Keine Veranstaltungen mehr in der Pappenheimer Galluskirche

1.8.2014, 07:52 Uhr
Keine Veranstaltungen mehr in der Pappenheimer Galluskirche

© Rainer Heubeck

Der Pappenheimer Stadtrat war zuletzt stets für aufgeregte Debatten gut, dass er auch Kunststücke kann, ist neu. In der jüngsten, vierstündigen Marathonsitzung (wir berichteten) gelang ihm ein solches. Das Gremium beschloss einen Antrag, den nachweislich keiner haben wollte – genau genommen nicht mal der Antragsteller selbst.

Die Totenruhe als Argument

Alex Lämmerer (Bürgerliste) brach­te das Thema Galluskirche auf die Agenda. Der Friedhofsreferent störte sich daran, dass das EBZ laut Vereinbarung mit der Stadt die Kirche bis 23.00 Uhr für Veranstaltungen nutzen kann, wenn die nicht für Aufbahrungen gebraucht werde. Lämmerer erklärte, dass er in der Galluskirche eine reine Aussegnungskirche auf dem Friedhofsinnengelände sehe und er sich an den Veranstaltungen dort störe. „Die Friedhofs- und Totenruhe sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“, stellte er fest. Er beantragte deswegen, den Vertrag mit dem EBZ zu kündigen und die Kirche im Besitz der Stadt für Veranstaltungen zu sperren.

Schon im Vorfeld der Sitzung hatten die Freien Wähler signalisiert, dass ihnen das zu weit geht. Deswegen präsentierte Lämmerer im Stadtrat einen Kompromissvorschlag. Das EBZ könne die Galluskirche in Zukunft zu den normalen Öffnungszeiten des Friedhofs nutzen: im Sommer bis 21.00 Uhr, im Winter bis 18.00 Uhr.

Damit hatte allerdings zunächst die SPD und dann die Verwaltung ein Problem. Die Sozialdemokraten wollten, dass alles beim Alten bleibt. Die Verwaltung stellte fest, dass es sich bei dem Kompromiss um einen neuen Antrag handelte. Über den könne man abstimmen, vorher müsste aber der ursprüngliche Antrag behandelt werden.

Da sich Alex Lämmerer nach einer aufgeregten Debatte mit der SPD
weigerte, diesen zurückzuziehen, musste über ihn abgestimmt werden. Mit dem Ergebnis, dass Bürgerliste, CSU und nun auch die Freien Wähler mit Ausnahme von Friedrich Hönig dem Antrag zustimmten. Damit war das Veranstaltungsverbot samt Vertragskündigung mit 9:7 beschlossene Sache. Warum CSU und Freie Wähler den Lämmerer-Antrag nicht ablehnten und den Kompromissvorschlag zur Abstimmung stellten, blieb unklar.

Noch in der Nacht keimte bei manchem Stadtrat der Gedanke, dass das nicht glücklich gelaufen war. Inzwischen bemühen sich hinter den Kulissen verschiedene Seiten um eine Lösung. Landjugendpfarrer Gerhard Schleier, der die Sitzung mitverfolgte, sprach von einem „äußerst merkwürdigen Ergebnis, um das mal vorsichtig auszudrücken“. Er zeigte sich verwundert, auf welche Art und Weise man mit einem Landjugendheim umgehe, dass 30000 Übernachtungen pro Jahr zu verzeichnen habe, einer der größten Arbeitgeber im Ort und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei.

„Ich bin jetzt aber extrem froh, dass es vernünftige Stimmen gibt“, sagte Schleier auf Anfrage unserer Zeitung. „Einige Stadträte haben festgestellt, dass man mit diesem Ergebnis nicht so recht leben kann.“ Schleier will nun das Gremium in das Bildungszentrum einladen, um dort die Arbeit im EBZ vorzustellen und einen Kompromiss in Sachen Galluskirche zu finden. Die habe man als Baustein für Gruppen im Angebot, die in der eindrucksvollen romanischen Kirche Andachten, Gottesdienste oder Konzerte abhalten.

Lämmerer poltert gegen Seuberth

„Von unserer Seite aus wollen wir kein Öl ins Feuer gießen“, sagte der Landjugendpfarrer. Er stellte aber auch fest, dass das Bildungszentrum bisher einen Teil der Verwaltung der Galluskirche übernommen habe. „Wenn da irgendein Busunternehmer wegen einer Besichtigung angefragt hat, dann ist das in der Regel über uns gelaufen“, so Schleier. „Entweder wissen das die Stadträte nicht oder sie wollen es nicht wissen.“

Dass die Galluskirche ein reine Aussegnungskirche beziehungsweise Friedhofskirche sei, ist historisch betrachtet Unsinn. Immerhin handelt es sich bei dem romanischen Bau um eine der ältesten Steinkirchen Mittelfrankens. Sie ist nicht nur ein Anziehungspunkt für Touristen, sondern war Jahrhunderte lang auch die Pfarrkirche Pappenheims. Als SPD-Stadt­rätin Christa Seuberth Lämmerer auf diesen Irrtum hinwies, polterte dieser in einer Art und Weise dagegen, die man mindestens als unhöflich bezeichnen muss und zudem eine inhaltliche Antwort schuldig blieb.

Als zweites Argument für die Kündigung des Vertrags mit dem EBZ wurde in der Sitzung der Versicherungsschutz genannt. Laut Lämmerer soll durch die Veranstaltungen in der Galluskirche die Diebstahlgefahr steigen. Seiner Kenntnis nach sei einmal vergessen worden, die Alarmanlage einzuschalten. Das wertete auch Holger Wenzel von der Bürgerliste als Argument. In der Galluskirche seien „wahnsinnige Werte“, da gelte es, die Versicherungsfrage zu bedenken. Allerdings steht die Galluskirche wie viele andere Gotteshäuser auch tagsüber offen. Wer genug kriminelle Energie und Unverfrorenheit mitbringt, um eine Kirche zu plündern, dürfte ausreichend Gelegenheit dazu finden. Und schon da dürfte es mit der Versicherung schwierig werden, weil die nur bei Einbruch greift.
 

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