Reisen auf biblischen Spuren

17.7.2018, 08:17 Uhr
Reisen auf biblischen Spuren

© Peter Schafhauser

Geschichten aus dem Alten und dem Neuen Testament. Man durfte also neugierig sein an diesem ungewöhnlichen Leseort – dessen Fenster weit geöffnet blieb. Nicht zum Lüften, sondern um während der Lesungen für die Zuhörer ganz bewusst die besondere Bahnhofsatmosphäre mit ihren ein- und ausfahrenden Zügen einzufangen. 

War es Neugierde oder das spannende Thema? Die Durchgangshalle jedenfalls war mit rund 50 Besuchern bis auf den letzten Platz gefüllt. „Ein vorbeifahrender Zug ist wie Musik für mich“, bekannte Piephans, der in Freundeskreisen als ausgewiesener Kenner historischer Lokomotiven und Eisenbahnlinien gilt. In seinen einleitenden Worten freute er sich, dass dieses geschichtsträchtige Weißenburger Gebäude mit dem angeschlossenen Café LebensKunst wieder geöffnet ist.

Reisen auf biblischen Spuren

© Peter Schafhauser

„Ein spezieller Transitraum mit alten Fliesen, ein Durchgangsraum mit dem Hauch der Vergangenheit, ein einmaliger Warteraum“, schwärmte der Ettenstatter Theologe. Er kennt sich aus mit den klassischen „Bayerischen Würfeln“, wie die typischen Bahnhofgebäude des ausgehenden 19. Jahrhunderts auch gerne bezeichnet werden. „Was wir heute hören, ist ein Mix aus Geschichten, in denen Menschen das Bisherige verlassen, um an neue Ziele zu kommen.“

Brautwerbung

In ihrer Begrüßung wies deshalb auch Dekanin Ingrid Gottwald-Weber darauf hin, dass die Bibel voller Reise-Geschichten sei. Reisen nur selten zum Vergnügen, sondern eher aus Notwendigkeit oder Reisen aus Zwang. „Deshalb sollten wir die Eigentümlichkeit dieses Ortes bewusst aufnehmen und uns bei den Lesungen gedanklich mit auf die Reise machen.“

Die erste Lesung handelte von der Brautwerbung für Abrahams Sohn Isaak – eine Geschichte mit Happy End, in der sich die entschlossene junge Rebekka auf den langen Weg zu ihrem Bräutigam macht. In der zweiten wundersamen Erzählung ging es um die Reise des Sehers Bileam und die Wüstenwanderung der Israeliten (Numeri 22-24). Und schließlich – aus der Apostelgeschichte des Neuen Tes­taments – der ebenfalls spannende Bericht von Paulus’ gefahrvoller Schiffsreise nach Rom. Eine geradezu abenteuerliche Reise mit Schiffbruch und Entbehrlichkeiten – zum Nachlesen wiederum durchaus geeignet.

Streckenweise – um im Bild zu bleiben – musste man allerdings schon sehr feine Ohren haben, um die Vorlesungen gut zu verstehen. Ein intaktes Mikrofon hätte den Abend sicher noch mehr bereichert. Als sehr stimmig und angenehm erwiesen sich zwischen den einzelnen Erzählungen die wunderbar ausgewählten Musikstücke, die Tanja Kattinger auf einem wohlklingenden E-Piano vortrug.

„Die Bibel lehrt uns, dass wir alle im Aufbruch leben“, gab Pfarrer Piephans am Ende der eineinhalbstündigen Veranstaltung den Wartesaalgästen mit auf den Weg. Nachdenkliche Worte nicht nur zu den gegenwärtigen Flucht- und Reisebewegungen in aller Welt. Nach dem Abendsegen durch Dekanin Gottwald-Weber und der letzten feinen Schlussmelodie bekam die junge Pianistin kräftigen Applaus. Die wohltuende Veranstaltung war ein Kontrastprogramm zum wenige Hundert Meter entfernten Altstadtfest. Der nächste Bibel-Erzählabend findet am 27. September im evangelischen Gemeindehaus in Pleinfeld statt.

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