nach in dieser Angelegenheit „politisch nichts anschiebt“.

Öffentlichkeitsarbeit kritisiert

Dafür gab es kräftigen Applaus, ungeachtet dessen, dass Fraktionsvorsitzender Andre Bengel kurz zuvor berichtet hatte, dass der Ortsvereinsvorstand bereits im Juni einen Antrag an die SPD-Landtagsfraktion gestellt hat, „etwas gegen die SABS zu unternehmen“. Doch davon wisse keiner was, kritisierten etliche Zuhörer. Wenn die Weißenburger SPD solch einen Schritt unternehme, müsse sie dies auch öffentlich machen.

Generell taten sich viele schwer mit dem Standpunkt, den Bengel als Fraktionsvorsitzender mit dem Hinweis darauf vertrat, dass er als Stadtrat einen Eid auf die geltenden Gesetze geschworen hat. Der Sozialdemokrat hatte die bekannte Faktenlage noch einmal aufgezeichnet und darauf verwiesen, dass die Stadt eine SABS erlassen müsse, wenn sie denn einen Haushalt mit Kreditaufnahme genehmigt haben wolle und Straßenausbaupläne im Investitionsplan stehen habe.

Daher sei der Stadtrat nicht der richtige Adressat, um über eine Abschaffung der SABS zu diskutieren. Und an Spekulationen darüber, ob das Kommunalabgabengesetz an dieser Stelle abgeschafft oder verändert wer­de, wolle er sich nicht beteiligen. Vorerst sei die Entscheidung im Stadtrat ausgesetzt, doch das Gesetz gelte nach wie vor.

Vor diesem Hintergrund hat sich Bengel zufolge die SPD-Stadtratsfraktion mehrheitlich und anders als Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD) für die Variante mit wiederkehrenden Beiträgen entscheiden. Die sei zwar mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, aber nach Meinung der Sozialdemokraten muss dies in Kauf genommen werden. Denn die wiederkehrenden Zahlungen seien die solidarischere Lösung. Und die Belastungen für den Einzelnen sein „relativ klein“.

Während seiner Ausführungen wur­de es immer wieder unruhig in den Zuhörerreihen. Er verstehe, dass Bengel als gewählter Stadtrat so argumentieren müsse, dennoch „können wir bei diesem Thema moderate Töne nicht mehr hören“, machte Heiner Hertrich, SABS-Gegner aus Solnhofen, deutlich. Und ein anderer Bürger  machte seinem Unmut Luft. „Eiern Sie doch nicht rum“, hielt er Bengel entgegen und fragte: „Können wir nicht miteinander dafür arbeiten, dass das Gesetz gekippt wird?“ Denn für ihn steht fest: „Wenn ich ein Gesetz für falsch halte, kann ich es auch ablehnen.“

Das sieht Willy Bergdolt ähnlich und kritisierte, dass die SPD das The­ma „nicht als Steilvorlage nutzt“. Sie habe im Landtag die Gesetzesnovelle 2016 zwar mitgetragen, doch man könne aus Fehlern lernen und diese korrigieren. Generell stünde es Politikern gut zu Gesicht, meinte ein anderer Zuhörer, Fehler einzuräumen. Das sei kein Manko, sondern hoch anzurechnen.

In der Diskussion wurden viele bekannte Argumente gegen die SABS genannt: Sie sei eventuell nicht verfassungskonform. Zahlungen zwischen 5 000 und 20 000 Euro seien die Regeln, oftmals kämen aber Summen von 100 000 Euro und mehr zusammen, was absolut sozial unverträglich sei. Die SABS sei ungerecht, schon alleine weil es sie nicht in allen deutschen Bundesländern gebe. Als Berechnungsgrundlage Grundstücksgrößen heranzuziehen, entbehre jeglicher Logik. Bürger zahlten eh schon Grund- und Kfz-Steuer. Und Anwohner hätten durch eine Straßensanierung keinen besonderen Vorteil, sondern vielmehr Nachteile, weil dadurch oftmals mehr Verkehr angelockt wer­de.

Warnung vor der AfD

Manfred Reithinger, früherer Stadt­rat der Freien Wähler in Weißenburg, hat gar den Eindruck, dass mit der Straßenausbaubeitragssatzung in Zeiten der mittelalterlichen Wegezölle zu­rückverfallen wird. Und auch er sieht „die SPD hier sehr gefordert“. Ein weiterer Bürger konstatierte: „Wir verstehen Euch von der SPD nicht mehr.“ Er warnte davor, dass die AfD, wenn sie das Thema im Landtagswahlkampf aufgreife, weiter erstarke. Er riet den Sozialdemokraten: „Diesen Protest solltet Ihr Euch auf die Fahnen schreiben. Dann seid Ihr wieder sozial.“

Joachim Schlör, selbst SPD-Mitglied, beantragte, dass der Ortsverein seinen Antrag an die Landtagsfraktion nochmals nachdrücklich stellt. An die Adresse verantwortlicher Kommunalpolitiker sagte er: „Ich wünsche mir, dass sie als gewählte Volksvertreter vor uns stehen und uns vor staatlicher Abzocke schützen.“

Die Botschaft scheint bei den So­zialdemokraten angekommen zu sein. Stadtrat Martin Britz, der die Diskussion moderierte, meinte am Ende: „Der SPD-Ortsverein hat schon auch verstanden.“

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