Neuer Star im Solnhofener Museum

17.11.2014, 13:00 Uhr
Neuer Star im Solnhofener Museum

© Leykamm

Über dieses Federkleid lässt der elfte Archäopteryx mehr Rückschlüsse zu als jedes bis dato gefundene Exemplar, wie der staatliche Konservator Oliver Rauhut bei seinem Vortrag zur Eröffnung der Veranstaltung erklärte. Denn das Gefieder ist besser erhalten als bei den anderen zehn. Und es beweist laut des Experten eindeutig: Der Urvogel war „von Kopf bis Fuß befiedert“.

An den Hinterbeinen zierte ihn nämlich eine Art Federhose, die wohl als Bissschutz und Luftbremse gedient haben mag, wie der Wissenschaftler vermutete. Auch die Schwanzfeder des Urvogels ist vollständig erhalten und lässt eine Gabelung erkennen. Damit könne man das Tier auch „die Schwalbe der Jurazeit“ nennen, verpasste ihm Rauhut einen Spitznamen.

In der Tat erhärte der Fund die Ähnlichkeit des Archäopteryx zu heutigen Vögeln, mit denen er etwa die Konturfedern gemeinsam hat, wie man dank des elften Exemplars nun bestätigten kann. Allerdings gab es in jüngster Zeit dank moderner Methoden auch detaillierte Untersuchungen der Knochenstruktur des Urvogels. Und die wiederum weise große Parallelen zu der von Reptilien auf, erläuterte Rauhut. Das Wachstum der Knochen sei viel langsamer vonstattengegangen als bisher gedacht.

Mitgewirkt an jenen Untersuchungen hat auch Professor Mark Norell aus New York, Leiter der Paläontologie-Abteilung des National History Museum of America. Und dieser Experte von höchstem Weltrang ließ es sich nicht nehmen, höchstpersönlich zur Museumsnacht nach Solnhofen zu kommen. Auch der Direktor der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie, Professor Gert Wörheide, feierte seinen persönlichen Einstand in der Einrichtung, wie er bekannte.

Dass sich auch in allerjüngster Zeit Merkmale des Urvogels zu erkennen geben, die sowohl seine Zugehörigkeit zu den Vögeln wie zu den Sauriern untermauern wollen, reiht sich in eine lange Tradition ein. Denn die erste Feder (und hier schließt sich der Kreis zur jetzigen Ausstellung) wurde bereits in den 1860er-Jahren im Raum Solnhofen gefunden – wenige Jahre, nachdem Darwin mit seinem Werk „Über die Entstehung der Arten“ und der dazugehörigen Evolutionstheorie die Fachwelt von damals durcheinan­derwirbelte.

Einen Bärendienst erwiesen

Sofort wurde der Ruf nach Übergangsformen laut. Gäbe es keine solchen, könne das seine Theorie ins Wanken bringen, hatte Darwin selbst eingeräumt. Mit dem Urvogel schien aber deren Kronzeuge gefunden. Es waren, so erläuterte es Rauhut, denn auch just zwei Gegner der damals neuen Evolutionstheorie, die sich am Archäopteryx zu schaffen machten und ihn als Übergangsform loshaben wollten. Doch sie erwiesen der eigenen Sache einen Bärendienst.

Der eine nämlich erklärte ihn zum Vogel, der andere zur Eidechse. Und genau damit lag die Vermutung nahe, dass es sich beim Urvogel „um etwas dazwischen“ handeln müsse – also eine von Darwin geforderte Übergangsform. Bis heute gelte das Tier als „Urmeter der Vogelevolution“. Und er inspiriert auch heutige Zeitgenossen mit Faible für Flugtechnik. So hat sich ein Schweizer etwa ein Archäopteryx-Flugzeug gebastelt, Ausschnitte aus einem entsprechenden Video führte Solnhofens Bürgermeister Manfred Schneider zur Begrüßung vor.

Auch die wissenschaftliche Bedeutung des Urvogels und damit ebenso des paläontologischen Solnhofens werde immer weiter untermauert, betonte dazu Museumsleiter Martin Röper. Dass der Urvogel von seinem eigentlichen Domizil in Frankreich an die Altmühl flattern konnte, ist indes der Firma Alfmeier zu verdanken, die als Sponsor die nötige Versicherungssumme für die Dauer der Ausstellung beisteuerte, wodurch sich Vorstandsvorsitzender Andreas Gebhardt mit dem Titel „Pate des elften Urvogels“ schmücken dürfe.

Der Leihgabe ist es zudem zu verdanken, dass das Bürgermeister-Müller-Museum seine Pforten während des Winters noch bis zum 6. Januar
geöffnet hält. Zu sehen ist dann neben dem außergewöhnlichen Fundstück auch ein Hologramm des Tieres. Dabei „wandern die Knochen aus dem Stein heraus“, schilderte Schneider, das Skelett formt sich, und es lässt sich alsbald der Archäopteryx im Federkleid sehr lebensnah bewundern.

Ein interaktives Modell gibt es ebenso zu bestaunen, wie auch einen einzigartigen Flugraubsaurier. Damit erweise sich Solnhofen wieder einmal als „Hotspot internationaler Paläontologie“, meinte Schneider. Aber das ist noch nicht alles. Gezeigt werden im ersten Geschoss in einer Lithografie-Ausstellung zudem Werke von Hans-Joachim Zeidler und anderen Künstlern, die Drucke sind auch zu erwerben.

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