Sensoren vom Weißenburger Jura fliegen ins All

28.11.2018, 06:00 Uhr
Sensoren vom Weißenburger Jura fliegen ins All

© Spacex

Hier die Originalmeldung: Diesen Mittwoch um 19.31 Uhr (Zeitzone Berlin) startet im kalifornischen Vandenberg eine Rakete, die den deutschen Satelliten Eu:CROPIS ins All befördert. Mit an Bord ist eine Sensor-Entwicklung der beiden Studenten Thomas Maier (22, Thalmannsfeld) und Lukas Kamm (21, Nennslingen). Bei Eu:CROPIS handelt es sich um ein biologisches Forschungsprojekt, das maßgeblich von Forschern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde. Ziel ist es, einen Biofilter unter verminderter Schwerkraft zu testen, welcher – im Experiment künstlichen – Urin in Dünger umwandeln kann.

Als Indikator für den Erfolg des Experiments dient das Wachstum von Strauchtomatenpflanzen, die mit dem Wasser-Dünger-Gemisch bewässert werden. Das Experiment ist zeitlich in zwei Phasen gegliedert: Im ersten halben Jahr werden durch Rotation des Satelliten eine Mond-Schwerkraft (16 Prozent der Schwerkraft auf der Erde) simuliert und Tomaten einmal aufgezogen.

Danach wird die Drehgeschwindigkeit erhöht, damit werden marsähnliche Bedingungen nachgestellt (etwa 38 Prozent der Erdschwerkraft) und erneut Tomaten gezüchtet. „So soll un­tersucht werden, ob auf anderen
Himmelskörpern eigene biologische Lebenssysteme aufgebaut werden können, die die Abfallprodukte von Astronauten in einen Kreislauf bringen“, erklärt Lukas Kamm.

„Wir simulieren und testen letztendlich Gewächshäuser, die auf Mond oder Mars im Inneren eines Habitats stehen könnten und für eine Crew vor Ort frische Lebensmittel liefern, in­dem sie in einem geschlossenen Sys­tem Abfälle kontrolliert in Dünger umwandeln“, sagt DLR-Biologe Dr. Jens Hauslage, der die Mission wissenschaftlich leitet. „In einem Mondhabitat zum Beispiel wäre das Gewächshaus im Inneren – dort, wo auch die Astronauten sich in einer erdähnlichen Atmosphäre aufhalten“, erläuterte ein Pressetext des DLR.

Einer der Abfälle, die dort mit großer Regelmäßigkeit entstehen würde: der Urin der Astronauten. Anpassen müssten sich die Pflanzen dabei an die verminderte Schwerkraft – auf dem Mond herrscht etwa ein Sechstel der Erdanziehungskraft, auf dem Mars etwa ein Drittel.

In den kleinen Gewächshäusern auf dem Satelliten soll kontrolliert werden, ob der Boden ausreichend mit Nährlösung bewässert ist. Dafür entwickelten Thomas Maier und Lukas Kamm vor drei Jahren eigens einen Bodenfeuchtigkeitssensor. Er basiert auf der Beeinflussung eines elektrischen Feldes durch die Wasserkonzentration. Für den Einsatz auf dem Satelliten musste der Sensor zudem klein und energiesparsam werden. Der Sensor ist streifenförmig und in etwa so groß wie ein Eisstiel.
Ursprünglich war der Start für das erste Halbjahr 2017 geplant. Aufgrund von Verzögerungen beim Raumfahrt-Dienstleister SpaceX wurde der Start um über ein Jahr verschoben. Nun soll die Rakete heute Abend um 19.32 Uhr abheben.

Bei der Mission „SSO-A“ werden neben dem Eu:CROPIS-Satelliten noch 63 weitere Mikro- und Würfel­satelliten (sogenannte Cubesats) auf einen Orbit befördert. „Somit ist der Raketenstart auch für das Raumfahrtunternehmen SpaceX ein neuer Meilenstein mit dieser Anzahl an transportierten Payloads“, weiß Kamm.

Ihm zufolge ist Eu:CROPIS ist ein Mikrosatellit und misst etwas mehr als einen Kubikmeter. Cubesats sind hingegen oft nicht größer als wenige Liter. Der Raketenstart lässt sich im Internet in einem Livestream verfolgen (https://www.spacex.com/webcast).

Der Start ihres Sensors ins Weltall ist für Lukas Kamm und Thomas Maier der bisher größte Erfolg ihres Projekts. Sie erhielten für ihre Sensor-Entwicklung bereits Preise bei Jugend forscht, beim Bundes-Umweltwett­bewerb und auf der Inespo in Ams­terdam, damals noch als Schüler des Weißenburger Werner-von-Siemens-Gymnasiums (wir berichteten). Die Erfindung eines solchen Bodenfeuchtesensors war eigentlich nicht neu. Kamm und Maier haben ihn aber verbessert: Ihr Projekt liefert deutlich exaktere Werte.

Bei der Nacht der Wissenschaften an der Universität Erlangen 2015 war es ihnen gelungen, die Aufmerksamkeit eines Professors auf sich zu lenken. Und da die Technische Fakultät Erlangen in das Forschungsprojekt „Eu:CROPIS“ involviert ist, verschaff­te dieser kleine Zufall den beiden Juranern die große Chance. In der Folge mussten die beiden jungen Forscher vom Jura ihren Sensor nach den Vorstellungen der NASA optimieren, um ihn „satellitentauglich zu kriegen“.

UPDATE: Der Raketenstart wurde verschoben. Ein neuer Termin ist noch nicht festgelegt.

1 Kommentar