Pleinfeld: Widerstand gegen Stromtrasse

27.1.2015, 08:40 Uhr
Pleinfeld: Widerstand gegen Stromtrasse

© Amprion

Die ganz große Angst vor der Stromtrasse gibt es in Altmühlfranken noch nicht. Nur rund 30 Besucher interessierten sich für die Ausführungen, die sachlich den Stand der Dinge zusam­menfassten. Dabei wären die Auswirkungen enorm. Die Strommasten sollen 75 Meter hoch werden – zehn Me­ter höher als die Andreaskirche in Weißenburg. „Das hat mich betroffen gemacht“, sagte FW-Kreisvorsitzender Wolfgang Hauber in seiner Begrüßung. Alle 300 Meter müsste so ein Stahlmonster stehen. Das Fundament für einen dieser Masten wird 40 mal 40 Meter groß.

Reinhard Schechinger aus Obermichelbach im Landkreis Fürth hat in einer knappen Stunde die wichtigsten Fakten dargestellt, weshalb aus seiner Sicht die Stromtrasse nicht nur überflüssig, sondern sogar schädlich für die Energiewende ist. Letztere hält er selbst für richtig. Öl, Kohle und Gas sind Rohstoffe mit begrenzter Kapazität, die noch dazu die Umwelt belas­ten. Auch die Vorräte an Uran gehen irgendwann zur Neige, und für die strahlenden Überbleibsel der Atomstromgewinnung gibt es keine Lösung.

Rendite: 9,05 Prozent

Bauen und betreiben würde die Süd-Ost-Stromtrasse die Firma Amprion. Schechinger zitierte das Online-Nachschlagewerk Wikipedia, dem­zufolge Commerzbank, Münchener Rück, Ergo, Swiss Life, Talanx, RWE und ärztliche Versorgungswerke an dem Netzbetreiber beteiligt sind. Die Bundesnetzagentur sichere den Inves­toren eine satte Rendite von 9,05 Prozent zu.

Für Schechinger erschließt sich die Notwendigkeit der neuen Stromtrasse nicht. Der Anteil dezentral erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien wächst weiter – und zwar nicht nur in Offshore-Anlagen vor der norddeutschen Küste. Jahrelang hat Deutschland gigantische Mengen Strom exportiert, bei hohem Windaufkommen müssen Windräder oft abgeschaltet werden, weil die Netze den Strom nicht aufnehmen können. Aus seiner Sicht wäre es deshalb sinnvoller, vorhandene Stromleitungen zu optimieren und Lösungen für das Speichern des Stroms zu suchen. Verfahren hierfür gibt es mehrere – beispielsweise „Power to Gas“. Sie müssen allerdings noch alltagstauglich gemacht werden. Das Geld hierfür wäre aber sinnvoller angelegt als für die eine Milliarde Euro teure Stromtrasse.

Letztendlich hätten die Offshore-Windkraftanlagen im Norden gerade einmal eine Kapazität von gut 1 GW, aber es seien im Raum Lauchstädt/
Magdeburg Braunkohlekraftwerke entstanden, die es auf mehr als 10 GW bringen. Für weitere Neubauten exis­tieren Planungen. Dagegen sei der Anteil an Windstrom, der mit der Trasse transportiert würde, vernachlässigbar. Aber genau damit argumentierten Bundesnetzagentur und Amprion bislang stets. Für den Referenten ist deshalb klar: „Mit dieser Trasse kultivieren wir den Strom aus Braunkohle.“

Mehr Gewinn?

Die Preise an der Leipziger Strombörse sinken seit Jahren. Der Strom für den Endverbraucher wird aber im­mer teurer. Erklärt wird das mit den steigenden Ausgaben für das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Schechinger hat sich die Strompreisanalyse des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft besorgt. Und siehe da: Den größten Posten in der Kalkulation macht „Erzeugung, Transport, Vertrieb“ aus. Und dieser Wert bleibt
– trotz der sinkenden Strommarktpreise – seit Jahren konstant. Für den Referenten ist klar, dass hier einfach der Gewinnanteil in die Höhe geschraubt wird.

Was die gesundheitlichen Aspekte der Stromtrasse angeht, berichtete Schechinger, dass elektrische Felder mit mehr als 2,5 kV/m Einfluss auf Herzschrittmacher haben. 5 kV/m gelten als Grenzwert. Die Leitungen der Süd-Ost-Trasse hängen zwischen den Masten durch – am tiefsten Punkt auf 31 Meter. Dort ergäben sich bei Wechselstrom 16 kV/m. Und die Süd-Ost-Trasse soll mit Gleichstromtechnik laufen – die elektrischen Felder sind
in dieser Technik größer.

Reinhard Schechinger schilderte ein Experiment, das er unter einer bestehenden Stromleitung durchführte. Mit einer alten Leuchtstoffröhre näherte
er sich der Trasse: Je näher er kam, desto heller leuchtete die Röhre. „Da braucht mir keiner erzählen, dass da nichts ist, was in der Natur nicht auch vorhanden ist.“ Bei der Süd-Ost-Tras­se würde dieser Effekt noch stärker auftreten.

„Wir brauchen sie nicht“

Dr. Peter Bauer, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler aus Sachsen bei Ansbach, stimmte ihm unbedingt zu. Die FW hätten nicht umsonst im Landtag eine Anhörung zur Gefährlichkeit elektromagnetischer Felder in die Wege geleitet. Er warb für eine Energieversorgung, die „sauber, sicher, günstig und regional“ sei. Dies sei mit den Erneuerbaren zu schaffen, wenn man „mit der Energiewende kein Schindluder treibt“.

Sowohl Reinhard Schechinger als auch Dorothea Deindörfer, die im Landkreis Ansbach den Widerstand gegen die Stromtrasse maßgeblich organisiert, machten deutlich, dass es nicht um den Verlauf der Trasse gehe. Es gelte gegen den Bau generell zu verhindern. „Wir brauchen sie schlichtweg nicht.“ Deshalb sei auch der Bau als Erdleitung keine echte Alternative. Dann fiele zwar die Gesundheitsgefährdung weg, aber trotzdem fördere die Trasse eher den Braunkohlestrom und verbrauche unnötig viel Landschaft.

Um zu kompensieren, was bei Abschaltung der noch vorhandenen bayerischen Atomkraftwerke an Kapazitäten fehlt, könnte Österreich einen Teil aus Wasserkraft liefern, erklärte Schechinger. Außerdem gibt es noch immer nicht unerhebliche Mengen an Einsparpotenzialen – weniger in den Privathaushalten als vielmehr in der Industrie.

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