Geschwindigkeitskontrollen in Weißenburg

11.2.2016, 08:51 Uhr
Geschwindigkeitskontrollen in Weißenburg

© Renner

Es vergeht kaum eine Bürgersprechstunde ohne Klagen über zu schnelles Fahren vor allem in Wohnbereichen, berichtete der OB. Und auch bei den Ortsteilbesichtigungen und Stadtrundgängen zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) war zu schnelles Fahren ein Dauerthema.

In der Hauptausschusssitzung berichtete Jochen Belz, für Verkehrs­themen zuständiger Mitarbeiter der Stadtverwaltung, von „massiven Beschwerden“ aus der Äußeren Türkengasse. Die werde von Autofahrern frühmorgens bei der Fahrt ins Schulgebiet „als Rennstrecke missbraucht“. Probemessungen hätten deutliche Überschreitungen der zulässigen 30 Kilometer pro Stunde ergeben. Belz: „Zum Teil wurde mit 60 km/h gefahren.“

In der Luitpoldstraße wurde ebenfalls gemessen. Die Spitzen lagen hier Belz zufolge über 60 km/h und zwar nachts und morgens. Auch von Anwohnern der Schanzmauer, aber auch aus der Alesheimer Straße in Weimersheim sowie aus der Holzinger Hauptstraße gibt es häufig Klagen.

Die drei städtischen Geschwindigkeitsanzeigetafeln sind oft auf Wochen hinaus ausgebucht. „Leider hat sich aber herausgestellt, dass die Messtafeln nur kurzfristig eine abschreckende Wirkung“ haben, heißt es in den Sitzungsunterlagen. „Es greift nur, wenn man den Verkehrsteilnehmern an den Geldbeutel geht“, verdeutlichte Belz in der Sitzung.

Die Polizei könne nur in begrenztem Umfang Kontrollen durchführen und dies zumeist nur auf Durchgangsstraßen, ergänzte der OB. Daher schlage er vor, die Kommunale Verkehrsüberwachung auf den fließenden Verkehr auszuweiten und damit die Wach- und Schließgesellschaft Nürnberg zu beauftragen.

Die Maßnahme solle sich finanziell „selbst tragen“, sprich mit den Bußgeldern, die bei der Stadt verbleiben, soll die Wach- und Schließgesellschaft bezahlt werden. Die Stadt wolle aus der Maßnahme „keine rasanten Einnahmen“ haben, sondern „nur prüfen, ob das subjektive Empfinden der Bürger in Einklang mit der realen Verkehrssituation steht“, erläuterte der OB.

Die Polizei muss genehmigen

Die Messstellen müssen vom Polizeipräsidium Mittelfranken genehmigt werden, erläuterte Belz. Es finde vorab eine Begehung der potenziellen Orte mit Polizei sowie Wach- und Schließgesellschaft statt. Dabei werde auch kontrolliert, ob die Beschilderung passe. Kontrolliert werden darf auch auf Kreis- sowie Staatsstraßen, sagte Belz auf Nachfrage von CSU-Stadtrat Karl-Heinz Degen. Wo und wie Messungen zulässig seien, gebe außerdem die Rechtssprechung vor, informierte Schröppel. Ihm zufolge soll der Vertrag mit der Wach- und Schließgesellschaft erst einmal für ein Jahr geschlossen werden.

Als Gegner des Vorhabens zeigten sich Wolfgang Hauber von den Freien Wählern (FW) und Gerhard Naß (SPD). Er bezweifle, sagte der Sozialdemokrat, dass durch die Geschwindigkeitsüberwachung eine Besserung erreicht werde, zum einen würden über die sozialen Netzwerke heutzutage Messstellen schnell bekannt und dadurch wirkungslos. Zum anderen bringe reine Kontrolle ohne Verkehrserziehung nichts.

Als Beleg führte er eine Dissertation mit dem Titel „Kommunale Verkehrsüberwachung in Bayern“ an, die an der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg geschrieben wurde. In der heißt es, dass „auch bei der Kommunalen Verkehrsüberwachung ein Schwerpunkt auf das persönliche Gespräch mit dem ,Verkehrssünder‘ gelegt werden“ sollte. Denn die Akzeptanz verkehrsrechtlicher Ge- und Verbote entwickle sich im Wesentlichen „durch Einsicht“.

Daher sei es wichtig, von der „Anhaltebefugnis auch bei der Geschwindigkeitsüberwachung“ Gebrauch zu machen. Unverzichtbar seien „intensive Öffentlichkeitsarbeit und ein breit angelegter Dialog mit der Bürgerschaft“, heißt es in der Dissertation. Daher forderte Naß „ein Gesamtkonzept“, nur zu kontrollieren bringe nichts. Der Stadtrat: „Ein paar er­wischen wir, die ärgern sich, aber einen Sinneswandel erreichen wir so nicht.“

Wolfgang Hauber hingegen bezweifelte die Kostenneutralität. Er habe sich die Überwachungszahlen der Polizei Weißenburg geben lassen. Wenn er daraus die Bußgelder hochrechne und auf der anderen Seite berücksichtige, dass zusätzlich ein Beamter der Kommune mit vor Ort sein müsse, den es ebenfalls zu zahlen gelte, könnten die Kosten nicht gedeckt werden.

Der OB hielt dem entgegen, dass eine Kalkulation vorliege, die zeige, dass sich die Maßnahme finanziell selber trage. Jochen Belz fügte an, dass die Wach- und Schließgesellschaft ein „Komfortpaket“ anbietet, „das eine komplette Abwicklung des Verfahrens von Beginn der Ordnungswidrigkeit bis zur eventuellen Vertretung vor Gericht“ beinhalte.

Hauber, von Beruf bekanntlich Polizist, äußert auch „Bedenken, ob die Sache aus Verkehrssicherheitsgründen nötig ist“. 2015 habe es im Stadtgebiet „nur zehn Unfälle gegeben, bei denen zu hohe Geschwindigkeit die Ursache“ gewesen sei. Und wenn schon gemessen werde, sollte die Stadt da­rauf achten, dass „nicht Masse gemacht“ werde, sondern dass es „qualitativ hochwertig“ an neuralgischen Stellen geschehe. Private Anbieter seien dafür die falschen Ansprechpartner. Es dürfe den Bürgern nicht das Geld aus der Tasche gezogen werden.

Dies sieht Maximilian Hetzner nicht gegeben, denn zahlen müssten nur „Leute, die sich nicht an die Regeln halten“. Und auch wenn es nur zehn geschwindigkeitsbedingte Unfälle im vergangenen Jahr gewesen seien, ihm sei jeder Unfall einer zu viel, sagte der Grüne. Dem pflichtete Gabi Schlör (SPD) bei. Aus eigener Erfahrung als Anwohnerin der Dr.-Doerfler-Straße könne sie nur sagen: „Ein Wunder, dass noch nichts passiert ist.“

Weil vor allem die von Hauber angesprochenen finanziellen Aspekte noch komplett geklärt werden sollen, wurde die Entscheidung auf die Stadtratssitzung vertagt.

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