In der Weißenburger Altstadt herrscht bald Tempo 20

13.10.2018, 06:03 Uhr
In der Weißenburger Altstadt herrscht bald Tempo 20

© Robert Renner

Darauf hat sich der Bauausschuss des Stadtrats nach ausführlicher Diskussion mit großer Mehrheit verständigt. Dabei war das Meinungsbild anfänglich gar nicht so einheitlich. Zugrunde lagen zwei Anträge: einer von Anwohnern der Bach- und der Judengasse, die beklagen, dass sie "unter besonders starkem und weiterhin zunehmendem Verkehrslärm" sowie Abgasen leiden, und einer der SPD-Stadtratsfraktion. Die hatte, nicht zuletzt aufgrund der Anwohnerbeschwerden beantragt hat, "die bestehende Geschwindigkeitsregelung im Altstadtbereich von bisher 30 km/h auf 20 km/h zu reduzieren".

Tempo 20 hat es in Teilen der Altstadt schon einmal gegeben. Der
Stadtrat hatte die Regelung im Mai 2007 eingeführt. Sie hatte allerdings nur gut ein Jahr Bestand, dann wurde einheitlich wieder zum 30-km/h-Limit zurückgekehrt. Das ging aus dem umfassenden Bericht von Jochen Belz von der städtischen Straßenverkehrsbehörde im Bauausschuss hervor. Belz verwies darauf, dass in der Bach- und in der Judengasse kaum Verstöße gegen die 30-km/h-Regelung festgestellt wurden, weder von der kommunalen Verkehrsüberwachung, noch mit den städtischen Messtafeln. So ergaben Aufzeichnungen beispielsweise im Juni 2017, dass binnen einer Woche 5640 Fahrzeuge durch die Judengasse rollten, durchschnittlich als gut 800 pro Tag. Der weit überwiegende Teil der Fahrer hielt die 30 km/h ein. Der höchste gemessene Wert lag bei 39 km/h.

"Massive Probleme" in Obertor- und Luitpoldstraße

Aus der Bachgasse legte Belz Messwerte aus dem November 2017 vor, als binnen einer Woche 3179 Fahrzeuge registriert wurden. Auch hier gab es kaum Geschwindigkeitsüberschreitungen. Allerdings lag dort der Spitzenwert bei 52 km/h, aufgestellt von einem Autofahrer "an einem Sonntagnachmittag um 15.05 Uhr als wenig Verkehr war", berichtete Belz. Bis zur Stadtratssitzung am Donnerstag, 25. Oktober, werden auch noch Daten aus der Äußeren Türkengasse und der Obertorstraße vorgelegt. Angesichts der Tatsache, dass die 30-km/h-Regelung großenteils akzeptiert wird, kann der Lärmpegel ohne Austausch des Kopfsteinpflasters gegen einen anderen Straßenbelag "nur durch eine verminderte Geschwindigkeit" reduziert werden, heißt es in den Sitzungsunterlagen. In der Obertor- und in der Luitpoldstraße gibt es Belz zufolge allerdings tatsächlich "massive Probleme" wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen. Anwohner beklagten beinahe schon „illegale Autorennen“, sagte er. Außerdem gibt es häufig kein Durchkommen mehr, wenn kreuz und quer geparkt wird.

Oberbürgermeister Jürgen Schröppel schlug in der Folge vor, einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich mit Tempo 20 in der gesamten Altstadt einzuführen, die Parkplätze in der Obertorstraße wechselseitig anzulegen, sodass dort künftig Zickzack gefahren werden muss und zusätzlich – quasi als Verkehrsbremse – einen weiteren Parkplatz in der Bachgasse einzurichten.

"Nicht alle Mittel ausgeschöpft"

Der Tempo-20-Regelung wollte Klaus Drotziger zunächst nicht zustimmen. Die Beschwerden und die Verärgerung der Anwohner seien zwar "durchaus nachvollziehbar", trotzdem plädierte er dafür, zunächst den Überwachungsdruck zu erhöhen, damit die 30-km/h-Obergrenze konsequenter eingehalten wird. Der CSU-Fraktionsvorsitzende: "Es werden bisher nicht alle Mittel ausgeschöpft." Zudem schlug er vor, den "Knebberlesbuck" auf der Südseite der Altstadt stadtauswärts zu sperren, um den Durchgangsverkehr ins Schulviertel zu unterbinden.

Gerhard Naß (SPD) hielt dagegen, dass das Problem nicht der Durchgangsverkehr, sondern die Geschwindigkeit sei. Bei einem Selbstversuch mit Fahrten einmal mit 30 und einmal mit 20 km/h durch die Altstadtgassen werde man feststellen, dass man zum einen bei der langsameren Fahrt nicht wesentlich länger brauche, und zum anderen es bei der geringeren Geschwindigkeit auch im eigenen Auto deutlich leiser sei. Fakt ist schließlich, dass der Fahrzeuglärm im Wesentlichen durch die Abrollgeräusche der Reifen entsteht und nicht durch die Motoren.

Dies bestätigte Maximilian Hetzner. Der Grüne fährt ein Elektroauto, das keine Motorgeräusche entwickelt. Er schlug vor, das eine zu tun und das andere nicht zulassen, sprich sowohl die Geschwindigkeit zu reduzieren, als auch zu versuchen, den Durchgangsverkehr zu reduzieren. Gerhard Naß wollte da aber nicht mitgehen, weil er glaubt, dass durch eine Sperrung nur der Verkehr in der Altstadt verlagert wird. Für die Änderungen in der Verkehrsführung müsse ein Gesamtkonzept auf den Tisch.

"Menschen müssen sensibilisiert werden"

Drotziger entgegnete, dass er tatsächlich eine Verlagerung des Verkehrs befürwortet, allerdings nicht in der Altstadt, sondern hinaus auf die Umgehungsstraße und die Westtangente. Sein Parteifreund Bernhard Amend pflichtete dem bei. Es müsse ein Umdenken bei den Bürgern erreicht werden. Er habe selber gerne die Wege durch die Altstadt genutzt. "Wenn man aber an die Anwohner denkt, dann tut man das nicht mehr." Dem schloss sich Gerhard Naß an. Die Menschen müssten für das Thema sensibilisiert werden, meinte er.

Problematisch ist bei der Neuregelung, dass ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich zentral liegen und ein hohes Fußgängeraufkommen sowie überwiegend eine Aufenthaltsfunktion haben muss, heißt es in der Straßenverkehrsordnung. Ob dies für die gesamte Altstadt gilt, ist offen. Nach Lesart des OB trifft es auf den weit überwiegenden Teil der Straßen und Gassen zu und kann daher auf den samten Bereich innerhalb des Stadtmauerrings angewandt werden. Ob dies rechtlichen Prüfung stand halte, könne er nicht versprechen, sagte er.

Letztlich überzeugten die Argumente der Befürworter aber offensichtlich, denn gegen die Tempo-20-Regelung stimmte nur Heinz Gruber von den Freien Wählern, der diese als nicht praktikabel ansieht. Für die Parkplatzneuregelungen in der Obertorstraße und der Bachgasse votierte der gesamte Bauausschuss. Und für die Einbahnregelung stadtauswärts am "Knebberlesbuck" fand sich eine Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. Dagegen stimmten neben Gruber auch Gerhard Naß und der OB. Nochmals diskutiert wird das Thema im Stadtrat am Donnerstag, 25. Oktober.

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