Die touristische Vermarktung des römischen Limes

7.3.2018, 06:08 Uhr
Die touristische Vermarktung des römischen Limes

© Tim Wagner

Das rekonstruierte Nordtor am römischen Kastell Biriciana in Weißenburg repräsentiert seit 1990 den eins­tigen römischen Grenzwall wie kaum ein zweites Gebäude. Bei der Aufnahme des Limes in die Weltkultur­erbeliste der Unesco im Jahr 2005 war das Nordtor das meistverwendete Symbolfoto. Das ist nicht verwunderlich. Ansonsten gibt es von dem Bodendenkmal nicht allzu viel zu sehen. Ein paar Hecken, die den Grenzverlauf zeigen, haben eben weniger Aussagekraft für Nicht-Historiker.

Inzwischen geht man davon aus, dass das Weißenburger Nordtor zu klein gebaut wurde. Es war wohl ein Stockwerk höher. Doch so wie es da steht, hat es sich in die Köpfe der Menschen gebrannt und das Bild ist wohl auch nicht so einfach auszulöschen. Aus solchen Gründen sind His­toriker eher selten Freunde von Rekonstruktionen.

Eine App auf dem Handy bietet hingegen die Möglichkeit, neue Erkenntnisse umgehend einfließen zu lassen und Abbildungen entsprechend anzupassen. Wie man so etwas tun kann, darüber hat sich der Limeskoordinator erst vor wenigen Tagen mit den Experten des Hadrianswalls in Schottland ausgetauscht. Auch dort ist vom früheren römischen Grenzwall nur noch wenig zu sehen.

Für Gschwindt ist es erst einmal unerheblich, wie das Wissen um das Welterbe vermittelt wird. „Mir geht es um ein Verständnis für den Kultur­erhalt“, sagte er beim Tag der offenen Behördentür, bei dem sich auch die Landesstelle für nichtstaatliche Museen und die angegliederte Stelle für das Welterbe in Bayern präsentierte (wir berichteten). Ausdrücklich lobte Gschwindt in diesem Zusammenhang die Limes-Mittelfranken-App, die der Bezirk mit Unterstützung der Bayerischen Sparkassenstiftung und der am Limes anliegenden Kommunen vor ein paar Jahren realisiert hat.

Die touristische Vermarktung des römischen Limes

© Robert Renner

Heute gibt es hier noch weit pfif­figere Ansätze für eine Präsentation. Stichwort: Augmented Reality (auf Deutsch: erweiterte Realität). Beispiel: Hält man sein Smartphone auf die Burgus-Überreste bei Burgsalach, könnte dort auf dem Display das Bild zu sehen sein, wie das Gebäude einstmals vermutlich ausgesehen hat.

Das sind auch für Kultusminister Ludwig Spaenle die Ansätze, die zukunftsträchtig sind. Rekonstruierte Gebäude sind für ihn hingegen eine Präsentation „wie im Mittelalter“. Spaenle verwies bei seinem Besuch
in Weißenburg auf den Bayerischen Denkmal-Atlas, der in digitaler Form zeigt, wo es welche Denkmäler im Freistaat zu finden gibt. „Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet das Ministerium, das sich mit der Vergangenheit beschäftigt, dafür die mo­dernste Technik verwendet“, befand Spaenle. Es werde sogar überlegt, ein eigenes Institut für Digitalisierung im Freistaat zu schaffen, kündigte der Minister an.

Dass Besucher auch vor Ort etwas sehen wollen, das an die Römer erinnert, und nicht nur auf ihr Handy schauen wollen, ist auch Limeskoor­dinator Markus Gschwindt klar. Stelen, die deutlich machen, auf welcher Seite des Reiches man sich befindet, hält er für eine gute Idee. Die Figuren, die bei Burgsalach aufgestellt wurden, nannte er ebenfalls als positives Beispiel.

Tourismus und Wissenschaft

Gschwindt verstellt sich auch den Diskussionen mit den Touristikern nicht. „Darüber bin ich sehr dankbar“, betonte Landtagsabgeordneter Manuel Westphal, der dieser Tage wieder beide Seiten zum Gespräch an ei­nen Tisch holt. Schließlich soll sich das Welterbe auch positiv auf die Gegenwart ausüben. So viel Aufgeschlossenheit auf beiden Seiten gab es nicht immer. Weißenburgs Oberbürgermeister Jürgen Schröppel hob hervor, dass in der Präsentation der rö­mischen Geschichte „keiner einen Disneylandcharakter“ haben möchte. Dass es funktioniert, Attraktionen anzubieten, die auch dem wissenschaftlichen Blick standhalten, zeige das Weißenburger Römerfest. „Das haben wir mit großer Seriosität umgesetzt.“

Letztlich sei der angeblich bestehende Widerspruch zwischen touristischen und wissenschaftlichen Interessen ein „nichtexistierender Gegensatz“, befand Dr. Astrid Pellengahr, die Leiterin der Landesstelle für nichtstaatliche Museen. Denn am Ende gehe es darum, den Menschen ein realistisches Bild zu vermitteln, wie das Leben vor rund 2 000 Jahren wohl ausgesehen hat.

Ein positives Beispiel ist für Limes­koordinator Gschwindt hierbei das
Limeseum am Hesselberg. Das Museum zur römischen Vergangenheit entstand auf der grünen Wiese, in direkter Nähe zu einem Kastell, das man bewusst im Boden gelassen hat. Neben spannenden Fundstücken kommt jede Menge Technik zum Einsatz, um das Bild der Zeit zu ergänzen.

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