Fashion Kitchen: aus Ellingen in alle Welt

20.12.2014, 07:00 Uhr
Fashion Kitchen: aus Ellingen in alle Welt

© Privat

Stirnrunzeln, verständnislose Bli-cke, Kopfschütteln: Diese Reaktionen kennt Ann-Christin Weber nur zu gut, wenn sie erzählt, dass sie Bloggerin ist. Zunächst mal kann sich unter der Bezeichnung „Blogger“ kaum jemand etwas vorstellen, und sobald Ann-Christin es dann erklärt, hört sie fast immer den folgenden Ausruf: „Um Gottes Willen, Du kannst doch nicht Dein ganzes Leben einfach so im Internet breittreten!“

Denn genau das tut sie. Auf ihrer Seite „Fashion-Kitchen“ schreibt die 26-jährige Ellingerin über Mode und Kosmetik und zeigt, welche Outfits sie trägt. Sie macht Bilder von jedem Zimmer in ihrem Haus, das sie und ihr Freund erst kürzlich gebaut und eingerichtet haben. Und sie verrät ihren Lesern ihr neuestes Rezept für einen winterlichen Bratapfel, inklusive kunstvoll arrangierter Fotos auf dem Küchentisch.

Eine Grenze zieht Ann-Christin aber schon: „Sehr private Sachen bleiben außen vor, das geht niemanden was an.“ Der Grad zwischen Öffentlichkeit und Privatheit ist ein sehr schmaler – denn genau diese Intimität  ist es ja, was viele Leser an Blogs so faszinierend finden: Sie können durch ein digitales Schlüsselloch einen Blick in das Leben von anderen Menschen werfen. „Die Leser möchten gerne das Gefühl haben, dass du ihre beste Freundin bist“, weiß die Ellingerin.

Mehrere Stunden am Tag

Für ihren Blog opfert Ann-Christin Weber nahezu ihre komplette Freizeit. „Es macht wahnsinnig viel Arbeit, das können sich die meisten gar nicht vorstellen“, sagt Weber. Anfangs war das Bloggen noch ein Hobby, mittlerweile würde es die 26-jährige Industriekauffrau sogar als eine Art Zweitberuf bezeichnen.

Fashion Kitchen: aus Ellingen in alle Welt

© Screenshot www.fashion-kitchen.com

Etwa drei Stunden an Werktagen und bis zu zehn Stunden am Wochen-ende steckt die junge Frau in ihren Blog. Sie überlegt sich Themen und Outfits, arrangiert Deko, schießt und überarbeitet Fotos, schreibt Texte, beantwortet täglich etwa 60 E-Mails und Anfragen. Für Ann-Christin schon fast normal: „Der eine geht halt Fußballspielen, und ich blogge in meiner Freizeit.“

Dabei hat sich alles durch einen Zufall entwickelt, wie sie erzählt. Angefangen hat es mit einer neuen Jeans im Jahr 2010. Weil Ann-Christin nicht wusste, was sie dazu anziehen soll, hat sie im Internet nach Tipps gesucht – und ist erstmals auf Modeblogs gestoßen. Nachdem sie anfänglich selbst noch intensive Blog-Leserin war, reifte in ihr schnell der Wunsch nach einem eigenen Projekt.
Das nötige Know-how hat sich die Ellingerin komplett selbst beigebracht. „Plötzlich musste ich mich mit Themen wie Webdesign, Layout und HTML-Codierung befassen“, erzählt die 26-Jährige. „Oder mit Fotografie und Videoschnitt.“

Gezwungenermaßen musste sie sich auch schon mit Markenrecht auseinandersetzen: Ein deutscher Event-Veranstalter namens „Fashion-Kitchen“ forderte Ann-Christin Weber vor etwa anderthalb Jahren dazu auf, Tausende Euro an Lizenzgebühren für die Verwendung des Namens zu zahlen. „Ein abgekartetes Spiel“, weiß die Bloggerin heute rückblickend. Sie zog dagegen vor Gericht – und bekam tatsächlich Recht. „Mein Blog wurde quasi als etabliertes Business anerkannt – das ist eine tolle Botschaft für die Blogger-Welt!“, freut sich Ann-Christin.

Kleines Business mit „Taschengeld“

Als kleines Business kann die 26-Jährige ihre Seite tatsächlich schon bezeichnen. Mit zunehmender Leserzahl und Professionalität kamen auch immer mehr Unternehmen auf Ann-Christin zu und boten ihr Kooperationen an. Ein bisschen „Taschengeld“, wie sie es nennt, kommt dabei auch rum.

Angesichts ihres zeitlichen Einsatzes sieht die Bloggerin das aber auch gerechtfertigt. „Man geht ja schließlich auch nicht für umsonst auf die Arbeit!“ Der Erfolg des Blogs hat schließlich auch die anfänglich skeptischen Eltern überzeugt. „Mittlerweile sind sie stolz auf mich – schließlich werde ich ja beispielsweise auch auf zahlreiche Events wie die Berliner Fashion Week eingeladen und war mit meinem Hausbau bei Galileo im Fernsehen“, sagt die Ellingerin. „Sie haben mich dann auch während meines Markenrechtsstreits dazu ermutigt, nicht aufzugeben – weil ich in manchem Moment tatsächlich mit dem Gedanken gespielt habe, alles hinzuwerfen.“

Für die 26-Jährige wäre das ein großer Verlust gewesen. „Mein Blog gehört mittlerweile zu meinem Leben“, gesteht sie. Zahlreiche Freundschaften hat sie über ihre Seite schon geknüpft, sowohl mit Lesern als auch mit anderen Bloggerinnen. Aus der Umgebung von Weißenburg kommen letztere aber nicht – hier ist Ann-Christin eher eine Exotin. In ländlichen Gegenden ist das mit dem Bloggen einfach noch nicht so angekommen, schmunzelt sie. „Wenn ich auf der Straße Fotos mache, kommen viele aus demchauen gar nicht mehr raus.  

Keine Kommentare