Ein ganz tolles Theaterprojekt

28.11.2017, 11:06 Uhr
Ein ganz tolles Theaterprojekt

© Robert Renner

Nicht viel eignet sich vermutlich besser für diesen Zweck, ist man versucht Michel zu antworten, wenn man jetzt das Ergebnis gesehen hat. Die Geschichte vom kleinen Prinzen, der seinen Planeten verlässt und auszieht, um einen Freund zu suchen, fängt die Zuschauer ein. Die saßen bei den drei Aufführungen im Weißenburger Wildbadsaal am Wochenende fast mitten im Geschehen. Geschickt nutzten die Darsteller der U21 der Weißenburger Bühne und der Lebenshilfe unter der Regie von Anja Michel sowie Sophie Damerow und Sophia Tiede nicht nur die Bühne, sondern auch das Parkett und die großen Eingangstüren, um die traumhafte Geschichte eindrucksvoll zu präsentieren.

Der Flieger (dargestellt von Martina Kobras) erzählt, wie er als sechsjähriges Kind seine erste Zeichnung vollendet hatte. Immer wenn er sie den „großen Leuten“ zeigte und sie fragte, ob ihnen das Bild nicht Angst mache, hätten sie geantwortet: „Warum sollen wir vor einem Hut Angst haben?“ Die Zeichnung hätte jedoch eine Riesenschlange dargestellt, die einen Elefanten verdaute.

Zufällig begegnet der Erzähler, nachdem er mit seinem Flugzeug in der Sahara notgelandet ist, dem kleinen Prinzen (Hannah Alberter), der ihn bittet: „Zeichne mir ein Schaf.“ Da der Prinz aber mit allen Zeichnungen, des Fliegers unzufrieden ist, zeichnet der eine Kiste und erklärt: „Das Schaf steckt da drin.“ Damit ist der kleine Prinz zufrieden.

Ein ganz tolles Theaterprojekt

© Robert Renner

Und er beginnt, dem Flieger von den Stationen seiner Reise zur Erde zu erzählen. Er stammt von einem winzigen Planeten und führte dort einen recht eintönigen Alltag. Er putzte seine drei Vulkane und befreite den Boden von den lästig nachwachsenden Affenbrotbäumen. Eines Tages jedoch tritt die Rose (Asa Idrisov) in sein Leben. Die beiden nähern sich zunächst einander an, aber weil Rosen anspruchsvolle Geschöpfe sind, wird sie dem kleinen Prinzen bald lästig. Er beschließt, seinen Planeten zu verlassen und einen Freund zu suchen.

Bald allerdings muss er feststellen, dass dies nicht so einfach ist. Nacheinander begegnet er ichbezogenen, in ihrer Welt eingeschlossenen Menschen: einem autoritären Königspaar (Thors­ten Müller, Sabine Rüffer), einem Eitlen (Jeremias Supi), der nur sich selbst liebt, einem verbitterten Säufer (eindrucksvoll: Angelika Page) und einem Geschäftsmann (Hugo Schindhelm), der nichts mehr liebt als seinen Besitz, einem sehr beschäftigten Laternen­anzünder (Alina Idrisov), einem Geografen (Marlene Baranowski), der sich selbst sehr wichtig nimmt, und schließlich – auf der Erde – einem Fuchs (Rahel Bucher).

Der letzte Tropfen Wasser

Zuvor durchquert er noch, nach einem Gespräch mit einer klugen Schlange (Hana Visnjic), die Wüste in Afrika, begegnete einer Blume (Mara Hüttinger) und findet einen Rosengarten (Anne Pößnicker, Jeremias Supi, Hugo Schindhelm, Angelika Page, Nicola Wurm, Enrica Schmidt, Marlene Baranowski und Alina Idrisov).

Ein ganz tolles Theaterprojekt

© Robert Renner

Nach den Berichten des kleinen Prinzen geschieht, was der Flieger befürchtet hat: Der letzte Tropfen seines Wasservorrats ist getrunken. Daher machen er und der kleine Prinz sich auf, einen Brunnen zu suchen, den sie auch finden. Da erkennt der kleine Prinz, dass ein ganzes Feld von Rosen nicht jene eine aufwiegen kann, die er zurückgelassen hat und bekommt Heimweh nach seinem Asteroiden.

Vieles ist in der Inszenierung der U21, wie man es sich nach all den Darstellungen und Verfilmungen, die man schon kennt, vorstellt. Der kleine Prinz ist blond, trägt einen blauen Mantel und bewegt sich mit einer Mischung aus Abenteuerlust und naivem Staunen durch die Welt der meist reichlich skurrilen und exzentrischen Erwachsenen. Das herrschsüchtige Königspaar wirkt eher wie Clowns, der Geschäftsmann wie ein seelenlose Zählmaschine und der Geograf wie ein weltabgewandter wissenschaftlicher Erbsenzähler.

Manches aber ist, weil es eben ein Inklusionsprojekt ist, anders: Da werden Rollstühle zu Lokomotiven umfunktioniert, die die Züge durch den Saal ziehen. Und durch tänzerische Elemente, beispielsweise des Rosengartens, kommt viel Bewegung auf die Bühne und in den Saal. Die einzelnen Szenen trennen tanzende Vögel (Werner, Beyer, Walter Völkel, Helmut Gegennagel, Nicola Wurm, Noah Minnameier und Enrica Schmidt) vonei­nander. Umrahmt wird die Geschichte von einer lebhaften Kindergruppe (Vanes­sa Reichenauer, Lea-Marie Lensing, Mike Turrati, Robert Kamm, Simon Schock, Sonja Hussendörfer, Meri Visnjic), die auf einem Dachboden ei­nen Koffer mit der Mütze und der Brille des Fliegers sowie dessen Zeichnungen findet.

Mit auf der Bühne agierten außerdem Karl-Heinz Walzer, Amelie Dormer, Michael Strattner und Jasmin Schmidt. Für die Produktion war Si­mon Britz zuständig. Das Stimm- und Sprechtraining übernahm Matthias Böhner. Chiara Roth sorgte für die Maske und Fabian Lensing für die Technik. Als Souffleur fungierte Lu­kas Pascher.

„Ein ganz tolles Projekt“, resümier­te am Ende Anja Michel. Es hat unheimlich Spaß gemacht.“ Nicht nur den Nachwuchsschauspielern der U21 und den Darstellern der Lebenshilfe.

Keine Kommentare