Einblick in die Kommune 1

19.4.2018, 08:39 Uhr
Einblick in die Kommune 1

© Matthias Wild

„Die Jahre der Kommune. Zur Geschichte der 68er-Bewegung“ ist Enzensbergers Vortrag in Weißenburg überschrieben. Zu erzählen dürfte er allerlei haben, war er doch Teil einer der schillerndsten Episoden der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zwi­schenzeitlich fand er sich wegen der angeblichen Beteiligung an der Planung des sogenannten „Pudding-Attentats“ auf den US-amerikanischen Außenminister im Gefängnis und es wurde gegen ihn wegen der ebenso nie bewiesenen Beteiligung an einem Brandanschlag auf einen Münchner Richter ermittelt. Er kannte zudem nicht nur die schillernden Kommunarden, sondern auch diejenigen, de­ren Weg in die Gewalt führte. Spätere RAF-Terroristen wie Brigitte Mohnhaupt oder Irmgard Möller waren mit ihm befreundet.

Enzensberger selbst landete nach einem Verweis von der Universität in Berlin in München, wo er sein Germanistik-Studium beendete und in den 1970er-Jahren Mitglied der KPD wur­de. Heute arbeitet Enzensberger als Autor und Übersetzer und lebt in Berlin. Gebürtig ist der 73-Jährige aber Franke. Er erblickte 1944 im nahen Wassertrüdingen das Licht der Welt, wohin seine Familie vor den Bombenangriffen auf Nürnberg geflohen war. Dort ging im Übrigen auch sein berühmter Bruder, der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger, mehrere Jahre zur Schule.

Ulrich Enzensberger will in Weißenburg den Versuch unternehmen, die aufgeregten Jahre rund um 68 einzuordnen. Er erzählt aus dem Leben in der Kommune, in der es offenbar spießiger zuging, als man nach außen hin glauben machen wollte, und er ordnet diesen Lebensentwurf in die allgemeinen zeitgeschichtlichen Umstände ein. Er versucht die Stimmung einer heute nur noch schwer greifbaren Zeit wieder auferstehen und sie so verständlich werden zu lassen.

Schonungslos

„Wir treten ab – höchste Zeit, mit der Selbstbeweihräucherung Schluss zu machen und das Interesse, das man uns und unserer Zeit noch entgegenbringt, mit dem Versuch einer Darlegung der damaligen politischen Jahre und unserer Motive zu beantworten, ohne dabei eine Armesündermiene aufzusetzen“, schreibt er selbst. Es klingt nach einer in alle Richtungen schonungslosen und vor allem hoch­interessanten Abrechnung.

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