Emotionale Momente eines "brutalen Haufens"

10.6.2017, 06:00 Uhr
Emotionale Momente eines

© Bastian Mühling

Tobias Grimm kniet sich gerne hin. Während des Spiels und danach im Kreis mit der Mannschaft. So auch nach dem letzten Spiel der Saison: Ein 0:0 gegen den TSV Heideck, das neben dem Titel auch den Aufstieg in die Bezirksliga bescherte. Um die Dimension dieses Erfolges zu umreißen, sollte man wissen, dass der SV Wettelsheim bislang nur eine Saison in der Bezirksliga gespielt hat: 1993/1994 war das. Und nun also die Rückkehr nach über 20 Jahren und nur zwei Jahre nach dem Wiederaufstieg in die Kreisliga.

„Kurzes Fazit, Schnellanalyse und Einstimmung aufs nächste Spiel“, beschreibt Grimm das Ritual im Mannschaftskreis. Diesmal war alles aber ein wenig anders. Der 31-Jährige kniete sich zwar hin wie so oft, doch diesmal hielt er eine sehr emotionale Ansprache. Emotional, weil die „Ers­te“ in die Bezirksliga auf- und die „Zweite” am gleichen Tag in die B-Klasse abgestiegen war. Grimm verlor schließlich den Kampf gegen seine Tränen und sagte sichtlich gerührt: „Ich bin stolz auf Euch.“

Das wäre er auch bei einer anderen Platzierung gewesen. Vor der Saison war das Ziel Platz sieben, einzig die TSG Solnhofen hatte den SVW als Meistertipp in der Kreisliga Süd auf dem Zettel. Grimm trat das „schwere Erbe“ von Vereinslegende Rainer Neubauer an. Aber: „Es war eine sehr gute Mannschaft, die ich übernehmen durf­te.“ Das erste Spiel sah weniger meis­terlich aus: 0:3 bei der SG Ramsberg/St. Veit. „Danach haben mich die Ers­ten wahrscheinlich schon verflucht“, sagt Grimm heute lachend. Anschließend hatten die Zuschauer aber nicht mehr viel zu meckern: Mit einer Serie von zehn Spielen ohne Niederlage setzte sich Wettelsheim an die Spitze. „Dieses Jahr ging in der Liga alles über Kampf und Zusammenhalt, und der ist bei uns überragend“, so Grimm.

Kurz vor der Winterpause verlor das Team 1:2 in Heideck. „Damals hatten wir personelle Probleme, zum Glück konnten wir unseren Kader im Winter breiter aufstellen“, erklärt der Coach. Zu Beginn der Rückrunde kehrte der verletzte Tobias Krois zurück und die Fuchs-Brüder Tobias und Patrick kamen vom TSV Greding. Wettelsheim hielt die „Pole Position“, Verfolger Heideck blieb dran. Aus den Tiefen des Mittelfelds der Kreisliga spielte sich in der Rückrunde aber ein drittes Team nach oben: der TSV Freystadt. Nach der Hinrunde noch auf Platz neun kam Freystadt immer näher und besiegte Wettelsheim Anfang Mai 3:2. Durch den 4:0-Hinspielsieg sicherte sich die Grimm-Truppe allerdings den direkten Vergleich, der letzten Endes entscheidend war.

Immer wieder Aufs und Abs

„Es waren immer wieder Aufs und Abs dabei diese Saison“, meint der
31-Jährige rückblickend. Die Schlussphase machte der SVW mit der 1:2-Niederlage bei der DJK Limes noch einmal richtig spannend. Plötzlich war Verfolger Heideck bis auf einen Punkt dran. Am Ende reichte dann aber schon ein Punkt gegen genau diese Heidecker zur Meisterschaft. „Entscheidend war für mich der breite Ka­der. Und wir hatten auch das Quäntchen Glück“, bilanziert der Trainer.

Und sie hatten Danny Schupp. Der Goalgetter schoss in 26 Spielen satte  24 „Buden“ und ist damit Dritter in der Torjägerliste. Im internen SVW-Ranking liegt Schupp freilich auf Platz eins. Hinter ihm kommt Kapitän Hans-Christian Döbler mit neun To­ren, und das obwohl er zumeist als In­nenverteidiger auflief. Auf Rang drei findet sich Flügelflitzer Antonio Enser mit vier Treffern wieder.

Mit 25 Gegentoren stellt Wettelsheim die beste Abwehr der Liga. Zu Hause blieb die Grimm-Truppe ungeschlagen und holte 31 ihrer insgesamt 52 Punkte. Für den Coach waren auch die Rahmenbedingungen in Wettelsheim ausschlaggebend, für die die Fußballsparte um Abteilungsleiter Johann Spahr sorgt. „Das Gesamtpaket in Wettelsheim ist einfach richtig gut“, sagt Grimm und fügt hinzu: „Wir sind ein intakter, brutaler Haufen.“ Nicht jeder schafft es, die Wörter „intakt“ und „brutal“ in einem Satz zu verwenden, das muss man ihm lassen.

Auch wenn der gebürtige Treuchtlinger stets betonte, dass er und seine Elf von Spiel zu Spiel denken, war der Druck immer da. „Auch im letzten Spiel: Wir waren Favorit, standen seit dem sechsten Spieltag auf Platz eins. Es wäre schon extrem bitter gewesen, wenn wir verloren hätten“, so Grimm. Mit dem Schlusspfiff fiel der ganze Druck ab. Als ihm im Kreis die Worte wegblieben, applaudierten seine Spieler und sangen dann einfach: „Wir steigen auf, wir steigen auf . . .“ Später meinte der Trainer dazu: „Es war einfach so emotional, weil es niemand von uns erwartet hat. Aber auch we­gen unserer zweiten Mannschaft, die leider abgestiegen ist.“

Bei der Meisterfeier im Wettelsheimer Sportheim überwog die Freude über den überraschenden Bezirksliga-Aufstieg. „Erst am Dienstagmorgen ist die Feier ausgeklungen“, erzählt Tobias Grimm. Das lange Pfingstwo­chenende eignete sich perfekt zur „Dauerbelagerung des Sportheims“. Ein echter Feiermarathon also, bei dem nicht nur Tränen geflossen sein dürften . . .

Der Wettelsheimer Kader: Aaron Obel, Stefan Zäh (beide Tor), Matthias Müller, Tobias Krois, Hans-Christian Döbler, Markus Berthold, Tobias Fuchs, Maximilian Riehl, Robin Bosch, Viktor Vöhringer, Simon Hüttinger, Michael Berthold, Antonio Enser, Patrick Fuchs, Bastian Baumann, Timo Rößler, Simon Renner, Andreas Brückel, Florian Geißelmeyer, Valon Pjetraj, Jens Bierlein, Danny Schupp.

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