Gunzenhausen: Bewährungsstrafe für Betrüger?

30.5.2016, 07:13 Uhr
Gunzenhausen: Bewährungsstrafe für  Betrüger?

© Jürgen Eisenbrand

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die beiden Angeklagten im April aus der Untersuchungshaft entlassen, das Landgericht Ansbach erklärte sich nun für nicht zuständig, und die Ansbacher Staatsanwaltschaft sieht bei der ganzen Geschichte alles andere als glücklich aus. Das nächste Kapitel der juristischen Aufarbeitung findet nun in Weißenburg statt.

Echte Zweifel gab es an der Tatbeteiligung der Verdächtigen nicht. Immerhin erwischte man den 56-jährigen Rumänen im Juni vergangenen Jahres in Gunzenhausen auf frischer Tat. Er versuchte, mit 300 000 Euro in seiner Aktentasche aus der Sparkasse am Marktplatz zu spazieren.

Das Geld hatte er einem Gunzenhäuser Hotelbesitzer im Tresorraum der Bank abgenommen — unter Beteiligung eines 41-jährigen Komplizen, der nebenan in einem Café saß und auf Kommando den Gunzenhausener Geschäftsmann anrief. Die Ablenkung nutzte der 56-Jährige, um das Kuvert mit dem Geld gegen eines mit wertlosen Papierbündeln zu vertauschen.

Ziemlich genau ein Jahr nach dem Vorfall sind die beiden Männer auf freiem Fuß, und es dürfte noch Monate dauern, bis ihnen der Prozess gemacht wird. Wobei das Gericht hoffen muss, dass die Angeklagten auch erscheinen, denn sie vorführen zu lassen, könnte sich als schwierig herausstellen, falls sie in Rumänien untertauchen sollten.

Seit April sind die Männer wieder auf freiem Fuß. Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte entschieden, dass die Ansbacher Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht schnell genug vorantreibt. Es sei den Angeklagten, die bis zu einer Verurteilung als unschuldig gelten, nicht länger zuzumuten, in Haft auf ihren Prozess zu warten (wir berichteten).

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Anklage gegen die beiden zurückgezogen, um den Fall mit einem weiteren „Rip-Deal“ in Starnberg zu verbinden; nur so könne man eine Bandenstruktur nachweisen. Man habe auf diese Weise die Wartezeit der beiden Angeklagten auf ihren Prozess unnötig verlängert, befand jedoch das Gericht.

Die Staatsanwaltschaft Ansbach steckte den Rüffel ein, und steht jetzt noch unglücklicher da, denn die Jugendkammer des Landgerichts entschied nun, dass eine Bandenstruktur nicht nachweisbar sei. Immerhin sei keiner der fünf Angeklagten nachweisbar an beiden ähnlich gelagerten Fällen beteiligt gewesen. Dass die Staatsanwaltschaft also auf die Bandenkarte gesetzt hatte, brachte nicht nur die Angeklagten auf freien Fuß, es erwies sich hinterher schlichtweg auch als nicht haltbar.

In der Folge erklärte sich das Gericht in seinem Urteil für nicht zuständig im Falle Starnbergs. Auch hier wurden die Angeklagten nun auf freien Fuß gesetzt. Der Gunzenhäuser Betrugsversuch wird nun in Weißenburg vor dem Schöffengericht verhandelt. Vermutlich in ein paar Monaten — und hoffentlich mit den beiden Angeklagten.

Bewährung scheint möglich

Wobei sie nun wahrscheinlich nichts mehr allzu Schlimmes erwarten dürfte. „Eine lange Verfahrensdauer (. . .) kann sich ebenso wie eine lange Zeit zwischen Tat und Verurteilung auf die Strafhöhe mildernd auswirken“, teilte das Ansbacher Landgericht mit. Eine Bewährungsstrafe scheint inzwischen möglich, zumal die beiden bereits rund zehn Monate in Untersuchungshaft saßen. Angesichts des spektakulären Betrugsversuch scheinen die beiden damit gut bedient.

Die Tat war penibel geplant. Anlass der Geldpräsentation in der Gunzenhäuser Hauptstelle der Sparkasse war ein Kaufangebot für das Hotel des Gunzenhäusers in der Altmühlstadt. Ein Vermittler brachte Investoren ins Spiel, die eine Millionensumme boten. Die hatten offenbar viel Geld, aber wenig Zeit. Zu den Verhandlungen lud man den Geschäftsmann aus der Kleinstadt nach Paris. In ein Fünf-Sterne-Hotel, direkt an der Seine. Sehr modern, viel Design, von den Balkonen ist der Eiffelturm zum Greifen nahe. Die Rechnung zahlen die Investoren, Peanuts.

Das Geschäft wird konkret, und eines Tages meldet sich der Vermittler. Der Gunzenhäuser solle seine Liquidität beweisen, indem er 300 000 Euro in bar zeige und so belege, dass er die Provision zahlen kann. Man verabredet sich zu dem Treffen in der Sparkasse in Gunzenhausen. Der Vermittler schickt einen Vertrauten, der angeblich frisch von einer Geschäftsreise aus Singapur kommt und mit einem Mercedes S 350 vorfährt – Neupreis 80 000 Euro aufwärts.

Behörden eingeschaltet

Im Tresorraum dann der Moment, auf den die monatelangen Vorbereitungen abzielten. Der Gunzenhäuser präsentiert das Geld, erhält einen Anruf, der Komplize vertauscht die Kuverts, und ein paar Minuten später verlässt er die Bank. Nur dass im Schalterraum schon Polizeibeamte warten, denn die Sparkasse war misstrauisch geworden und hatte die Behörden informiert. Der Mann wird mit dem gestohlenen Geld im Aktenkoffer erwischt, und auch sein Komplize wird festgenommen.

Seitdem mahlen die Mühlen der Justiz – und man muss festhalten, sie tun es langsam und unter Ächzen und Stöhnen. Und vor allem ohne bisher ein Ergebnis zu produzieren.

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