Ein Hauch Nockherberg

26.2.2018, 14:32 Uhr
Ein Hauch Nockherberg

© Peter Schafhauser

Die Ellinger Urgesteine werden es noch wissen: Der Josefi-Festtag am 19. März – bis 1968 noch bayernweiter Feiertag – galt traditionell als großes gesellschaftliches Ereignis im Ort, als festes Datum im handwerklich-bürgerlichen Ellingen. Der Josefi­bockanstich fand damals noch im  „Römischen Kaiser“ statt. Selbst viele Weißenburger pilgerten in den „Römischen“. Heute also der feierliche Bieranstich im gut gefüllten, festlich geschmückten Ochsenstall, der sich wunderbar für Festivitäten dieser Art eignet. Da störte es auch nicht, dass der hochprozentige Gerstensaft fast vier Wochen vor dem echten Josefitag fließt. Immerhin hat die Fastenzeit schon begonnen.

Innenminister schlug kräftig zu

Als Ranghöchstem war es natürlich Staatsminister Herrmann vorbehalten, den Festabend auf der Bühne mit nur einem Schlag auf den Zapfhahn zu eröffnen und damit die Ellinger Starkbierzeit einzuläuten. Sehr zur Freude der Gastgeber Katalin und Carl Christian Fürst und Fürstin von Wrede. Der prominente Gast lobte nach dem ersten Schluck aus dem Tonkrügerl das wohlschmeckende Aroma des über drei Monate gereiften Josefibocks. Auch die Geistlichkeit – flankiert von der Altmühlfränkischen Bierkönigin und der Fränkischen Seenlandkönigin – zeigte sich angetan und spendete artig Lob.

Ein Hauch Nockherberg

© Schlossbrauerei Ellingen

Herrmann, bereits mit dem Bierorden der bayerischen Privatbrauereien ausgezeichnet und von daher für den Abend geradezu prädestiniert, betonte in seiner Begrüßung, dass er nach den „besonderen Gemeinschaftserlebnissen in Berlin“ außerordentlich froh über seine Rückkehr sei: „Es ist herrlich, wieder in Franken zu sein, zumal in einer Region mit der größten Brauereidichte der Welt!“ Bei Fürst Carl gebe es kein Einheitsgebräu, hier braue man immer besondere Biere. Mit Verweis auf den Nockherberg am Mittwoch freue er sich darauf, in Ellingen schon mal probehalber vom Bruder Barnabas derbleckt zu werden.

Zuvor erinnerte Pfarrer Roland Knöll – gewiß zur Überraschung mancher Gäste – „an den Bombenangriff auf Ellingen genau heute vor 68 Jahren“. In ökumenischer Eintracht mit seinem katholischen Glaubensbruder, Domvikar Dr. Thomas Stübinger, gedachte man gemeinsam mit der Festgesellschaft der Verstorbenen. „Freud und Leid“, so betonten die beiden Ortsgeistlichen, „gehören halt zusammen und sollen auch bei diesem Fest bedacht werden.“ Mit einem besonders gemischten Weihwasser – vom Schutzheiligen Josef und von Maria Brünnlein – erteilte Pfarrer Stübinger anschließend seinen Segen für das Fass. „Es steht symbolisch für das aus göttlichen Rohstoffen hergestellte „Flüssige Brot“. Der Segen gelte den Menschen, die im übertragenen Sinn „hinter dem Fass stehen“. 

Höhn als Barnabas

Alexander Höhn, in der Rolle des derbleckenden Bruders Barnabas, war der mit Spannung erwartete Höhepunkt des Abends. Gekonnt nahm er sich auch heuer einige der anwesenden Promis zur Brust. Dabei bekam die stadtübergreifende Politprominenz ihr Fett weg: „Für Weißenburg ist die Apokalypse nah, denn die falsche Bierentscheidung zur Kirchweih kann im Sommer dazu führen, dass die Gerstensaftliebhaber nach Öllingen pilgern – . . . hier gibt’s an Biergarten, a Sunna, a Brotzeit und des goude Öllinger Festbier, Halleluja, Amen!“

Doch der wortgewaltige Fastenprediger keilte nicht nur gegen jene aus, die sich gern im Lokalkolorit sonnen. Auch das himmlische Bodenpersonal kam nicht zu kurz. Pfarrer Dr. Stübinger sah der Mönch bereits in der Robe eines künftigen Kardinals. „Den von der anderen Straßenseite“, den bekennenden FCN-Fan Roland Knöll, lobte er für seinen weltlichen Glauben: „Ich glaube fest an den Glubb.“ Ebenso  konfessionsübergreifend sah Bruder Barnabas die 7,5 Prozent Alkohol im Josefibock: „Ob Evangelen, ob Katholen – der Bock, er wird Euch alle holen. Prost!“

Die illustre Gesellschaft spendete dem scheinheiligen Bruder Barnabas reichlich Applaus. Und so war man unter allen Geladenen einig, dass auch dieser Josefibock-Anstich – umrahmt von den schwungvoll spielenden „Gambrout Blousern“ – als gelungenes Ereignis in die Ellinger Biergeschichte eingehen wird. Vom neuen Edeltrunk, dem vollmundig süffigen Josefibock, zeigten sich die Gäste durchweg angetan. Der diesmal naturtrübe Gerstensaft mit seiner Stammwürze von fast 17 Prozent gilt als Teamleistung des Braumeistergespanns Nina Kolb und Karl Schmidtlein.

Das kreative Schmankerl-Buffet sorgte durchaus für eine kleine kulinarische Überraschung: Neben Brauer-Gulasch mit Schupfnudeln konnte man sich an feinem Schweinekrustenbraten mit Dunkelbiersoße laben. Für den vegetarischen Gaumen gab es das Gericht „Linse trifft Bier“. Wem der Josefibock noch nicht süß genug war, konnte sich die Lippen nach dem Genuss einer Josefibock­creme im Weckglas mit Birnenschaum, gekrönt von zauberhaftem Mandelkaramell, lecken.

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Preußisches Bockbier?

Fastenbier gleich Starkbier gleich besonders nahrhaft, das geht noch ein. Aber warum heißt ein Starkbier Bockbier? Zum Beispiel beim „Josefibock“, den man traditionell zu Ehren des heiligen Josef von Nazareth, also des Schutzpatrons der Handwerker braut? Auch wenn’s gleich wehtut – die Antwort kommt (leider) aus Preußen.

Bockbier kann tierisch gut schmecken, und manchem kann anderntags der Schädel brummen, als seien ihm Hörner gewachsen. Doch mit dem tierischen Bock hat Bock­bier nach Meinung von „craftbeer revolution.de“ in Wahrheit nichts zu tun. Vielmehr versteckt sich hinter „Bock“ eine Herkunftsbezeichnung, die auf die niedersächsische Stadt Einbeck zurückgeht. Im 14. Jahrhundert durfte jeder Einbecker sein eigenes Bier brauen.

Das Resultat: zu viel des Guten für den Eigenverbrauch. So sah sich der Rat von Einbeck genötigt, den Überschuss über die Stadtgrenzen hinaus zu vermarkten. Da damalige Transportwege viel Zeit in Anspruch nahmen, wurde das Bier besonders stark eingebraut und damit der Alkoholgehalt erhöht – was das Bier haltbarer machte. Auch am bayerischen Hof erfreute sich das Einbecker Bier großer Beliebtheit, allerdings waren Herzog Wilhelm V. die hohen Zoll­importe ein Dorn im Auge. Also entschied er, das süffige Einbecker Bier kurzerhand selbst zu brauen. Doch geschmacklich konnte der Trunk wohl nicht an das Einbecker Gebräu heranreichen, sodass der Bayer 1614 den Braumeister Elias Pichler aus Einbeck nach München holte.

Durch Sprachverschleifung sprach man fortan vom „Einbeckischen“ oder vom „Einböck“. Später wurde daraus das „Oambock“, bis sich schließlich das heutzutage bekannte „Bockbier“ im Sprach­gebrauch durchsetzte. Wer jetzt „Bock“ hat auf eine weitere, nichtpreußische Erklärung: bitte melden.

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