Regent sucht schon wieder einen Investor

29.7.2016, 14:00 Uhr
Regent sucht schon wieder einen Investor

© Jan Stephan

Die Lage ist ernst, und Hartmut Krüger, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei der Nürnberger Kanzlei Schmitt, macht keinen Hehl daraus: „Die Voraussetzungen sind schlechter als bei der ersten Insolvenz“, stellt er auf Anfrage unserer Zeitung fest. Zweimal zahlungsunfähig in knapp eineinhalb Jahren erhöht nicht das Vertrauen von Lieferanten, Kunden, Banken und Investoren in die Manufaktur in der Augsburger Straße. Und dass die deutsche Textilindustrie sich in den vergangenen Jahrzehnten einen Wettlauf bei der Verlagerung von Produktionsstätten geliefert hat, sorgt kaum für mehr Optimismus.

Nach dieser nüchternen Bestandsaufnahme kommt Krüger zum erfreulicheren Teil der Analyse. „Das Unternehmen hatte ein Phase des Wachstums. Die schwarze Null war nicht mehr weit entfernt, aber am Ende reichten die finanziellen Mittel nicht. Der Betrieb hätte bei der Übernahme besser ausgestattet sein müssen, aber hinterher ist man immer schlauer“, so der Nürnberger Anwalt.

Das Aus kam aus dem Nichts

Die Nachricht von der Insolvenz traf am vergangenen Donnerstag viele wie aus dem Nichts. Dr. Peter Krampf, der im April 2015 das Unternehmen aus der Insolvenz übernommen hatte, brachte neuen Wind in den Betrieb.  Ein positiver Artikel in den großen Zeitungen und Fachmagazinen der Republik jagte den anderen. „Regents Retter“ oder „Tapferes Schneiderlein“ wurde da getitelt. Und auch in Zahlen ließ sich der Aufschwung greifen. „Mittlerweile ist die aktuelle Kollektion wieder in 21 Städten in Deutschland und Österreich erhältlich, zudem in Rotterdam/Niederlande, jeweils bei ausgewählten Herrenausstattern“, heißt es in einer Pressemitteilung zur Insolvenz.

Für den Insolvenzverwalter geht es nun zunächst darum, den laufenden Betrieb zu managen. Die Arbeit läuft normal weiter. Die Löhne der 50 Mitarbeiter werden wohl über eine Vor­finanzierung des Insolvenzgeldes abgedeckt, heißt es in der Pressemitteilung. Der Zeitdruck ist allerdings bereits jetzt hoch. Zum 1. September läuft die Lohnfinanzierung aus, und es braucht bis dahin eine Lösung.

Drei Optionen stehen im Raum. 1. Ein Weiterbetrieb des Geschäfts unter Aufsicht des Insolvenzverwalters, um in Ruhe nach einem Investor zu suchen. Dazu bräuchte es die Zustimmung der Gläubiger und damit wohl auch eine schwarze Null. Die Gläubiger werden kaum zusehen, wie zu ihren Außenständen neue Schulden hinzukommen 2. Die Übernahme aus der vorläufigen Insolvenz durch einen Investor. In diesem Fall müsste Krüger schnell einen Interessenten finden und die Verhandlung sich als unproblematisch herausstellen. 3. Die Abwicklung des Unternehmens. Sollte sich kein Übernahmeinteressent finden und die Gläubiger stimmen einem Weiterbetrieb nicht zu, würde die Firma auf­gelöst. Immobilie, Maschinen und Lagerbestände würden zu Geld gemacht.

Alle Beteiligten hoffen, dass das Ende eines der letzten verbliebenen Traditionsmarken der deutschen Textilindustrie nochmals vermieden werden kann. Dazu brauche es zunächst das Vertrauen der Kunden, heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens. „Wenn alle sagen: ,Schauen wir mal, was passiert‘ und nichts bestellen, dann brauchen wir nicht mehr schauen, dann wissen wir, was passiert“, erklärt Krüger. Sein Ziel ist es, innerhalb weniger Wochen den Betrieb in der Insolvenz zu sanieren und ihm so Zeit für eine geordnete Suche nach einem Investor zu verschaffen.

Den werde man entweder in der Textilbranche finden oder aber in der Region selbst, glaubt Krüger. „Für einen Finanzinvestor sind die Zahlen zu dünn. Der will mehr als nur eine schwarze Null.“ Der hervorragende Name, den Regent als Edelschneider in der Champions League der Herrenausstatter nach wie vor genießt, und die spezialisierten Kenntnisse der Mitarbeiter seien das Kapital des Unternehmens. „Wenn jemand aus der Region diese Tradition am Leben erhalten will, wäre das natürlich optimal“, so Krüger.

Einiges anzuschieben

Der Betrag, der für den Kauf des Unternehmens aufgerufen wird, sprengt die finanziellen Grenzen lo­kaler Investoren eher nicht. Allerdings bräuchte es für Regent auch eine finanzielle Grundausstattung, um einige Dinge anzuschieben, glaubt der Insolvenzverwalter. Dazu gehört unter anderem die Vermarktung im Ausland. Nur so könnte man dauerhaft auch wieder richtig schwarze Zahlen schreiben und damit das nächste Kapitel in der Geschichte eines Traditionunternehmens mit großer Geschichte schreiben.

70 Jahre Regent-Historie

Regent ist die einzige verbliebene Manufaktur, die Anzüge bester Qualität von Hand in Deutschland herstellt. Henryk Barig und Dr. Michael Aisenstadt, zwei jüdische Flüchtlinge, die auf der Wülzburg untergebracht waren, gründeten den Betrieb 1946 in Weißenburg und führten ihn zu seinem großen Namen. Später übernahm die Quandt-Familie den Betrieb und übergab ihn um die Jahrtausendwende an den italienischen Herrenmodehesteller Tombolini. Spätes­tens hier begann eine stete Abwärtsspirale in einem schwierigen Marktumfeld.

Nachdem man Jahre am Rande der Insolvenz geschippert war, kam 2015 der endgültige Schlussstrich für Tombolini. Mit Dr. Peter Krampf fand sich ein Investor, der als gebürtiger Weißenburger die Leidenschaft und als ehemaliger McKinsey-Berater das Know-how mitbrachte. Dass nun auch er scheiterte, ist ein erneuter Rückschlag in der Firmengeschichte, der im schlimmsten Fall zu ihrem letzten Kapitel werden kann.

Regent belieferte über Jahre hinweg die Prominenz, nicht nur in Deutschland. Von Richard Gere und Roger Moore über Richard Weizsäcker, Marcel Reich-Ranicki, Rudolph Moshammer bis hin zu Franz Josef Strauß und jüngst der niederländische König Willem reicht die Liste an Kunden. Zuletzt hatte man versucht, sich an einer jüngeren Kundschaft auszurichten und unter anderem Handball-Europameister Martin Strobel mit dem Anzug auszustatten. Ende Juni lud man noch zum Fotoshooting für die Sommerkollektion 2017.

1 Kommentar