Obdachlos in Altmühlfranken

28.12.2017, 06:00 Uhr
Obdachlos in Altmühlfranken

© Henning Hraban Ramm/pixelio.de

In Pappenheim ist man voll. Sieben Plätze für Obdachlose hat die Stadt, und die sind restlos belegt. „Inzwischen müssen wir Rückeinweisungen machen und da machen wir uns natürlich richtig beliebt“, erklärte Verwaltungsleiter Stefan Eberle in der Sitzung des Pappenheimer Stadtrats. Er bezog sich auf einen konkreten Fall. Ein Vermieter hatte seinen Mieter nach mehr als einem Jahr aus der Wohnung geklagt, weil der die Miete nicht zahlen konnte.

Der Mieter stand auf der Straße und die Stadt musste sich um ihn kümmern. Konnte sie aber nicht, weil sie keine Wohnungen mehr hatte. Also erließ man einen Bescheid und verpflichtete den Vermieter, seinen ehemaligen Mieter wieder aufzunehmen. Zwar zahlt nun die Stadt die Miete, der Vermieter war trotzdem alles andere als begeistert, demjenigen die Schlüssel zu übergeben, den er mithilfe der Justiz gerade erst aus der Wohnung geklagt hatte.

Einen Monat im Auto geschlafen

In einigen Fällen ist eine Rück­einweisung gar nicht möglich. Etwa, wenn eine Frau ihren Ehemann auf die Straße setzt. Einen solchen Fall hat man in Pappenheim. „Das ist ein ganz normaler Mann. Der hat einen Job und Geld, aber der findet einfach nichts“, stellte Eberle fest. Er selbst habe bei den großen Wohnungsgenossenschaften in Weißenburg angerufen und sich erkundigt. Die Antwort: Im Frühjahr könne er sich noch mal melden. Als der Mann bei der Stadt aufschlug, hatte er bereits einen Monat im Auto geschlafen, bis es ihm zu kalt wurde.

„Wenn weitere Fälle kommen, müssen wir Ferienwohnungen oder Hotels anmieten“, stellte Eberle fest und verwies darauf, dass die Stadt dringenden Bedarf habe für günstige Wohnungen. Pappenheim scheint ein spezieller Fall zu sein. Hier wurden in den vergangenen Jahren billige Häuser gekauft, schnell saniert und unter anderem an Flüchtlinge vermietet, für die in der Regel zunächst das Amt zahlt. Das hat Wohnungen vom Markt genommen, die günstig waren. Das Ergebnis ist, dass zumindest in Pappenheim Wohnraum für Menschen fehlt, die es knapp in der Brieftasche haben.

Und das sind mehr, als man denkt. „Jeder, der zwei Monatsmieten im Rückstand ist, kann gekündigt werden“, sagt Claudia Riedl, die in Treuchtlingen mit einer Kollegin für dir Einweisung von Obdachlosen zuständig ist. „Das kann viele treffen. Das sind auch ganz normale Menschen, die fristlos gekündigt werden und dann einfach kein Geld mehr haben.“ Der Möbelpacker steht im Zweifelsfall schnell vor der Tür. Auch alleinerziehende Mütter haben ein hohes Armutsrisiko und sind in der Region immer mal wieder von Räumungen betroffen.

Natürlich seien auch viele Menschen dabei, die Probleme haben, soziale Probleme, Suchterkrankungen, psychische Einschränkungen. „Das gehört aber zur Gesellschaft dazu, und diese Menschen müssen ja auch ir­gendwo wohnen“, ist Riedl überzeugt. Und da gibt es zunehmend Probleme. Die Treuchtlinger Sachbearbeiterin sieht einen dringenden Bedarf für sozialen Wohnungsbau.

In Weißenburg kennt man das Problem auch. Die Stadt tut sich aber etwas leichter, weil 180 Wohnungen in ihrem Besitz sind und es dadurch immer wieder auch freie Kapazitäten gibt. Mitunter werden auch Stadtmauertürme als Unterkünfte genutzt. Die Obdachlosen müssen im Übrigen ganz normal Miete zahlen, zumindest soweit sie dazu wirtschaftlich in der Lage sind. Andernfalls holt man sich das Geld bei den Sozialbehörden.

Keine Chance auf dem freien Markt

Aber es gibt Menschen, die auf dem freien Wohnungsmarkt einfach keine Wohnung bekommen, weiß Riedl. Derzeit können sich die Vermieter ihre Mieter aussuchen und damit bleiben die auf der Strecke, die nicht ganz so zuverlässig sind, die vielleicht kein sicheres Einkommen haben, bei denen auch ein paar andere Dinge nicht so laufen, wie das in einer idealen Welt der Fall wäre.

In Weißenburg gibt es Menschen, die seit Jahren aus Gründen der drohenden Obdachlosigkeit in städtische Wohnungen eingewiesen wurden, weiß Rechtsdirektor Heiko Stefke von der Stadt Weißenburg. 31 Haushalte mit 52 Personen sind in Weißenburg derzeit aus Gründen der Obdachlosigkeit untergebracht. Eine Zahl, die sich in Weißenburg nicht groß verändert hat.

Anders als in Pappenheim, wo man die Zunahme stärker merkt. „Das geht durch alle Schichten“, sagt der Pappenheimer Verwaltungsleiter Eberle. Die Kommunen bekommen vom Gericht mitgeteilt, wann Zwangsräumungen anstehen, damit sie sich schon mit einigen Wochen Vorlauf um eine mögliche Unterbringung kümmern können. „Schwierig ist es, wenn die auf einmal auf der Matte stehen“, weiß Claudia Riedl aus Treuchtlingen. Wie etwa im Fall des aus der Wohnung geworfenen Pappenheimers. Immer wieder kommen auch Menschen, die aus dem Gefängnis oder psychiatrischen Einrichtungen entlassen werden. Oft ist die Wohnung weg, alte Freunde nicht die richtige Anlaufstelle, und eine neue Wohnung findet man mit der Adresse „Justizvollzuganstalt“ auch nicht so leicht.

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