Mit Bewegung der Demenz trotzen

27.5.2017, 07:00 Uhr
Mit Bewegung der Demenz trotzen

© Rainer Heubeck

Viel zu oft, so die Weißenburger Alzheimer-Gesellschaft, wird die Krankheit negiert oder ausgeblendet. Dabei können schon kleine und einfache Dinge den Alltag für Betroffene und Angehörige erleichtern und der Verlauf der Krankheit hinausgezögert werden – etwa durch Bewegungs- und Koordinationsübungen. Solche bietet ab dem 4. Juli die Eintracht Kattenhochstatt zusammen mit der Alzheimer-Gesellschaft jeden Dienstag um 15.00 Uhr für Gesunde, Betroffene un deren Angehörige an.
„Für mich geht ein Herzenstraum in Erfüllung“, freut sich Andreas Kübler.

Der 2. Vorsitzende der Alzheimer-Gesellschaft wollte über seinen Verein schon länger Angebote für Demenzbetroffene vor Ort schaffen. Denn diese gibt es mit meist nur in größeren Städten wie in Nürnberg oder Fürth. „Dort sind die Resourcen vorhanden, bei uns nicht.“ Im Weißenburger Land gibt es jedoch etliche Vereine, die schon Angebote für Senioren aufgebaut haben – wie etwa die Eintracht Kattenhochstatt mit ihrem geselligen Seniorentreff. Über den Benefizlauf der Eintracht, dessen Erlös seit etlichen Jahren der Alzheimer-Gesellschaft zu­gutekommt, war der Kontakt vorhanden.

Es sollte aber weder eine reine Übungsstunde für ältere Sportler noch ein bloßer geselliger Treff werden. „Wir wollten ein spezielles Bewegungsangebot für Demenzbetroffene schaffen“, beschreibt Kübler, der da­mit bei der Eintracht auf offene Ohren stieß. Der Verein hat zwar einen Seniorentreff, aber noch kein Angebot für Menschen über 60, die sich bewe­gen und fit bleiben möchten.

Denn: Bewegung und Fitness beugen nach neuesten Forschungen nicht nur Herz- und Kreislauferkrankungen vor, sondern lassen Menschen seltener an Alzheimer erkranken, zitiert Oliver Riedel entsprechende Studien. Dem Pflegedirektor des Klinikums Fürth und Vorsitzenden der Alzheimer-Gesellschaft zufolge spielen eine gesunde Ernährung, geistige Fitness und so­ziale Kontakte ebenfalls wichtige Rollen in der Prävention gegen die Demenzerkrankungen. Eine der wich­tigsten Erkenntnisse der Demenzforschung ist, dass die Krankheit bei körperlicher und geistiger Betätigung langsamer fortschreitet. Bewegung in geselliger Runde beugt demzufolge nicht nur vor, sondern verzögert auch den Verlauf der Erkrankung – und ist damit für Gesunde wie Betroffene gleichermaßen wichtig.

Der Projekttitel „Sport und Bewegung trotz(t) Demenz!“ soll dies auch deutlich machen. Ins Leben gerufen wurde die bundesweite Aktion von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, die auch die Kattenhochstatter Bewegungsstunde unterstützt – etwa in Form eines viertägigen Fortbildungskurses, den Übungsleiter Manfred Gempel absolviert hat. Er wird zusammen mit den Pflege-Fachkräften Chris­tine Löffler und Dorothea Bauer die Übungsstunden leiten. „Dabei werden wir speziell auf die Fähig­keiten der Teilnehmer eingehen“, so Christine Löffler. Die Übungsstunde ist unverbindlich und offen, die Zielgruppe sind „Menschen Ü60“, so Kübler.

Emotionale Entlastung

Willkommen sind aber auch die Angehörigen von Demenzpatienten. Sie können mit oder ohne den jeweiligen Patienten die Bewegungsstunde besuchen und etwas mitnehmen – etwa wie mit einfachen Übungen die Koordinationsfähigkeiten erhalten oder verbessert werden können. „Wichtig ist für die Angehörigen oft auch der Austausch untereinander“, weiß Pflegedienstleiterin Ursula Amler von der Zentralen Diakoniestation in Weißenburg. Mit der Teilnahme an der Bewegungsstunde „werden die Angehörigen zwar nicht zeitlich, aber doch emotional entlastet“, betonen die Initiatoren unisono. Und sie können so manchen fachlichen Tipp für den Umgang mit dem erkrankten Angehörigen mit nach Hause nehmen.
„Wir wollen mit dem neuen Angebot ein möglichst breites Spektrum von Menschen ansprechen“, beschreibt Andreas Kübler den Ansatz.

Die Übungsstunde für Gesunde wie Betroffene (die dann auch in unterschiedlichen Gruppen aktiv sein können) soll über Prävention und Krankheitsbegleitung hinaus auch das Verständnis in der Gesellschaft für die Demenz fördern und andere Vereine anregen, derartige Angebote für ihre älteren Mitglieder zu schaffen.

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