Jugendliche Flüchtlinge sind in Solnhofen angekommen

28.8.2015, 16:51 Uhr
Jugendliche Flüchtlinge sind in Solnhofen angekommen

© Steiner

Bürgermeister Manfred Schneider (SPD) war überwältigt von der Anteilnahme seiner Solnhofener und betonte, dass der Abend nicht als Diskussionsveranstaltung, sondern in ers-ter Linie zur Übermittlung von Informationen gedacht sei. „Was kommt auf uns zu? Wo sind wir Solnhofener gefordert? Wie können wir den Jugendlichen bei uns eine neue Heimat bieten“, so lauteten die wesentlichen Fragen, auf die der Abend Antworten geben wolle.

Meist junge Männer

Mit Britta Liegel und Michaela Eckert vom Jugendamt und der Juris-tin Katrin Vedder vom Landratsamt standen drei kompetente Referentinnen zur Verfügung, die die verschiedensten Aspekte rund um die Unterbringung der minderjährigen Flüchtlinge beleuchteten. Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu volljährigen Flüchtlingen ist, dass es für die Jugendlichen keinen Verteilungsschlüssel gibt. Dort, wo die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) aufgegriffen werden, ist das jeweilige Jugendamt vor Ort zuständig, das die Jugendlichen in Obhut nehmen muss.

Jugendliche Flüchtlinge sind in Solnhofen angekommen

© Kühnlein

In der Regel, erklärte Vedder, handelt es sich um junge Männer, die knapp an der Grenze zur Volljährigkeit sind. Junge Frauen würden sich aufgrund der enormen Gefahren und Risiken der langen Reise nie alleine auf den Weg machen, um in sicheren Ländern Asyl zu suchen. Die Sozialpädagogin betonte, dass man eines nicht vergessen dürfe: „Das sind Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, um Hilfe zu suchen.“

Nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel müsse der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen 5,5 Prozent aller in Mittelfranken ankommenden Flüchtlinge aufnehmen – das sind 0,75 Prozent der Bayernquote. Neben Notaufnahmeeinrichtungen wie der Mackenmühle, die eine Außenstelle der Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAE) Zirndorf ist, sind auf den gesamten Landkreis Gemeinschaftsunterkünfte, dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten und als Sonderfall Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geschaffen worden.

Für die letztgenannte Gruppe greift – unabhängig von Herkunft oder Fluchtgrund – ganz automatisch der gesetzliche Anspruch, dass Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen und sie in einer kinder- und familienfreundlichen Umgebung zu erziehen sind. „Hier gibt es keine Unterschiede zwischen Flüchtlingen oder Deutschen“, betonte Liegel. Für das Landratsamt stehe der Kinderschutz immer an erster Stelle.

Aus diesem Grund werden die ankommenden Jugendlichen zu Beginn gesundheitlich untersucht, ausländerrechtlich registriert und nehmen an einem sogenannten „Clearing-Verfahren“ teil, in dem mehr über die Jugendlichen und ihre Familie in Erfahrung gebracht werden soll. In einer Sozialanamnese soll der individuelle Förderbedarf geklärt werden. „Die Facette ist hier riesengroß“, weiß Liegel aus ihrer bisherigen Erfahrung mit den unbegleiteten Jugendlichen.  „Nicht jeder hat vielleicht Solnhofen im Auge gehabt, als er sich auf seine lange Flucht gemacht hat“, betonte Liegel. Aus diesem Grund dürfe es auch nicht als Undank ausgelegt werden, wenn einige Jugendliche Solnhofen nur als Zwischenetappe betrachten und vielleicht weiterziehen, um sich auf die Suche nach Familienmitgliedern aufzumachen.

Offene Begegnung

Die Übergangseinrichtung im „Senefelder Hof“ ist insgesamt für 30 Jugendliche ausgelegt, die in Zweibettzimmern mit Dusche und WC untergebracht sind. Die Betreuung der UMF übernimmt das BRK Südfranken. Die Jugendlichen werden in speziellen Berufsschulklassen im Landkreis unterrichtet und sollen durch Ehrenamtliche und Vereine schnell im Ort integriert werden. „Wir wollen, dass Sie den Jugendlichen offen begegnen“, wünschte sich Liegel und ermunterte die Bürger, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Sozialpädagogin Michaela Eckert stellte das Einzelschicksal eines 17-jährigen Flüchtlings vor, der seine Familie in Afghanistan verlassen hat, weil diese von einer Schlepperbande bedroht und terrorisiert wurde. Nach einer langen Odyssee landete er erst bei Verwandten in der Türkei und floh dann weiter nach Griechenland und von dort mit dem Schlauchboot und anderen Jugendlichen nach Mazedonien. Über weitere Umwege landete er schließlich in München und wurde dort von der Polizei aufgegriffen. Nach einem Aufenthalt in der Bayernkaserne ist er jetzt in einer Jugendflüchtlingseinrichtung im Landkreis untergebracht.

Martin Fickert, stellvertretender Geschäftsführer des BRK Südfranken, schilderte, dass er die unbegleiteten Jugendlichen als ehrgeizige, höfliche und hochmotivierte junge Männer kennengelernt habe. In Solnhofen werden die ersten 15 Jugendlichen von vier Erzieherinnen rund um die Uhr betreut. Die Sicherheit der Flüchtlinge soll der Sicherheitsdienst Franken (SDF) gewährleisten, der auch während der Nacht mit Personal vertreten ist.

Vonseiten der Solnhofener Bevölkerung gab es interessierte Fragen, wie zum Beispiel, welche Spenden noch dringend gebraucht werden können. Fickert zufolge sind das vor allem Sportartikel wie Fahrräder, Fußbälle, oder Tischtennisschläger, altersgemäße Kleidung und Spiele. Bürgermeister Manfred Schneider dankte den Referenten für die vielen interessanten Infos und seinen Bürgern für ihr reges Interesse: „Schön, dass es Menschen gibt, die sich engagieren wollen.“

Wer sich ehrenamtlich engagieren will, sei es durch Mitarbeit oder durch Sach- und Geldspenden, kann sich rund um die Uhr an die Hotline des BRK wenden unter Tel. 01 51 / 44 24 47 90. Des Weiteren werden noch Dolmetscher gesucht für folgende Sprachen: Persisch, Urdu und Farsi. Die Dolmetscherdienste können mit einer Aufwandsentschädigung entlohnt werden.
 

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