Reformation für Leib und Seele

31.1.2017, 16:00 Uhr
Reformation für Leib und Seele

© Steiner

Das Motto in Verbindung mit der Zeichnung, die auf dem Programm abgedruckt war, wollte andeuten, dass Frauen verschiedenen Zwängen ausgesetzt sind, erklärte Pfarrerin Myriam Krug-Lettenmeier in ihrer Begrüßung. Oftmals müssten sie einen Spagat machen, um Wünsche und Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Gleichwohl gibt es jede Menge an starken Frauen in der Geschichte, die Wegbereiterinnen und Vorreiterinnen waren, wie zum Beispiel Dr. Dr. Bertha Kipfmüller, von der Dekan Wolfgang Popp noch heute begeistert ist, wie er in seinem Grußwort bekannte.

Keine Reformation ohne Frauen

Die Pappenheimerin, die 1861 geboren wurde, kämpfte für Gleichberechtigung und lebenslanges Lernen und war die erste promovierte Frau in Bayern, die vielen Frauen den Weg in die Universitäten geebnet hat: „Wir verdanken ihr viel, auch wir Männer“, schloss Popp, der den Damen in der gut gefüllten Turnhalle des Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrums (EBZ) einen „starken und gesegneten Tag“ wünschte.

Dass im Alltag vieler Damen offenbar Schuhe unterschiedlichster Art und andere Klischees dominieren, spielten die Clown-Pantomimen Kathrin Federschmidt und Ursula Mottl mit eindrucksvoller Mimik nach und verbreiteten für Nadja Bennewitz’ Vortrag eine gute Grundstimmung. Die „Historikerin aus Leidenschaft“ (Krug-Lettenmeier), die an der Uni Erlangen Didaktik der Geschichte lehrt, hat sich intensiv mit der Frauen- und Geschlechtergeschichte der Region befasst und weiß, dass es ohne Frauen auch keine Reformation gegeben hätte.

Denn Frauen trugen Luthers Bewegung mit. Sie drängten genauso zum Abendmahl in zweierlei Gestalt, eilten zu den Reformationsgottesdiensten, störten bewusst katholische Gottesdienste oder heirateten evangelische Pfarrer. „Sie haben die Reformationsbewegung vorangebracht“, ist Bennewitz überzeugt, deren Referat in ei­nigen Teilen für das bunt gemischte Publikum vielleicht teilweise zu akademisch geraten war.

Eine Botschaft dürfte aber dennoch bei allen Besucherinnen des Deka­natsfrauentages angekommen sein: Hätten die Frauen die reformatorische Bewegung boykottiert, dann wäre das ihr Ende gewesen. So aber trugen Frauen dazu bei, dass der reformatorische Gedanke des allgemeinen Priestertums auch das Selbstbewusstsein und die Emanzipation der Frauen stärkte. War es vor der Reformation die jungfräuliche Nonne, die als Idealbild der Frau galt, so war es nach der Reformation die verheiratete Frau, die dem Mann Nachkommen schenkte, wie das Luther zufolge schöpfungstheologisch vorgesehen war. Bennewitz streifte neben Luther und seiner Frau Katharina auch die erfolgreiche Publizistin Argula von Grumbach, die noch heute als eine der erfolgreichsten Publizistinnen der Reformation gilt. Oder Caritas Pirckheimer, eine Reformatorin in Nürnberg, die sich mit Melanchthon auseinandersetzte und mehr Selbstbestimmung der in evangelischen Klöstern lebenden Nonnen forderte.

Nonnen hatten viel zu verlieren

Die Klosterfrauen hatten viel zu verlieren. Wenn sie das schützende Kloster verließen, war es vor allem wegen der nicht gesicherten Versorgung ein Wagnis und der Austritt aus dem Kloster bedeutete einen Gelübdebruch. Nonnen, die heirateten, wurden als „Mönchs- oder Pfaffenhuren“ tituliert, Luthers Frau Katharina wurde zum Prototyp der Mönchshure stigmatisiert. Luther hingegen setzte sich für Gleichberechtigung und Treue als Werte einer Partnerschaft ein, die
meisten Frauen konnten ihren Status durch die Reformation aufwerten, bi­lanzierte Bennewitz unterm Strich.

Gestärkt durch diese selbstbewusste Botschaft konnten sich die Teilneh­merinnen des Dekanatsfrauentages in den verschiedensten Workshops ausprobieren, die von Singen und Tanzen bis hin zu Atemübungen oder einer Hydrotherapie reichten. Nach dem Mittagessen wurde ein gemeinsamer festlicher Gottesdienst mit Abendmahl und Einzelsegnung gefeiert.

Begleitend zum Dekanatsfrauentag ist noch im EBZ Pappenheim die Wanderausstellung „Vom Dunkel ins Licht – Frauen der Reformation im süddeutschen Raum“ zu sehen. Bei Voranmeldung im EBZ können auch Führungen mit der Dekanatsfrauenbeauftragten Brigitte Reinard gebucht werden.

 

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