SV Wettelsheim: Mit einer Nullnummer in den siebten Fußball-Himmel

6.6.2017, 08:43 Uhr
SV Wettelsheim: Mit einer Nullnummer in den siebten Fußball-Himmel

© Bastian Mühling

Tobias Grimm muss sich erst einmal hinsetzen. Gerade, als seine Wettelsheimer Kicker auf den Platz stürmen, verschnauft der Trainer auf der Ersatzbank sitzend. Die Anspannung der letzten Wochen. Alles sacken lassen. „Eigentlich hat es niemand erwartet, aber dennoch war immer ein gewisser Druck da. Auch heute hat man das gemerkt“, meint er.

Nicht einmal eine Minute dauert es, bis ihn seine Spieler mit Bier übergießen. Der Auftakt der Feierlichkeiten in Wettelsheim, die allerdings mit einem großen Wermutstropfen verbunden sind, denn kurz zuvor war die eigene Reserve in die B-Klasse abgestiegen.

Damit die „Erste“ feiern konnte, musste mindestens ein Punkt gegen Heideck her. Konkurrent Freystadt hatte vorgelegt, Wettelsheim stand unter Zugzwang, hatte aber den direkten Vergleich auf seiner Seite. Die ersten Minuten gehörten vor toller Kulisse (rund 450 Zuschauer) der Heimelf. Der SVW spielte forsch nach vorne, von Nervosität keine Spur. Insbesondere Danny Schupp zeigte seine Qualitäten als Strafraumstürmer, scheiterte aber entweder per Volley-abnahme (8. Minute) oder per Kopfball (13./18.).

SV Wettelsheim: Mit einer Nullnummer in den siebten Fußball-Himmel

© Bastian Mühling

Die Anfangsoffensive verpuffte, Wettelsheim merkte man nun die Anspannung an. Bei Heideck spürte man, dass die letzte Motivation fehlte. Nach gut einer halben Stunde köpfte Moritz Scheubeck die Kugel über das Tor von SVW-Keeper Aaron Obel (31.). Simon Hüttinger hatte auf der Gegenseite noch zwei gute Gelegenheiten, insgesamt waren die ersten 45 Minuten jedoch von Zweikämpfen im Mittelfeld geprägt.

Keine zehn Minuten waren im zweiten Durchgang gespielt, als Tobias Grimm schrie: „Wacher sein, wir pennen!“ Der Coach war nicht zufrieden, sein Team weigerte sich weiter, ein Tor zu erzielen. Wobei man sagen muss: Die „hundertprozentigen“ Torchancen waren nicht da. Hüttinger verzog aus 20 Metern knapp (49.), Antonio Enser fand in Torwart Sascha Prüßner seinen Meister (53.).

Zu Hause ungeschlagen

Hinten ließ Wettelsheim nicht viel zu, Heideck kam kaum zu Torraum-szenen. Und das lag nicht nur an der sicherstehenden SVW-Abwehr um Kapitän Hans-Christian Döbler. Auch die beiden Sechser Simon Hüttinger und Michael Berthold versperrten dem TSV den Weg zum Tor. Berthold stach durch gefühlte hundert Prozent gewonnene Kopfballduelle heraus.

Bereits zwei Minuten vor Abpfiff machte sich TSV-Coach Jürgen Prüßner auf den Weg, um den Wettelsheimern zu gratulieren. „Wenigstens sind wir in der Heimtabelle besser“, sagte er lachend im Vorbeigehen. Dennoch ist Wettelsheim das einzige Team der Kreisliga Süd, das zu Hause ungeschlagen blieb.

Als Schiedsrichter Johannes Lorenz abpfiff, gab es kein Halten mehr. Die Spieler rannten auf das Feld und warfen sich auf einen Haufen. Bevor die Wettelsheimer mit ihren Fans, „Humba“ und reichlich Bier feierten, gratulierte noch Werner Baum, Bürgermeister der Stadt Treuchtlingen, zum Aufstieg. Auch Kreisspielleiter Thomas Jäger beglückwünschte die Grün-Weißen. Mit der „Schalenübergabe“ kam ihm aber Aaron Obel zuvor: Der SVW-Keeper reckte einen Kasten „Wettelsheimer“ symbolisch in die Luft. Anschließend übergab Jäger die Urkunde und einen Spielball an Kapitän Hans-Christian Döbler. Erste Frage der Wettelsheimer Fußballer: „Schießt der Ball auch Tore?“

Nach dem Spiel war der sonst nicht gerade wortkarge Tobias Grimm fast sprachlos. „Ich bin einfach nur stolz und glücklich“, meinte der 31-Jährige. „Die Partie heute war ein Spiegelbild der Saison. Wir waren nie wirklich dominant, haben uns immer alles mit 120 Prozent Einsatz erkämpfen müssen.“

Der Fußballnachmittag in Wettelsheim zeigte aber auch, wie nah Freud’ und Leid im Fußball beieinanderliegen: Die „Zweite“ des SVW war zuvor durch ein 1:1 gegen Marienstein II in die B-Klasse abgestiegen. Auch das ist Amateurfußball: Binnen weniger Stunden steigt die eine Mannschaft in die unterste Liga ab und das andere Team des gleichen Vereins kehrt nach gut 20 Jahren wieder in die Bezirksliga zurück. 

SV Wettelsheim: Obel, Müller, Enser (89. Riehl), Patrick Fuchs, Simon Hüttinger, Döbler, Baumann (57. Timo Rößler), Schupp, Michael Berthold, Tobias Krois, Tobias Fuchs (83. Bosch).

Keine Kommentare