Silber für Degenkolb

1.10.2010, 19:09 Uhr
Silber für Degenkolb

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Vor Ort fieberte mit dem frischgebackenen Vizeweltmeister sein Vater und Förderer Frank Degenkolb mit; zu Hause in Hundsdorf (Gemeinde Ettenstatt, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) saßen Mutter Annett, Schwester Johanna sowie Oma, Opa und Patenonkel vor dem Fernseher und verfolgten das Rennen.

Als der zweite Platz und damit der bislang größte Erfolg in Johns Karriere feststand, kannte der Jubel keine Grenzen. „Wir sind alle einfach nur noch überglücklich“, stellte Annett Degenkolb gegenüber unserer Zeitung fest. Schon kurz nach der Zielankunft hatte sie telefonischen Kontakt mit ihrem Mann und ihrem Sohn am anderen Ende der Welt. Auch dort war die Freude groß, wenngleich auch ein klein wenig Enttäuschung über die verpasste Chance auf Gold hinzukam. „Ich hätte schon gerne gewonnen, bin aber auch mit Platz zwei super zu­frieden“, sagte John Degenkolb nach einem „harten Rennen“ und der Entscheidung im Sprint.

„Exzellente Vorstellung“

„Das war eine exzellente Vorstellung“, lobte Bundestrainer Patrick Moster, und auch der Vizepräsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), Udo Sprenger, war begeistert: „Degenkolb ist super gefahren und musste den Spurt eröffnen, da er sonst zugefahren worden wäre.“ Im Verband herrschte große Freude über das bisherige Abschneiden der deutschen Equipe. Degenkolbs Silber war bereits die vierte Medaille im vierten WM-Rennen für Schwarz-Rot-Gold.

Der Kurs in der Nähe von Melbourne musste von den 122 Star tern auf einer 15,9 Kilometer langen Schleife zehnmal durchfahren werden. Sieger Michael Matthews benötigte für die rund 159 Kilometer 4:01:23 Stunden, was einem Schnitt von knapp 40 km/h entspricht. Minimal später fuhr John Degenkolb über den Zielstrich, Bronze teilten sich der Zeitfahrweltmeister Taylor Phinney (USA) und der Ka­nadier Boivin.

Mit der Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft krönte John Degenkolb eine herausragende U23-Saison, in welcher er bereits die Deutsche Meis­terschaft, den Gesamtsieg bei der ­Thüringen-Rundfahrt sowie mehrere Etappensiege bei bedeutenden internationalen Rundfahrten gefeiert hat.

„Es ist einfach gigantisch“, schwärmte denn auch Klaus Winkler nach dem gestrigen WM-Erfolg. Er ist Vorsitzender des RC Germania Weißenburg, bei dem John groß geworden ist, seine ­ersten Titel eingefahren hat und bei dem der Ausnahmefahrer noch immer Mitglied ist. Nach Bronze vor zwei Jahren bei der U23-WM in Italien hat Degenkolb nun Silber geholt. „Es gibt kaum einen deutschen Radsportler, der dieses Kunststück geschafft hat“, unterstreicht Winkler und ist ­genauso wie die Familie Degenkolb „total stolz auf John“.

Der Vizeweltmeister selbst wird jetzt erst einmal ein paar Urlaubstage in Australien dranhängen, dann muss er seinen weiteren Dienst als Polizeimeister leisten, ehe er im kommenden Jahr in den Profibereich zum Team HTC Columbia wechseln wird (wir berichteten). Auch hier hat John Degenkolb wieder große Ziele. Sein Traum: einmal den Klassiker „Paris-Roubaix“ gewinnen.