"Herausragenden" Abi-Jahrgang in Weißenburg verabschiedet

27.6.2015, 07:00 Uhr

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Das zeigt sich auch an der Anzahl der Absolventen, die ihr Abitur mit 1,5 und besser abgeschlossen haben: 27 waren es in diesem Jahr, vier Schülerinnen und ein Schüler erzielten sogar die Traumnote 1,0.

Erstmals waren in diesem Jahr un­ter den knapp 50 Treuchtlinger Abi­turienten auch sieben aus der E-Klas­se. Dort werden Schüler mit einem Mittlere-Reife-Abschluss innerhalb eines Jahres auf die gymnasiale Oberstufe vorbereitet. Das freute vor allem die Leiterin der Senefelder-Schule, Gabriele Gippner. Sie würdigte die „besondere Leistung der fulminanten Seiteneinsteiger“, die das Abitur zum Teil sogar mit einer Eins vor dem Komma abschließen konnten.

Sie ermutigte die jungen Erwach­senen, in die Welt hinauszuziehen. „Aber vielleicht kommen Sie eines Tages zurück in unsere Region, mit einem Rucksack voller Erfahrungen und Qualifikationen“, sagte Gippner. „Was für eine Bereicherung wäre das!“

Kritik an der Bildungspolitik

Elternbeiratsvorsitzender Maximilian Hetzner verwies neben den hervorragenden Leistungen auch auf die elf Schüler, die nicht zur Prüfung zugelassen wurden beziehungsweise das Abitur nicht bestanden haben und die vielen, die es „gerade so geschafft“ haben.

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Dies liege zum großen Teil am achtstufigen Gymnasium und dem Pflichtabitur in Deutsch und Mathematik. „Durch das G8 gibt es kein Mittelfeld mehr“, stellte Hetzner fest. Gerade Mathematik sei ab der zehnten Jahrgangsstufe eher „speziell“. „Ein Mathematiker muss ja auch kein Abitur in Sozialkunde haben“, argumentierte der Elternvertreter.

Dass neun Schüler im Mathe-Abi null Punkte, also die Note sechs erzielten, dürfe „nicht vorkommen“. Und das einfach den Schülern anzu­lasten, wäre „zu einfach“. Hier müsse man auch „unangenehme Fragen“ an Eltern, Lehrer und die Politik stellen.

Es müsse mehr in die Bildung in­vestiert werden, forderte Hetzner und nannte Lehrermangel und Ausfälle als weitere Negativ-Beispiele der Bildungspolitik. „Sie sind unsere Ressource – an Ihrer Ausbildung zu sparen, macht keinen Sinn!“ Abschließend appellierte Hetzner an die frischgebackenen Abiturienten: „Es ist nun an Ihnen, Sie sollen es besser machen als wir. Denn Sie sind die nächsten Lehrer und Politiker.“

Auch Leah Mühlöder und Chris­topher Morczinek knüpften in ihrer Abiturrede daran an. Das Mathe-Abi sei wortwörtlich „unberechenbar“ gewesen. Da sei das Prüfungsdatum vielen passend erschienen: „8. Mai – der Tag der Kapitulation“, scherzte Mühl­öder. Weiter berichteten die Redner von „Bulimie-Lernen“, während im Unterricht kaum Zeit bliebe für aktuelle politische Debatten oder zeit­genössische Kultur.

Auch schulintern gab es Reibungspunkte. So empfahlen die Abiturienten beispielsweise, für die Oberstufe künftig Lehrkräfte mit „langjähriger und bewährter Qualität“ anstelle von Referendaren einzusetzen. Auch „Fair Play“ hätten sie manches Mal vermisst. Gleichzeitig würdigten Mühl­öder und Morczinek aber auch das Engagement vieler Lehrer. „Die haben weit mehr gemacht, als ihre Pflicht verlangt hätte.“

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Die Abiturienten ergänzten ihre Rede mit witzigen Anekdoten ihres Abschlussjahrgangs, wie etwa der Geschichte um einen stibitzten Barho­cker aus einer Ellinger Diskothek. Getreu dem diesjährigen Abimotto „Circus Abigalli“ hatten Mühlöder und Morczinek ihre Abirede an die Fernsehsendung „Circus HalliGalli“ angelehnt und performten dabei mit eben­so viel Albernheit und unterschwelliger Ernsthaftigkeit wie ihre Vorbilder. Von den Mitschülern gab es dafür stehende Ovationen.

Erst einmal „nichts tun“

Dieter Theisinger als Schulleiter des Werner-von-Siemens-Gymnasiums schloss sich der Kritik seiner Vorredner teilweise an. Gerade das viel angesprochene Mathematik-Abitur sollte „überdacht“ werden. Und die Tatsache, dass so viele Schüler nach den Prüfungen erst einmal „nichts tun“ wollen, sei dem G8 und seinen Folgen zuzuschreiben.

Einen kleinen Seitenhieb in Richtung der Schüler ließ er sich aber auch nicht nehmen. Denen fehle es manchmal an Allgemein- und Alltagswissen, und er warf die Frage auf, inwiefern dieses Wissen in der Schule vermittelt werden müsse. „Da wird oft die Forderung nach neuen Fächern aufgestellt“, sagte er. „Aber was soll dann stattdessen wegfallen?“

Anerkennende Worte fand Theisinger für sein Lehrerkollegium, das oft „weit über das übliche Maß hinaus­gehendes Engagement“ gezeigt hätte. Auch die Schüler, die sich neben der Abiturvorbereitung noch musikalisch, bei den Tutoren oder in der SMV eingebracht haben, hob der Direktor lobend hervor. Womöglich sei es nun für die Schüler einfach an der Zeit, einmal nichts zu tun, schloss Theisinger seine Rede. „Denn wer sich fallen lässt, kann das Leben genießen.“   

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